1 Kapitalschutz

 

Rz. 1130

Der Kapitalschutz wird durch gesetzliche Regelungen zur Kapitalaufbringung und zur Kapitalerhaltung verwirklicht.

1.1 Kapitalaufbringung

 

Rz. 1131

Zur Kapitalaufbringung, zum Erlass- und Aufrechnungsverbot bezüglich der Einlagen und zur Verjährung der Einlageforderungen vgl. Rn. 55 ff.

1.2 Kapitalerhaltung

1.2.1 Aus- und Rückzahlungsverbot nach §§ 30, 31 GmbHG

 

Rz. 1132

Im Rahmen der Kapitalerhaltung gilt das Verbot der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens (§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) sowie das Verbot der Rückzahlung von Nachschüssen, die zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind (§ 30 Abs. 2 GmbHG). Ausgenommen davon und somit zulässig sind Zahlungen, die durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt sind oder wenn ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag[1] besteht, § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG.

 

Rz. 1133

Leistungen, die Gesellschafter entgegen § 30 GmbHG von der Gesellschaft empfangen haben, müssen sie gem. § 31 Abs. 1 GmbHG zurückgewähren. Eine Ausnahme gilt dabei für in gutem Glauben erhaltene Gewinnanteile (§ 32 GmbHG) und – in reduziertem Umfang – für sonstige gutgläubig erlangte Leistungen (§ 31 Abs. 2 GmbHG). Zahlt der Gesellschafter, der die Leistung empfangen hat, diese nicht zurück, trifft die übrigen Gesellschafter eine Ausfallhaftung nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile, soweit dies zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist (§ 31 Abs. 3 GmbHG). Darüber hinaus drohen zumindest den Geschäftsführern strafrechtliche Sanktionen wegen Verstoßes gegen ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der GmbH (Untreue, § 266 StGB).[2]

 

Verjährung der Rückgewähransprüche

Die Rückgewähransprüche gegen den Leistungsempfänger verjähren innerhalb von zehn Jahren, die Ansprüche gegen die Gesellschafter im Falle einer Ausfallhaftung gem. § 31 Abs. 3 GmbHG verjähren fünf Jahre nach Erhalt der unberechtigten Rückzahlung durch den Leistungsempfänger (§ 31 Abs. 5 Sätze 1 und 2 GmbHG). Im Falle der Insolvenz ist der Ablauf der Verjährungsfrist bis sechs Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehemmt (§§ 31 Abs. 5 Satz 3, 19 Abs. 6 Satz 2 GmbHG).

[1] Auch bei einem bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ist umstritten, ob der Verlustausgleichsanspruch werthaltig sein muss, unten Rn. 1139.

1.2.2 Umfang des Kapitalerhaltungsverbots

 

Rz. 1134

Grundsätzlich dürfen in der Aktiengesellschaft allein der Bilanzgewinn und unter bestimmten Voraussetzungen auch Gewinnrücklagen ausgeschüttet werden. Bei der GmbH hingegen ist von den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbH nur das zur Erhaltung des statuarischen Stammkapitals (unabhängig von weiteren Eigenkapitalpositionen, Agien und Gewinnrücklagen) erforderliche Vermögen geschützt.[1] Daher sind Ausschüttungen in erheblich höherem Umfang zulässig als in der AG. Relevant werden die Vorschriften daher in erster Linie in der Krise der Gesellschaft.

 

Gesellschaftervermögen wird beeinträchtigt

Grundsätzlich verboten sind Auszahlungen an den Gesellschafter (oder ggf. Dritte, wenn die Leistungen einem Gesellschafter zuzurechnen sind oder ihm zugutekommen)[2], die das geschützte Gesellschaftsvermögen beeinträchtigen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG), indem sie eine Unterbilanz herbeiführen oder vertiefen.[3] Ausnahmen zu diesem Grundsatz sind in § 30 Abs. 1 Satz 2 und 3 GmbHG normiert (vollwertiger Rückgewähranspruch oder Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, BGAV).

 

Rz. 1135

Eine Auszahlung liegt bei jeder – mittelbaren oder unmittelbaren – Verringerung des Gesellschaftsvermögens vor. Erfasst sind nicht nur Barzahlungen an den Gesellschafter, sondern auch der Abgang sonstiger Vermögensgegenstände, Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen.[4] Vom Tatbestand der Auszahlung zu trennen ist die Frage, ob die Auszahlung auch zulässig ist (zweistufige Prüfung), dazu sogleich.

 

Rz. 1136

Die Auszahlung ist ausnahmsweise zulässig, wenn

  • die Leistung durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist (§ 30 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GmbHG) und sich daher als bloßer Aktivtausch darstellt[5] oder
  • ein Austauschgeschäft zu angemessenen Konditionen vorliegt oder
  • ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag besteht.
 

Rz. 1137

Die Ausnahme nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GmbHG ist einschlägig, wenn ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch besteht. Dieser kann sich gegen den Gesellschafter oder einen Dritten richten.[6] Diese Vorschrift normiert vor dem Hintergrund einer bilanziellen Betrachtungsweise zum einen das Vollwertigkeitsgebot, zum andern das Deckungsgebot. Dem Vollwertigkeitsgebot wird dann entsprochen, wenn der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch bilanziell in voller Höhe aktivierbar ist. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, ob der Gegenanspruch in Hinblick auf die Bonität des Schuldners realisierbar ist.[7] Das Deckungsgebot schränkt diese rein bilanzielle Betrachtungsweise ein.[8]

Danach muss bei einem Austauschvertrag der Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht nur vollwertig sein, sonde...

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