Unter den Pflichtverletzungen nimmt im Werkvertragsrecht die Schlechtleistung die zentrale Stellung ein. Der wichtigste Fall einer werkvertraglichen Pflichtverletzung ist also die mangelhafte Herstellung des Werkes.

3.1.2.1 Wann liegt ein Mangel vor?

Die Mängel eines Werkes können entweder Rechtsmängel oder Sachmängel sein. Die Freiheit von Sach- oder Rechtsmängeln ist Teil der Vertragserfüllung (§ 633 Abs. 1 BGB).

Ein Sachmangel liegt vor, wenn dem Werk die vereinbarte Beschaffenheit fehlt (§ 633 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ist eine Beschaffenheit nicht vereinbart, so besteht ein Sachmangel, wenn das Werk sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder wenn es sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und es keine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann (§ 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB). Wie im Kaufrecht stellt das Gesetz im Werkvertragsrecht einem Sachmangel gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt (§ 633 Abs. 2 Satz 3 BGB). Anders als im Kaufrecht bleiben für den werkvertraglichen Sachmangel öffentliche Aussagen des Herstellers in Werbung und Kennzeichnung unberücksichtigt.

Ein Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können (§ 633 Abs. 3 BGB).

3.1.2.2 Rechte des Bestellers bei Mangelhaftigkeit des Werkes

Die Rechte des Bestellers bei Vorliegen eines Mangels regelt § 634 BGB, der an die kaufrechtliche Vorschrift des § 437 BGB angelehnt ist. Die Gestaltungsrechte und Ansprüche des Bestellers sind gegenüber dem Kaufrecht um die Selbstvornahme erweitert und umfassen im Einzelnen:

  • Nacherfüllung in Form der Mängelbeseitigung oder der Erstellung eines neuen Werkes (§§ 634 Nr. 1 i. V. m. 635 BGB),
  • Selbstvornahme und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen (§§ 634 Nr. 2 i. V. m. 637 BGB),
  • Rücktritt (§§ 634 Nr. 3 Fall 1 i. V. m. 636 BGB),
  • Minderung (§§ 634 Nr. 3 Fall 2 i. V. m. 638 BGB),
  • Schadensersatz (§§ 634 Nr. 4 Fall 1 i. V. m. 636 BGB) sowie
  • Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§§ 634 Nr. 4 Fall 2 i. V. m. 284 BGB).

Nacherfüllung

Der im Gesetz zuerst genannte Anspruch des Bestellers ist der auf Nacherfüllung. § 634 Nr. 1 BGB räumt dem Besteller bei Mangelhaftigkeit des Werkes das Recht ein, "nach § 635 BGB Nacherfüllung zu verlangen". Die Nacherfüllung ist vorrangig vor den übrigen Gewährleistungsansprüchen geltend zu machen, da Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz voraussetzen, dass eine vom Besteller zur Nacherfüllung bestimmte angemessene Frist erfolglos abgelaufen ist.

Der Nacherfüllungsanspruch tritt in zweierlei Gestalt auf, nämlich als Nachbesserungsanspruch, d. h. Beseitigung der vorhandenen Mängel und als Anspruch auf Neuherstellung eines vertragsgemäßen Werks. Das Recht, zwischen den beiden Formen der Nacherfüllung zu wählen, steht – insofern handelt es sich um eine Abweichung vom Kaufrecht (siehe § 439 Abs. 1 BGB) – dem Werkunternehmer zu (§ 635 Abs. 1 BGB), denn dieser hat gegenüber dem Verkäufer einer Ware eine engere Beziehung zum Vertragsgegenstand. Ist die Nacherfüllung mangelhaft, kann der Besteller die Rechte aus §§ 636 bis 638 unmittelbar gelten machen. Ist die Nacherfüllung nur unter unverhältnismäßigen Kosten möglich, kann der Unternehmer sie unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 BGB verweigern (§ 635 Abs. 3 BGB). Die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, hat der Unternehmer zu tragen (§ 635 Abs. 2 BGB).

Selbstvornahme

Die Selbstvornahme gem. §§ 634 Nr. 2 i. V. m. 637 BGB ist ein werkvertragsspezifischer Anspruch. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Besteller den Unternehmer aus dem Prozess der Mängelbeseitigung ausschließen, sich selbst der Mängelbeseitigung annehmen und die dafür entstehenden Kosten vom Unternehmer einfordern.

Das Selbstvornahmerecht setzt nicht voraus, dass der Unternehmer mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist. Es genügt der erfolglose Ablauf einer durch den Besteller dem Unternehmer gesetzten Frist zur Nacherfüllung. Eine Fristsetzung ist unter den Voraussetzungen des § 637 Abs. 2 BGB sogar entbehrlich. Eine Fristsetzung muss danach in folgenden Fällen nicht stattfinden:

  • Der Werkunternehmer verweigert die Erfüllung endgültig und ernsthaft (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
  • Es handelt sich um ein einfaches Fixgeschäft und der Unternehmer hat die Leistung zum vereinbarten Termin nicht bewirkt (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
  • Aufgrund besonderer Umstände rechtfertigt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
  • Die Nacherfüllung ist fehlgeschlagen (§ 637 Abs. 2 Satz 2 Fall 1 BGB).
  • Die Nacherfüllung ist dem Besteller unzumutbar (§ 637 Abs. 2 Satz 2 Fall 2 BGB).

Hat eine Fristsetzung erfolglos stattgefunden oder war sie von vornherein entbehrlich, kann der Besteller den Mangel selbst beseitigen bzw. beseitigen lassen und vom Unternehm...

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