Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Zwangsaufgabe eines verpachteten landwirtschaftlichen Betriebs nach einem Brandschaden

 

Leitsatz (redaktionell)

Der unterlassene Wiederaufbau eines nach einem Brand zerstörten Hofgebäudes und dessen Veräußerung führen bei einem verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu dessen Zwangsaufgabe.

 

Normenkette

EStG § 13

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.2003; Aktenzeichen IV R 61/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger seinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb dadurch zwangsweise aufgegeben hat, dass er die Hof- und Wirtschaftsgebäude nach einem Brandschaden nicht wieder aufbaute und das Hofgrundstück veräußerte. Für die dabei realisierten stillen Reserven begehrt der Kläger - unter Berücksichtigung von Freibeträgen - den ermäßigten Steuersatz.

Der Senat hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2001 als unbegründet abgewiesen. Dagegen hat der Kläger fristgerecht die mündliche Verhandlung beantragt. Wegen des Tatbestands wird auf den Gerichtsbescheid Bezug genommen.

Der Kläger meint, bei Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei der Senat zum falschen Ergebnis gekommen. Bei dem von ihm bis 1987 bewirtschafteten Milchbetrieb sei die Hofstelle wesentliche Betriebsgrundlage; eine Wiederaufnahme der Bewirtschaftung in der nämlichen Form sei ohne Wirtschaftsgebäude unmöglich.

Der Kläger beantragt,

unter Berücksichtigung eines Aufgabegewinns von 50.000 DM und eines laufenden Gewinns von 10.000 DM im Wirtschaftsjahr 1992 / 1993 die Einkommensteuer-Bescheide für 1992 und 1993 entsprechend zu ändern.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und hält an der dort dargelegten Auffassung fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Der Senat hält an der im Gerichtsbescheid niedergelegten Rechtsauffassung fest, § 90a Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung des Klägers, das abgebrannte Hofgebäude nicht wieder aufzubauen und das Hofgrundstück zu veräußern, kann bedeuten, dass der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb insgesamt aufgeben wollte. In diesem Fall hätte er gegenüber dem Finanzamt die Aufgabe erklären müssen. Das ist nicht geschehen. Die Entscheidung kann aber auch bedeuten, dass dem Kläger der Wiederaufbau des Hofgebäudes unwirtschaftlich erschien, ohne dass damit der landwirtschaftliche Betrieb insgesamt aufgegeben werden sollte. Mangels eindeutiger Anhaltspunkte für die Betriebsaufgabe ist von einer Umstrukturierung des Betriebs auszugehen. Der Senat bleibt auch dabei, dass der Kläger nicht substantiiert dargelegt hat, weshalb gerade in seinem Fall die Hofstelle zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich und für die Betriebsführung von besonderem wirtschaftlichem Gewicht war. Dafür reicht es nicht, auf die Notwendigkeit von Stallungen bei der Milchviehhaltung hinzuweisen, denn der Kläger hätte aus der Versicherungsentschädigung neue Ställe errichten können. Vielmehr hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ein kleiner Milcherzeugungsbetrieb in der bis 1987 vom Kläger betriebenen Form heute überhaupt nicht mehr existieren könnte. Ob das zutrifft, kann dahinstehen. Zumindest ergibt sich daraus die vom Kläger selbst erkannte Notwendigkeit von Strukturveränderungen. Da aber der Strukturwandel nicht zur massenweisen Zerschlagung von landwirtschaftlichem Betriebsvermögen führen soll, geht der Umstand, dass der Kläger eine eindeutige Aufgabeerklärung nicht abgegeben hat, zu seinen Lasten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Nach Auffassung des Senats ist eine weitere Klärung der Frage erforderlich, unter welchen Umständen die Veräußerung oder Umgestaltung von Hof- und Wirtschaftsgebäuden einer Fortführung des verpachteten landwirtschaftlichen Betriebs entgegenstehen (Abgrenzung der Zwangsaufgabe von Maßnahmen der Umstrukturierungen). Auch nach dem BFH-Beschluss vom 18. Mai 2000 (IV B 107/99, BFH/NV 2000, 1339) ist nicht vollständig klar, wann eine Wiederaufnahme des Betriebs "objektiv ausgeschlossen" ist.

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Anmerkung:

Gerichtsbescheid vom 22. Juni 2001

Tatbestand:

Bis März 1987 bewirtschaftete der Kläger (Kl.) einen landwirtschaftlichen Grünlandbetrieb mit Milchviehhaltung. Nach Einstellung der Eigenbewirtschaftung veräußerte er das Vieh (zuletzt noch 111 Stück), gab Zupachtflächen (8,5 ha) an den Verpächter zurück und verpachtete die restlichen Eigentumsflächen (ca. 13,9 ha) nebst Hofstelle. Im Pachtvertrag verpflichtete sich der Kl. im Brandschadensfall zum unverzüglichen Wiederaufbau. Bereits 1984 hatte er weitere ca. 5,7 ha eigenes Grünland verpachtet.

Am 6. November 1992 wurden das Wohngebäude und die wesentlichen Wirtschaftsgebäude mit Ausnahme eines 1985 neu errichteten Bullenstalls bei einem Brand zerstört. Von der Versicherung erhielt der Kl. eine Entschädigung von 250.000 DM. Der Pachtvertrag wurde vorzeitig aufgelöst. Mit Vertrag vom 29. Januar 1993 ve...

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