Rz. 161

Die steuerfreien Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren müssen von der steuerpflichtigen Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren abgegrenzt werden. Hierbei kann davon ausgegangen werden, dass eine Vermutung für die Steuerfreiheit besteht, wenn das Entgelt für die Leistung dem Emittenten der Wertpapiere in Rechnung gestellt wird, andererseits eine Vermutung für die Steuerpflicht besteht, wenn das Entgelt für die Leistung dem Kunden berechnet wird. Diese Vermutungen, die nicht für die stets steuerfreien Lieferungen von Wertpapieren gelten, sind jedoch widerlegbar. Zu den steuerpflichtigen Leistungen gehören z. B. die Depotunterhaltung, das Inkasso von fremden Zins- und Dividendenscheinen, die Ausfertigung von Depotauszügen, von Erträgnis-, Kurswert- und Steuerkurswertaufstellungen sowie die Informationsübermittlung von Kreditinstituten an Emittenten zur Führung des Aktienregisters bei Namensaktien.[1]

 

Rz. 162

Steuerpflichtig ist auch die Übernahme der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren durch ein Kreditinstitut für ein anderes Kreditinstitut (z. B. durch eine Landesbank für Sparkassen) und die Ausstellung einer Kassenquittung im Zusammenhang mit der Auslieferung von Wertpapieren, die zuvor in einem Depot verwahrt wurden.[2]

 

Rz. 163

Das Depotgesetz kennt zwei Hauptformen der Verwahrung: die Sonderverwahrung (§ 2 DepG) im sog. "Streifbanddepot" und die (bei vertretbaren Wertpapieren bevorzugte) Sammelverwahrung, meist im "Girosammeldepot" bei einer von der Depotbank als "Drittverwahrer" herangezogenen Wertpapiersammelbank (§ 5 DepG). Mit der Einreichung von Wertpapieren zur Sammelverwahrung erwirbt der bisherige Eigentümer Miteigentum nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren gleicher Art mit der Quote, die dem Nennwert bzw. der Stückzahl der von ihm eingereichten Wertpapiere entspricht.

 

Rz. 164

Als "Verwaltung" von Wertpapieren kommt jede über die bloße Verwahrung hinausgehende Tätigkeit in Betracht, die der Verwahrer in Bezug auf die verwahrten Papiere für den Hinterleger auszuüben hat. Bei Wertpapieren in Sammelverwahrung folgt schon aus dem Wesen dieser Verwahrungsart, dass der Sammelverwahrer als Verwalter für die Miteigentümergemeinschaft – und damit als Verwalter ihrer Wertpapiere – fungiert. Zur Verwaltung gehören z. B. das Inkasso von Zins- und Dividendenscheinen und die Anfertigung von Depot-, Erträgnis- und Steuerkursaufstellungen. Ferner kommen in Betracht die Wahrnehmung der Aktionärsrechte in der Hauptversammlung (§ 135 AktG), die Einlösung fälliger Schuldverschreibungen, die Beschaffung neuer Zins- und Gewinnanteilbogen sowie die Überwachung von Verlosungen und Kündigungen.

 

Rz. 165

Steuerpflichtig ist auch die Verwahrung von Behältnissen (Umschläge, Pakete), deren Inhalt dem Verwahrer unbekannt und unzugänglich ist. Das sog. "verschlossene Depot" ist, auch wenn es Wertpapiere enthält, keine Verwahrung von Wertpapieren i. S. d. Depotgesetzes (§ 1 DepG). Dasselbe gilt für die Überlassung von Schrankfächern (Tresoren); sie ist auch nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei.

 

Rz. 166

Bei Vermögensverwaltungsverträgen von Banken mit Privatkunden wird i. d. R. nur eine Anlagestrategie festgelegt. Die Bank kauft und verkauft anschließend im Rahmen dieser Anlagestrategie die Wertpapiere des Kunden ohne vorherige Weisung und im eigenen Ermessen, um eine bestmögliche Vermögensverwaltung zu erreichen. Die Tätigkeit der vermögensverwaltenden Bank ist dadurch geprägt, dass sie die für eine Vermögensanlage in Betracht kommenden Wertpapiere und Wertpapiermärkte beobachtet und analysiert und auf dieser Grundlage eigenständig Anlageentscheidungen trifft, sodass der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit nicht in der Ausführung von Wertpapierumsätzen, sondern in deren qualifizierter Vorbereitung liegt. Die Ausführung der Wertpapierumsätze ohne vorherige Rücksprache mit dem Kunden ist dann als Nebenleistung anzusehen. Auf den Abrechnungsmodus der Bank kommt es dabei nicht an. Sie erbringt damit eine einheitliche, nicht gem. § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG umsatzsteuerfreie Leistung. Getrennte Leistungen liegen nur dann vor, wenn der Kunde selbst entscheiden kann, ob Transaktionen durchgeführt werden sollen. Dies setzt voraus, dass der Kunde vor einer Transaktion durch die Bank informiert wird und der Bank einen entsprechenden Auftrag erteilt. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ist nicht gegeben, da kein Sondervermögen i. S. d. InvStG vorliegt.[3] Zu weiteren Einzelheiten vgl. auch Rz. 142.

 

Rz. 167

Wird das auf den An- und Verkauf von Wertpapieren entfallende Entgelt (sog. Transaktionskosten) gesondert berechnet, war es für bis zum 31.12.2006 ausgeführte Transaktionen aus Billigkeitsgründen nicht zu beanstanden, wenn die Bank das hierfür gesondert berechnete Entgelt als umsatzsteuerfrei behandelte.[4]

 

Rz. 168

Die Übermittlung der Daten zur Führung eines Aktienregisters gegen Kostenerstattung ist eine steuerpflichtige Leistung, die nicht unter § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG ...

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