Die Regel, dass die Kostenrechnung Daten aus der Finanzbuchhaltung nach deren Abschluss erhält, gilt auch für den letzten Monat des Jahres. Der Abschluss in der Buchhaltung ist Voraussetzung für den Jahresabschluss in der Kostenrechnung, benötigt aber auch Daten, die nur die Kostenrechnung liefern kann.

1.4.1 Bestandsbewertung

Schon mehrfach angesprochen wurden die Herstellkosten, mit denen die Bestände an Fertigteilen und halbfertigen Produkten bewertet werden müssen. Auch die beschafften Materialien und Handelswaren können u. U. mit Beschaffungsgemeinkosten zu den eigentlichen Beschaffungskosten im Bestand der Materialwirtschaft bewertet werden. Diese Informationen liefert die Kostenrechnung.

Die unterschiedlichen Bestandteile der Herstellkosten können aus unterschiedlichen Zeitbezügen stammen, da direkt nach dem kalendarischen Jahreswechsel noch nicht alle Kostendaten früh genug verfügbar sind (vgl. Tab. 1).

 
Bestandteil der Herstellkosten Zeitbezug Grund
Materialkosten 31. Dezember Daten liegen aus der Warenwirtschaft kurzfristig vor, da Buchungen zeitnah auch den mengenmäßigen Bestand sicherstellen müssen.
Materialgemeinkosten November/
Oktober
Kostenstellenabrechnung für Aufstellung des BAB am Jahresanfang noch nicht verfügbar.
Fertigungskosten 31. Dezember Voraussetzung ist, dass die Lohnkostenverrechnung automatisch erfolgt.
November/
Oktober
Wenn die manuelle Verteilung aus der Personalabrechnung kommt, liegen die Werte am Jahresanfang noch nicht vor.
Fertigungsgemeinkosten November/
Oktober
Kostenstellenabrechnung für Aufstellung des BAB am Jahresanfang noch nicht verfügbar.
Sondereinzelkosten 31. Dezember Werden anhand von Istrechnungen nachgewiesen.

Tab. 1: Herstellkosten für die Bewertung am Jahresende

 

Vorjahr prüfen

Bevor Sie kritiklos die Mischung der Zeitbezüge akzeptieren, können Sie die Bewertungspreise aus dem Vorjahr prüfen, die ja auf die gleiche Art und Weise entstanden sind. Dazu berechnen Sie die Bewertungspreise zum 31.12. des Vorjahres neu mit den jetzt vorliegenden Informationen auch aus der Kostenstellenrechnung. Abweichungen zu den verwendeten Werten mit gemischten Zeitbezügen lassen auf Probleme bei der Verwendung schließen.

1.4.2 Work in Process

Werden kundenbezogene Aufträge im Unternehmen abgewickelt, dann sind diese nicht alle exakt zum Jahreswechsel abgeschlossen. Die halbfertigen Aufträge müssen mit den bisher entstandenen Kosten aktiviert werden. Auch diese Informationen stammen aus der Kostenrechnung. Zum Jahresende wird eine Nachkalkulation der Aufträge durchgeführt.

 

Gewinn nicht aktivierbar?

Der strenge Gläubigerschutz des HGB führt dazu, dass nach deutschen Rechnungslegungsvorschriften nur die bisher aufgewandten Kosten aktivierbar sind. Für die Definition der Fertigstellung gelten strenge Regeln. Das kann dazu führen, dass ein großer Auftrag fast fertig ist, im Jahresabschluss aber nicht der erwartete Gewinn ausgewiesen werden darf. Erst wenn am 2. Januar die letzte Schraube eingedreht und damit der Auftrag abgeschlossen ist, fällt der gesamte Gewinn an.

Das kann für kleine und mittelständische Unternehmen zu erheblichem Erklärungsbedarf des Jahresabschlusses führen. Oft wird sogar ein Verlust ausgewiesen. Die internationalen Rechnungslegungsvorschriften wie US-GAAP oder IFRS gehen andere Wege. Unternehmen, die danach bilanzieren, können auch anteilige Gewinne in der Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen. Dabei kommt der Kostenrechnung eine noch wichtigere Rolle zu, da der ausweisfähige Gewinnanteil exakt berechnet werden muss.

1.4.3 Bewertung von Eigenleistungen

Der Einsatz von Material und Personal im eigenen Unternehmen zur Herstellung von abnutzbaren selbst genutzten Wirtschaftsgütern muss aktiviert werden. Der Aufwand wird erst durch die regelmäßigen Abschreibungen zu Kosten in den Folgeperioden. Die Höhe des Aufwandes, der für die selbst gebauten Maschinen, Gebäude oder anderen Vermögensteile angefallen ist, stammt in der Regel aus der Kostenrechnung. Da auch in bestimmtem Umfang Gemeinkosten aktiviert werden müssen oder teilweise aktiviert werden können, besteht auch hier Informationsbedarf der Finanzbuchhaltung durch die Kostenrechnung.

 

Aufzeichnung ist Pflicht

Das Gesetz verbindet die Aktivierungspflicht mit dem Vorhandensein der dazu notwendigen Daten. Daraus den Rückschluss zu ziehen, dass das Fehlen von Aufschreibungen über die angefallenen Kosten auch die Aktivierungspflicht verhindert, ist falsch. Um Steuern zu sparen, sollen alle Aufwendungen möglichst früh auch Kosten sein. Wer auf die Aufschreibungen verzichtet, um die eigentlich aktivierungspflichtigen Aufwendungen als Kosten buchen zu können, handelt nicht wie ein ordentlicher Kaufmann. Das Finanzamt wird die entsprechenden Beträge schätzen, meist nicht zum Vorteil für das steuerpflichtige Unternehmen.

Die Kostenrechnung steht also in der Pflicht, die Kosten für selbst erstellte Anlagegüter möglichst exakt zu ermitteln. Damit erst im Jahresabschluss zu beginnen ist fahrlässig, da dann viele der Daten nicht mehr vorhanden sind. Damit die Kostenrechnung die notwendigen Informationen liefern ...

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