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BFH Urteil vom 01.02.1979 - IV R 113/76

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Leitsatz (amtlich)

Der IV. Senat tritt der im Urteil des V. Senats des Bundesfinanzhofs vom 27. Juli 1978 V R 66/76 (BFHE 126, 239, BStBl II 1978, 686) vertretenen Auffassung bei, daß ein Tierarzt, der aus seiner tierärztlichen Hausapotheke gegen Entgelt Medikamente oder Impfstoffe an die Halter der von ihm behandelten Tiere abgibt, grundsätzlich nicht in Ausübung freiberuflicher tierärztlicher Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern gewerblich tätig wird. Betreiben Tierärzte eine Praxisgemeinschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, so ist die gesamte Tätigkeit der Gesellschaft als gewerblich zu beurteilen, wenn die in ihr zusammengeschlossenen Gesellschafter teilweise gewerblich tätig sind.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Tierärzte gewerblich tätig sind, wenn sie Arzneimittel abgeben und damit mehr als 50 v. H. ihrer Gesamteinnahmen erzielen.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Tierärzte.

In den Streitjahren 1965 bis 1967 übten sie ihren Beruf in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts aus.

Die Gewinne wurden für die Streitjahre nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt.

Die Kläger hatten sich im wesentlichen auf die Behandlung und Betreuung von Geflügelbeständen - fast ausnahmslos Großbeständen - spezialisiert. Sie führten in erheblichem Umfang vorbeugende Behandlungen durch und gaben die erforderlichen Medikamente an die Tierhalter ab. Eine Betriebsprüfung ermittelte den Wert der in den Streitjahren eingekauften Medikamente für

1965 mit 163 950 DM, für

1966 mit 359 711 DM und für

1967 mit 532 794 DM

sowie die Gesamteinnahmen und die darin enthaltenen (geschätzten) Erlöse für Medikamentenabgabe wie folgt:

1965 1966 1967

DM DM DM

Gesamteinnahmen 327 591 593 363 874 875

Medikamentenerlös 178 937 446 583 602 523

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) beurteilte die Medikamentenabgabe im Rahmen der Geflügelbehandlung als gewerblichen Arzneimittelhandel und grenzte den dadurch erzielten Gewinn im Schätzungsweg von den Einkünften aus der übrigen tierärztlichen Tätigkeit der Kläger ab. Aufgrund dieser Beurteilung erließ das FA für die Streitjahre Gewerbesteuermeßbescheide in Form eines Sammelbescheids vom 28. November 1969, der an die beiden Kläger gerichtet war. Im Einspruchsverfahren behandelte das FA die gesamte Tätigkeit der Gesellschaft als gewerblich. Es ging davon aus, daß eine Personengesellschaft des Handelsrechts (OHG) vorgelegen habe. Die Einspruchsentscheidung vom 24. März 1971 war gerichtet an: "Herren Dr. A und Dr. B in Firma Dr. A u. B, Arzneimittelhandel in C".

Der Klage, mit der die Kläger beantragten, den Sammelbescheid vom 28. November 1969 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 24. März 1971 ersatzlos aufzuheben, hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben.

Mit der Revision beantragt das FA, die Klage unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen. Nach seiner Auffassung verletzt das Urteil des FG § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, der zur Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit auch für das Gewerbesteuerrecht gelte. Zusätzlich rügt das FA ungenügende Sachaufklärung.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen. Sie halten die Vorentscheidung für zutreffend, tragen aber zusätzlich vor, in den Streitjahren habe nicht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern nur eine schlichte Gemeinschaft bestanden, in der jeder Tierarzt seine Selbständigkeit behalten habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die Vorentscheidung hat für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), daß die Praxisgemeinschaft eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts war.

2. Der Senat folgt der Vorentscheidung jedoch nicht darin, daß die Arzneimittelabgabe durch die Tierärzte - wie im vorliegenden Fall - keine gewerbliche Tätigkeit sei, wenn sie im Rahmen des tierärztlichen Dispensierrechts erfolge.

Auch im tiermedizinischen Bereich ist einerseits zwischen der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit, deren Aufgabe Diagnose, Therapie und Verhütung von Krankheiten und außerdem der Schutz des Menschen vor Gefahren bei Lebensmitteln tierischer Herkunft ist (vgl. § 1 der Bundestierärzteordnung vom 17. Mai 1965, BGBl I, 416), und andererseits der Abgabe von Medikamenten zur Behandlung der Tiere zu unterscheiden, die in die Tätigkeit des Apothekers fällt. Während die freiberufliche Tätigkeit des Tierarztes nicht der Gewerbesteuer unterliegt, stellt die Abgabe von Medikamenten grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit dar, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Die tierärztliche Tätigkeit geht zwar über die Heilbehandlung hinaus, weil zu ihr auch Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung eines gesunden und leistungsfähigen Tierbestandes gehören. Das rechtfertigt aber nicht den Schluß, daß die Abgabe von Medikamenten durch Tierärzte, z. B. von Impfstoffen, mit zur tierärztlichen Tätigkeit zu rechnen sei.

Nach diesen Grundsätzen hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 27. Juli 1978 V R 66/76 (BFHE 126, 239, BStBl II 1978, 686) im Anschluß an sein Urteil vom 26. Mai 1977 V R 95/76 (BFHE 123, 199, BStBl II 1977, 879) entschieden, daß Tierärzte, die die allgemeine Erlaubnis gemäß § 28 Abs. 4 Nr. 2 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) vom 16. Mai 1961 (BGBl I, 533) haben, Arzneimittel i. S. des § 1 Abs. 1 AMG an Halter der von ihnen behandelten Tiere abzugeben und zu diesem. Zweck vorrätig zu halten, mit der Abgabe von Medikamenten regelmäßig nicht in Ausübung einer (freiberuflichen) tierärztlichen Tätigkeit handeln. Dies gelte insbesondere für die Arzneimittelabgabe in den Fällen, in denen sich die tierärztliche Tätigkeit auf die Diagnose und das Verschreiben der Arzneimittel beschränkt habe. Insoweit übe der Tierarzt wie ein Apotheker eine gewerbliche Tätigkeit aus. Etwas anderes gelte nur für die Arzneimittelabgaben, die der Tierarzt im Rahmen der tierärztlichen Tätigkeit zwangsläufig selbst vornehmen müsse (sog. Praxisbedarf, Notfallbehandlung, stationäre Aufnahme). Auf die Gründe der Entscheidungen V R 66/76 und V R 95/76, denen sich der erkennende Senat anschließt, wird Bezug genommen.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird unter Anwendung der in den vorbezeichneten Entscheidungen des V. Senats genannten Gesichtspunkte zu entscheiden haben, ob die Arzneimittelabgabe der Kläger freiberufliche tierärztliche Tätigkeit oder gewerbliche Tätigkeit war. Soweit aufgrund der Aufschläge bei der Abgabe der Medikamente die Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen ist, wird deshalb das FG die Arzneimittelabgaben der Kläger aufzuteilen haben in solche, die untrennbar mit tierärztlichen Verrichtungen verknüpft waren, und solche, die neben der auf die Diagnose und das Verschreiben von Medikamenten beschränkten tierärztlichen Tätigkeit erfolgt sind. Zu den letzteren gehört insbesondere die Beigabe von Medikamenten und Impfstoffen zu den Futtermitteln oder zum Trinkwasser durch den Tierarzt selbst oder unter Einschaltung des Tierhalters. Sollte das FG solche als gewerblich zu beurteilenden Tätigkeiten der Kläger feststellen, so ist die gesamte Tätigkeit der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als gewerblich zu behandeln. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 13. Oktober 1977 IV R 174/74, BFHE 123, 505, BStBl II 1978, 73, insbesondere vom 9. Juli 1964 IV 427/62 U, BFHE 80, 154 [161], BStBl III 1964, 530) hängt die Gewerbesteuerpflicht einer Personengesellschaft davon ab, daß die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind. Unterhält die Gesellschaft einen Gewerbebetrieb, so gilt nach § 2 Abs. 2 GewStG ihre Tätigkeit "stets und in vollem Umfang" als Gewerbebetrieb. Von einer Personengesellschaft ausgeübte verschiedene, ihrer Natur nach teils gewerbliche und teils nicht gewerbliche Tätigkeiten dürfen nicht getrennt werden; sie sind unterschiedslos als Bestandteil des Gewerbebetriebs zu behandeln. Nur wenn die zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammengeschlossenen Gesellschafter ausschließlich selbständig tätig sind, liegt kein Gewerbebetrieb vor (vgl. Lenski/Steinberg. Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 5. Aufl., § 2 Rdnr. 41 S. 125).

 

Fundstellen

Haufe-Index 73184

BStBl II 1979, 574

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