Rz. 242

Ab Erhebungszeitraum 2002 gilt gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG eine Kapitalgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers, wenn die Kapitalgesellschaft eine Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18[1] KStG ist. Damit stimmen ab 2002 die Voraussetzungen der körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft vollständig überein, sodass für die ertragsteuerliche Organschaft einheitlich die finanzielle Eingliederung und das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags notwendige Tatbestandsvoraussetzungen sind. Aufgrund der übereinstimmenden Tatbestandsvoraussetzungen besteht ab 2002 entweder eine körperschaft- und gewerbesteuerliche Organschaft zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft oder eine ertragsteuerliche Organschaft liegt überhaupt nicht vor. Eine isolierte gewerbesteuerliche Organschaft kann ab 2002 nicht mehr begründet werden.

 

Rz. 243

Als weiteren Vorteil neben einem Verlustausgleich im Organkreis für gewerbesteuerliche Zwecke vermeidet die gewerbesteuerliche Organschaft darüber hinaus die Hinzurechnungen nach § 8 GewStG von Entgelten für Schulden, Miet- und Pachtzinsen, Lizenzzahlungen etc. gegenüber anderen Mitgliedern des Organkreises.[2]

 

Rz. 244

Ferner konnten Schachteldividenden, die über eine Organgesellschaft bezogen werden, bei einer Organträger-Kapitalgesellschaft vollständig statt nur zu 95 % von der Gewerbesteuer ausgenommen werden. Bei der gewerbesteuerlichen Organschaft ist die Bruttomethode nicht unmittelbar anwendbar. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG verweist nur auf die §§ 14 oder 17 KStG, also nicht auf § 15 KStG. Da nach § 7 GewStG die körperschaftsteuerlichen Einkommensermittlungsvorschriften anzuwenden sind, ist § 15 KStG als Einkommensermittlungsvorschrift indirekt zu berücksichtigen, d. h. nach Auffassung der Finanzverwaltung und der herrschenden Meinung ist die Bruttomethode (§ 15 KStG) auch bei der Gewerbeertragsermittlung der Organgesellschaft anzuwenden, auch wenn der Gewerbeertrag vom Organträger und von der Organgesellschaft grundsätzlich separat zu ermitteln ist.[3] Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift kam die Bruttomethode aber bei bestimmten gewerbesteuerlichen Regelungen nicht zur Anwendung, sodass eine vollständige Kürzung von bezogenen Dividenden nach § 9 Nrn. 2a, 7, 8 GewStG bei Schachtelbeteiligungen auf Ebene der Organgesellschaft zu erfolgen hat. Auf Ebene des Organträgers unterliegt dann die Dividende nur körperschaftsteuerlich der fiktiven nichtabziehbaren Betriebsausgabe nach § 8b Abs. 5 KStG von 5 %, während es gewerbesteuerlich bei einer vollständigen Steuerbefreiung verbleibt. Damit kam es insbesondere bei Schachteldividenden, die eine Organgesellschaft bezog, zu einer vollständigen Freistellung bei der Gewerbesteuer, da § 8b Abs. 5 KStG weder bei der Organgesellschaft noch beim Organträger auf diese Schachteldividenden bei der Gewerbesteuer anzuwenden war.[4]

 

Rz. 245

Der Gesetzgeber hat auf diese Rechtsprechung reagiert und durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016[5] mit Geltung ab Erhebungszeitraum 2017 § 7a GewStG eingeführt. Danach sind § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2–4 KStG und § 8 Nrn. 1, 5 GewStG sowie § 9 Nrn. 2a, 7, 8 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft entsprechend anzuwenden, wenn Gewinne nach § 9 Nrn. 2a, 7 oder 8 GewStG bei der Organgesellschaft erzielt werden. Damit soll die Besteuerung der Schachteldividenden bei der Gewerbesteuer sichergestellt werden, wenn Schachteldividenden von einer Organgesellschaft bezogen werden.[6]

 

Rz. 246

Sofern eine Organgesellschaft eine ausländische Zwischengesellschaft hält und daher einen Hinzurechnungsbetrag bezieht, sind für Zwecke der gewerbesteuerlichen Behandlung des AStG-Hinzurechnungsbetrags aufgrund der unterschiedlichen erstmaligen Anwendungsregelungen der §§ 7a und 7 Satz 7 GewStG die jeweiligen Erhebungszeiträume (EZ) zu unterscheiden:

  • EZ 2015

    Für den EZ 2015 ist laut BFH[7] der AStG-Hinzurechnungsbetrag gem. § 9 Nr. 3 GewStG aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zu kürzen. Die Kürzungsvorschrift ist auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft anzuwenden. Denn die Organgesellschaft ist zwar als Betriebsstätte des Organträgers für Zwecke der Gewerbesteuer anzusehen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG), hat aber weiterhin ihren Gewerbeertrag eigenständig zu ermitteln, was die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften mit einschließt. D.h., dass der Gewerbeertrag der Organgesellschaft den AStG-Hinzurechnungsbetrag im Zeitpunkt der Zurechnung an den Organträger nicht mehr enthält und damit nicht der Gewerbesteuer unterliegen sollte.[8]

  • EZ 2016

    Aufgrund der Gesetzesanpassungen durch das BEPS-Umsetzungsgesetz sind Hinzurechnungsbeträge i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG ab dem EZ 2016 Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen (§ 7 Satz 7 GewStG). Sie sind nicht nach § 9 Nr. 3 GewStG zu kürzen. Wenn der Hinzurechnungsbetrag als Gewinn a...

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