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BFH Urteil vom 01.02.1989 - I R 325/83 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Spenden einer Sparkasse als Einkommensverteilung i. S. des § 7 Satz 1 KStG 1968

 

Leitsatz (NV)

1. § 11 Nr. 5 Buchst. a KStG 1968 ist nicht anzuwenden, wenn eine Sparkasse Spenden zu gemeinnützigen Zwecken in der Form einer Einkommensverteilung i. S. des § 7 Satz 1 KStG 1968 leistet.

2. Eine Einkommensverteilung i. S. des § 7 Satz 1 KStG 1968 ist anzunehmen, wenn eine Sparkasse den Teil des Jahresüberschusses gemäß § 27 Abs. 5 SpkG NW gemeinnützigen Zwecken zuführt, auf dessen Auszahlung der Gewährträger zuvor verzichtete.

 

Normenkette

KStG 1968 § 6 Abs. 1 S. 2, § 7 S. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 11 Nr. 5 Buchst. a; SpkG NW § 27

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine öffentlich-rechtliche Sparkasse. Ihr Gewährträger ist die Stadt Y. Der Rat der Stadt Y beschloß jährlich über die Verwendung des Jahresüberschusses der Klägerin gemäß § 27 Abs. 2 SpkG NW. Dabei verzichtete er regelmäßig auf die Zuführung eines Betrages an die Stadt X mit der Folge, daß der Verwaltungsrat der Klägerin den weder der Sicherheitsrücklage noch den freien Rücklagen noch dem Gewährträger zugeführten Teil des Jahresüberschusses unmittelbar Dritten zu gemeinnützigen Zwecken zuführen konnte und mußte (§ 27 Abs. 4 SpkG NW). Entsprechend spendete die Klägerin in den Streitjahren 1974 bis 1976 zwischen 98 000 DM und 106 000 DM jährlich dem als gemeinnützig anerkannten Hallenbad-Förderverein e. V., dessen Zweck es war, den Bau eines städtischen Hallenbades in Y zu fördern.

Das FA sah in den Spendenzahlungen verdeckte Gewinnausschüttungen der Klägerin. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung durch das FG greift nicht durch. Dies bedarf keiner Begründung (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975, BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932 i. d. F. vom 3. Dezember 1987, BGBl I 1987, 2442, BStBl I 1987, 800).

2. Nach § 11 Nr. 5 Buchst. a KStG 1968 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1968 i. V. m. § 5 KStDV unbeschränkt steuerpflichtigen Betriebs gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts Ausgaben zur Förderung der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke (§ 25 KStDV) abzuziehen. Diese Rechtsfolge tritt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteile vom 5. Juni 1962 I 31/61 S, BFHE 75, 341, BStBl III 1962, 355; vom 3. Dezember 1963 I 121/62 U, BFHE 78, 206, BStBl III 1964, 81; vom 15. Mai 1968 I 158/63, BFHE 92, 444, BStBl II 1968, 629; vom 21. Januar 1970 I R 23/68, BFHE 98, 473, BStBl II 1970, 468; vom 19. Juni 1974 I R 94/71, BFHE 112, 494, BStBl II 1974, 586; vom 12. Oktober 1978 I R 149/75, BFHE 126, 396, BStBl II 1979, 192; vom 1. Dezember 1982 I R 101/79, BFHE 137, 171, BStBl II 1983, 150) hinter der der §§ 6 Abs. 1 Satz 2 und 7 Satz 1 KStG 1968 zurück. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung für die Zeit ab dem 1. Januar 1977 dadurch bestätigt, daß nach § 9 Nr. 3 KStG 1977 Spenden nur ,,vorbehaltlich des § 8 Abs. 3" KStG 1977 bei der Einkommensermittlung abziehbar sind. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1977 fest. Ihre Richtigkeit ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 7 Satz 1 KStG 1968. Danach ist es für den gesamten Bereich der Einkommensermittlung ohne Bedeutung, ob Vermögen verteilt wird, das als Einkommen erfaßt wurde. Die Trennung zwischen der Gesellschafts- (Körperschaft) und der Gesellschaftersphäre (Gewährträger) muß danach auch bei der Hingabe von Spenden beachtet werden.

3. Der Senat hat allerdings in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß das Verhältnis einer Sparkasse zu ihrem Gewährträger in mancher Beziehung Ähnlichkeit mit dem Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter habe und deshalb verdeckte Gewinnausschüttungen der Sparkasse an ihren Gewährträger möglich seien (vgl. BFHE 112, 494, BStBl II 1974, 586, m.w.N.). Er hat andererseits im Urteil vom 11. Februar 1987 I R 43/83 (BFHE 149, 217, BStBl II 1987, 643) die Auffassung vertreten, die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung setze die Beteiligung des Empfängers an der die Leistung gewährenden Körperschaft i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) voraus. Der Streitfall macht es nicht erforderlich, abschließend darüber zu entscheiden, ob der Senat an der zuletzt genannten Auffassung festhält. Da die verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG 1968 lediglich ein Anwendungsfall des § 7 Satz 1 KStG 1968 ist, greift die Rechtsfolge des § 11 Nr. 5 Buchst. a KStG 1968 jedenfalls dann nicht ein, wenn die Sparkasse einem Dritten Spenden zu gemeinnützigen Zwecken im Wege einer Einkommensverteilung i. S. des § 7 Satz 1 KStG 1968 zuführt. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Einkommensverteilung - ggf. auch nur teilweise - gleichzeitig als verdeckte Gewinnausschüttung darstellen sollte.

4. Eine Einkommensverteilung i. S. des § 7 Satz 1 KStG 1968 ist anzunehmen, wenn die Vertretung des Gewährträgers gemäß § 27 Abs. 4 SpkG NW auf die Zuführung des ihm nach § 27 Abs. 2 SpkG NW zustehenden Teiles des Jahresüberschusses verzichtet und deshalb der Verwaltungsrat der Sparkasse gemäß § 27 Abs. 4 und 5 SpkG NW gehalten ist, den von der Vertretung des Gewährträgers festgesetzten Teil des Jahresüberschusses Dritten gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, falls die entsprechende Verfügungskompetenz nicht auf die Vertretung des Gewährträgers zurückfallen soll (vgl. Heinevetter, Kommentar zum Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., § 27 Rdnr. 4, m.w.N.). Im Rahmen der Beschlußfassung über die Verwendung des Jahresüberschusses der Sparkasse ist der Vertretung des Gewährträgers die Kompetenz für die Entscheidung darüber zugewiesen, ob überhaupt und bejahendenfalls welcher Teil des Jahresüberschusses innerhalb bestimmter gesetzlich geregelter Voraussetzungen gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden soll. Dabei kann die Vertretung des Gewährträgers auch im einzelnen die Verfügungskompetenz über den gemeinnützigen Zwecken zuzuführenden Teil des Jahresüberschusses für den Gewährträger beanspruchen (§ 27 Abs. 2 und 5 Satz 1 SpkG NW). Beschließt die Vertretung eine entsprechende Zuführung an den Gewährträger, so ist steuerrechtlich eine ,,offene Einkommensverteilung" i. S. des § 7 Satz 1 KStG 1968 anzunehmen. Verzichtet die Vertretung auf die Zuführung an den Gewährträger und überläßt sie (nur) die Bestimmung der zu begünstigenden Dritten dem Verwaltungsrat der Sparkasse, so gilt Entsprechendes. In diesem Fall wird - wie bei der Zuführung an den Gewährträger - Vermögen verwendet, das zuvor als Jahresüberschuß und damit als Einkommen im steuerlichen Sinne ausgewiesen wurde. Die Entscheidungsbefugnisse des Verwaltungsrats der Sparkasse beschränken sich auf die Auswahl der zu begünstigenden Dritten und auf die Verteilung des von der Vertretung des Gewährträgers festgesetzten Betrages unter ihnen. § 27 Abs. 5 SpkG NW schreibt für beide Fälle die Zuführung des von der Vertretung des Gewährträgers festgesetzten Teils des Jahresüberschusses zu gemeinnützigen Zwecken als Ausfluß der sozialen Aufgabenstellung der Sparkassen vor (vgl. Heinevetter, a.a.O., § 27 Rdnr. 4, m.w.N.). Dann aber kann es für die steuerliche Behandlung keinen Unterschied machen, ob der Anspruch des Gewährträgers auf Auszahlung eines Teils des Jahresüberschusses entsteht und der Gewährträger den ihm zugeführten Betrag zu gemeinnützigen Zwecken verwendet oder ob die entsprechende Verwendungsbestimmung unmittelbar von dem Verwaltungsrat der Sparkasse getroffen wird, ohne daß ein Anspruch des Gewährträgers auf Zuführung entsteht. In beiden Fällen wird ,,dasselbe Einkommen" im Sinne einer Verteilung ausgekehrt. In beiden Fällen beruht die Verteilung des Einkommens auf einer gesetzlichen Regelung. Die gesetzliche Regelung tritt an die Stelle des für private Banken geltenden ,,Ausschüttungszwanges". Sie dient dem Ausgleich von Wettbewerbsvorteilen, die andernfalls die Sparkassen vor den privaten Banken hätten. Die gesetzliche Regelung entspricht im übrigen der durch den Verzicht auf Gewinnmaximierung gekennzeichneten sozialen Aufgabenstellung der Sparkassen. Gerade deshalb zwingt die einheitliche Zielsetzung dazu, Spenden, die i. S. von § 27 Abs. 4 SpkG NW unter Verwendung des Jahresüberschusses von einer Sparkasse geleistet werden, als Einkommensverteilung i. S. des § 7 Satz 1 KStG 1968 zu behandeln. Soweit der Senat in der Vergangenheit einen weiteren Standpunkt eingenommen hat, hält er daran nicht länger fest.

5. Bezogen auf den Streitfall hat das FG in einer den erkennenden Senat bindenden Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Rat der Stadt Y für die Streitjahre jeweils auf die Zuführung des für gemeinnützige Zwecke zu verwendenden Teils des Jahresüberschusses der Klägerin verzichtet hatte. Die Klägerin führte die Spenden, deren steuerliche Abzugsfähigkeit gemäß § 11 Nr. 5 Buchst. a KStG 1968 streitig ist, unter Verwendung des jeweiligen Jahresüberschusses gemäß § 27 Abs. 4 und 5 SpkG NW gemeinnützigen Zwecken zu. Die Spenden unterliegen deshalb insgesamt dem Abzugsverbot des § 7 Satz 1 KStG 1968, ohne daß es entscheidungserheblich wäre, welcher der Empfänger eine dem Gewährträger nahestehende Person war. Das FG ist zwar von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß den FG eine verbösernde Entscheidung nicht gestattet ist (§ 121, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), führt jedoch die andere Auffassung des FG zu dem gleichen Ergebnis. Deshalb war die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416245

BFH/NV 1989, 668

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