5.4.1 Beschränkung der Prokura im Außenverhältnis

Der Umfang der Prokura ist nach außen, somit im Verhältnis zwischen dem Prokuristen und dem Vertragspartner, nicht beschränkbar. Gegenüber Dritten/Vertragspartnern gilt die Prokura daher unbeschränkt (§ 49 HGB). Im Interesse der Förderung des Handelsverkehrs soll der Vertragspartner darauf vertrauen dürfen, dass der Prokurist umfangreiche Vertretungsmacht besitzt. Folgende Handlungen umfasst die Prokura grundsätzlich nicht:

  1. die Veräußerung und Belastung (z. B. Grundschuld, Hypothek) von Grundstücken,
  2. Prinzipalgeschäfte (z. B. Zeichnung des Jahresabschlusses, Umwandlungen des Unternehmens oder Anmeldung von Kapitalerhöhungen obliegen nur dem Geschäftsführer),
  3. Privatgeschäfte des Geschäftsführers (z. B. Leasing eines Fahrzeugs oder Beschaffung einer Haushälterin für die Privatwohnung des Geschäftsführers).

Darüber hinaus kann jeder, der mit einem Prokuristen Geschäfte macht, darauf vertrauen, dass dieser vollumfänglich durch die GmbH bevollmächtigt wurde und zwar auch dann, wenn der Vertragspartner weiß, dass der Prokurist seine ihm durch das Unternehmen verliehenen Kompetenzen überschreitet. Der Gesetzgeber ist nämlich der Ansicht, dass das Unternehmen mit der Erteilung der Prokura auch ein besonderes Vertrauen in die Person des Bevollmächtigten demonstriert. Hätte er nur eingeschränkte Vollmacht erteilen wollen, hätte er sich für die Alternative der weniger umfangreichen Handlungsvollmacht entscheiden können.

 
Achtung

Vertrauenswürdigkeit ist unabdingbar

Die Erteilung der Prokura kann sehr gefährlich sein. Prokura sollte nur dann erteilt werden, wenn besonderes Vertrauen in die Person des Prokuristen vorhanden ist.

5.4.2 Gesamtprokura

Eine Gesamtprokura liegt vor, wenn der Prokurist das Unternehmen nur gemeinsam mit einem anderen Prokuristen oder Geschäftsführer wirksam vertreten kann. Diese Form der Prokura ist in der Praxis besonders beliebt, da sie das Unternehmen vor einer übereilten oder riskanten Entscheidung des Prokuristen dadurch schützt, dass zur Wirksamkeit einer Handlung immer auch ein anderer Prokurist oder Geschäftsführer der Entscheidung zustimmen muss. Auf diese Weise kann der mit umfangreichem Handlungsspielraum ausgestattete Prokurist durch einen anderen überwacht werden.

Notwendig ist in diesen Fällen nicht, dass die Gesamtbevollmächtigten ihre Entscheidung gemeinsam treffen und ggf. sogar gleichzeitig unterzeichnen. Es genügt, wenn das Geschäft durch den einen Prokuristen getätigt wurde und durch den anderen gebilligt oder später genehmigt wird. Erfolgt das Geschäft hingegen ohne die Zustimmung des anderen, so fehlt die Vertretungsmacht. Der Prokurist könnte sich in diesen Fällen haftbar machen. Ein solches Vorgehen sollte der Prokurist mit Gesamtprokura daher im eigenen Sinne tunlichst vermeiden.

Die Erteilung der Gesamtprokura kann ebenfalls im Handelsregister eingetragen werden. Auch in diesen Fällen kann sich das Unternehmen davor schützen, dass sich der Vertragspartner auf den guten Glauben in die Alleinvertretung stützt.

5.4.3 Beschränkung der Prokura im Innenverhältnis

Der Umfang der Prokura ist nach innen, somit im Verhältnis zwischen dem Prokuristen und der GmbH, beschränkbar. Verstößt der Prokurist gegen seinen Handlungsspielraum, kann er sich gegenüber dem Unternehmen haftbar machen. Zudem droht ihm die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags. Die Beschränkungen können im Anstellungsvertrag, in einer gesonderten Urkunde über die Prokura-Erteilung oder innerhalb einer Dienstanweisung enthalten sein.

 
Praxis-Tipp

Es ist immer ratsam, die Prokura im Innenverhältnis für die Geschäftsbereiche einzuschränken, in denen der Prokurist ohnehin nicht tätig werden soll. Hiervon hat das Unternehmen nur Vorteile. Zudem werden dem Prokuristen durch eine schriftliche Aufstellung seines Handlungsspielraums die Grenzen des gewollten Handelns deutlich vor Augen geführt. Der Ausschluss folgender Handlungen hat sich in der Praxis durchgesetzt:

  • Vereinbarungen über Beteiligungen der Belegschaft oder einzelner Betriebsangehöriger am Geschäftsergebnis der Gesellschaft.
  • Rechtsgeschäfte mit einem Gesellschafter oder nahem Angehörigen des Prokuristen, es sei denn, solche Geschäfte werden in gleicher Weise mit einem Dritten getätigt.
  • Veräußerung oder Stilllegung des Betriebs der Gesellschaft oder wesentlicher Teile davon.
  • Erwerb, Erweiterung oder Aufgabe von Beteiligungen an anderen Unternehmen im Namen der Gesellschaft.
  • Abschluss von Verträgen mit dem Inhalt der Erweiterung des Geschäftsgegenstands des Unternehmens.
  • Erteilung von Handlungsvollmachten über den gesamten Geschäftsbetrieb.
  • Übernahme von Bürgschaften oder Wechselverbindlichkeiten (bis zu einer Höhe von X EUR).
  • Inanspruchnahme von Krediten jeglicher Art, welche den Betrag X übersteigen oder nicht geschäftsüblich sind.
  • Abschluss und Aufhebung von Verträgen (insb. Arbeitsverträgen), die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als X EUR belasten.
  • Abschluss von Dauerschuldverhältnissen mit einer Gesamtlaufzeit von mehr als X Jahren oder einer jährlichen Gesamtbelastung von mehr als X EUR.
  • Durchführung von betrieblichen Inves...

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