Rz. 22

Nur ein im Ausland ansässiger Unternehmer kann sich für Melde- und Erklärungspflichten in Deutschland durch einen Fiskalvertreter vertreten lassen. Ist der leistende Unternehmer im Inland ansässig, muss – und kann – er die Pflichten der Anmeldung und Erklärung steuerrelevanter Daten selbst übernehmen. Als Unternehmer i. S. d. § 22a Abs. 1 UStG gilt ein Unternehmer, der im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiet weder

  • seinen Wohnsitz,
  • seinen Sitz,
  • seine Geschäftsleitung oder
  • eine Zweigniederlassung

hat.

 

Rz. 23

Der Umfang des Inlands definiert sich aus § 1 Abs. 2 UStG und umfasst das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, allerdings ohne die Gebiete von Büsingen, der Insel Helgoland, die Freizonen i. S. d. Art. 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und Flugzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Da aber die Gebiete i. S. d. § 1 Abs. 3 UStG (Freihäfen und die Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie) ausdrücklich nach § 22a Abs. 1 UStG ausgenommen sind und im Küstenstreifen ein Unternehmer regelmäßig nicht Sitz oder Zweigniederlassung unterhalten wird, muss der leistende Unternehmer außerhalb der Bundesrepublik Deutschland oder in Büsingen oder auf der Insel Helgoland ansässig sein. Hat er seinen Sitz, Wohnsitz, Geschäftsleitung bzw. Zweigniederlassung nicht im Inland, aber in Büsingen oder auf der Insel Helgoland, gilt er für die Anwendung des § 22a UStG als ausländischer Unternehmer und kann sich unter den weiteren Voraussetzungen des § 22a UStG von einem Fiskalvertreter vertreten lassen.

 

Rz. 24

Die sich aus § 22a Abs. 1 UStG ergebende Definition eines im Ausland ansässigen Unternehmers unterscheidet sich damit inhaltlich von der seit dem 1.7.2010 in § 13b Abs. 7 S. 1 UStG[1] verwendeten Definition des ausländischen Unternehmers für die Zwecke der Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger. So gilt nach § 13b UStG ein auf der Insel Helgoland ansässiger Unternehmer nicht als ausländischer Unternehmer, nach § 22a UStG kann sich dieser Unternehmer aber durch einen Fiskalvertreter vertreten lassen. Darüber hinaus ist (seit dem 1.1.2010) die Zweigniederlassung in § 13b UStG – unter bestimmten weiteren Voraussetzungen – durch den Begriff der Betriebsstätte ersetzt worden. Damit fallen die Definitionen des ausländischen Unternehmers in § 13b UStG und § 22a Abs. 1 UStG noch weiter auseinander.

 

Rz. 25

Grundsätzlich kann ein Unternehmer im Inland Betriebsstätten unterhalten, ohne die Eigenschaft des ausländischen Unternehmers i. S. d. § 22a Abs. 1 UStG zu verlieren. Die Definition der Betriebsstätte ergibt sich dabei nicht aus § 12 AO, sondern ist umsatzsteuerrechtlich autonom zu bestimmen. Betriebsstätte ist danach jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmers dient. Eine solche Einrichtung oder Anlage kann aber nur dann als Betriebsstätte angesehen werden, wenn sie über einen ausreichenden Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln verfügt, der für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen erforderlich ist. Außerdem muss die Einrichtung oder Anlage einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweisen, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der jeweiligen Dienstleistungen ermöglicht.[2]

 

Rz. 26

Im Regelfall wird ein Unternehmer, der im Inland nur eine Betriebsstätte unterhält, aber aus anderen Gründen aus dem Anwendungsbereich des § 22a UStG herausfallen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Struktur vorhanden sein muss, mit der von der Betriebsstätte aus autonome Leistungen ausgeführt werden können, wird sich im Regelfall für den leistenden Unternehmer auch eine Steuerschuld aus steuerpflichtigen Leistungen, wenigstens aber eine Vorsteuerabzugsberechtigung ergeben. In diesen Fällen muss der leistende Unternehmer die ihm obliegenden Melde- und Erklärungspflichten selbst erfüllen.

 

Rz. 27

Rechtlich selbstständige Unternehmen sind jeweils separat zu beurteilen. Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kann sich die im Ausland ansässige (Organ-)Gesellschaft für ihre Melde- und Erklärungspflichten durch einen Fiskalvertreter vertreten lassen, da die Wirkungen der Organschaft (einheitliches Unternehmen) auf das Inland beschränkt sind.[3]

 

Rz. 28

Die Begriffe Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung sind aus den maßgebenden Vorschriften der AO (§§ 8ff.) bzw. für die Zweigniederlassung aus dem HGB (§ 13, §§ 13d bis 13g HGB) zu definieren.

 

Rz. 29

Ein besonderes Problem ergibt sich bei Unternehmern, die im Inland zwar keinen Wohnsitz, Sitz, Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung haben, aber ein Grundstück vermieten. Die Finanzverwaltung[4] sieht diesen Unternehmer als einen im Inland ansässigen Unternehmer an – unabhängig davon, ob dieses Grundstück steuerpflichtig oder ...

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