Neben dem Vorliegen einer angemessenen Wohnung ist zu prüfen, ob sich am Ort des eigenen Hausstands der Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers befindet. Nur die Kosten für einen beruflichen Zweithaushalt können Werbungskosten sein. Die Kosten für den eigenen Hausstand (= Hauptwohnung am Lebensmittelpunkt) zählen dagegen immer zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung. Der Abzug der Mehraufwendungen im Rahmen einer beruflichen doppelten Haushaltsführung ist davon abhängig, dass der Ort des eigenen Hausstands und der Ort der Zweitwohnung am auswärtigen Beschäftigungsort auseinanderfallen.[1] Deshalb liegt keine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung vor, wenn sich der Lebensmittelpunkt am Beschäftigungsort befindet, z. B. weil die Familie an dem vom bisherigen Wohnort entfernten Beschäftigungsort eine gemeinsame Wohnung nimmt. Hiervon ist bei beiderseits berufstätigen Ehegatten auszugehen, die mit ihren Kindern am Beschäftigungsort in einer familiengerechten Wohnung leben und die frühere Familienwohnung nur noch zeitweise nutzen.[2] Für die Frage des örtlichen Lebensmittelpunkts sind 3 verschiedene Personengruppen zu unterscheiden.[3]

Lebensmittelpunkt bei verheirateten Arbeitnehmern

Bei verheirateten Arbeitnehmern wird der Lebensmittelpunkt durch die Familienwohnung begründet.[4] Die Familienwohnung kann aber nur dann ohne weitere Prüfung berücksichtigt werden, wenn sie der Arbeitnehmer mindestens 6-mal im Kalenderjahr aufsucht.[5]

 
Praxis-Beispiel

Lebensmittelpunkt bei Ehegatten

Ein Ehepaar besitzt in Ulm eine 3-Zimmer-Eigentumswohnung. Da beide ihren Arbeitsplatz in Stuttgart haben, bewohnen sie dort während der Arbeitswoche ein möbliertes 2-Zimmer-Appartement.

Die Eheleute unterhalten in Ulm einen Hausstand. Dort befindet sich ihr Lebensmittelpunkt, an dem sie eine eigene Wohnung unterhalten. Darauf, dass während der Woche in der Familienwohnung hauswirtschaftliches Leben herrscht, kommt es für die Anerkennung einer beruflichen doppelten Haushaltsführung nicht an.[6]

Eine andere Lösung ergibt sich im vorigen Beispiel, wenn die Doppelverdiener-Ehegatten in der Nähe ihres Arbeitsplatzes Stuttgart eine nach Größe und Ausstattung bessere Wohnung als in Ulm unterhalten, etwa dort eine Doppelhaushälfte besitzen.[7] Die Eigentumswohnung in Ulm gewinnt unter diesen Umständen den Charakter einer Ferienwohnung. Normalerweise verlagert sich der Lebensmittelpunkt ab dem Zeitpunkt, ab dem der Arbeitnehmer sich mit seinem Ehepartner eine familiengerechte Wohnung am Beschäftigungsort nimmt.[8] Ein Familienwohnsitz liegt bei einem im Ausland arbeitenden Arbeitnehmer nicht vor, wenn der andere Ehegatte mit dem gemeinsamen Kind während des Auslandsaufenthalts in eine kleinere inländische Wohnung umzieht, die der im Ausland arbeitende Ehegatte bei seiner Rückkehr nicht dauerhaft als Lebensmittelpunkt wählen würde.[9]

Lebensmittelpunkt bei Arbeitnehmern ohne Familienwohnung

Bei Arbeitnehmern ohne Familienwohnung befindet sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen an dem Ort, zu dem die engeren persönlichen Beziehungen bestehen.[10] Anhaltspunkte sind die Bindungen zu Eltern, Verwandten und Bekannten; aber auch Vereinszugehörigkeiten und andere Aktivitäten können Ausdruck des Lebensmittelpunkts sein. Zu berücksichtigen sind ferner die Dauer des Arbeitsverhältnisses bzw. des Aufenthalts am Beschäftigungsort, die Entfernung der beiden Wohnungen sowie die Zahl der Heimfahrten.[11]

Ein alleinstehender Arbeitnehmer, der sich an seinem "behaupteten Erst- bzw. Haupthaushalt" dauerhaft aufhält und im Wesentlichen nur arbeits- oder urlaubsbedingt abwesend ist, hat dort seinen Lebensmittelpunkt im Sinne eines eigenen Hausstands.[12] Hält sich der Arbeitnehmer nur noch sporadisch am Ort seines eigenen Hausstands auf, fehlt es jedoch am erforderlichen Lebensmittelpunkt.[13]

 
Wichtig

Vereinfachungsregel: 2 Heimfahrten pro Monat

Wegen der praktischen Schwierigkeiten, die sich bei der Prüfung solcher Sachverhalte ergeben können, enthalten die Lohnsteuer-Richtlinien eine Vereinfachungsregelung. Danach ist ohne weitere Prüfung der vom Arbeitnehmer geltend gemachte Ort als Lebensmittelpunkt anzuerkennen, wenn er diesen im Durchschnitt wenigstens 2-mal monatlich aufsucht.[14] Für nicht verheiratete Arbeitnehmer mit Erstwohnung im Ausland bedeutet dies nicht, dass sie von der doppelten Haushaltsführung ausgeschlossen sind, wenn sie weniger als 24 Heimfahrten pro Jahr durchführen.[15]

Hauptwohnung in größerer Entfernung

Eine besondere Abgrenzung erfährt der Begriff "Mittelpunkt der Lebensinteressen" bei Arbeitnehmern, deren Zweitwohnung in größerer Entfernung von der Hauptwohnung liegt. Unabhängig davon, ob es sich um Arbeitnehmer mit oder ohne Familienwohnung handelt, sind insbesondere Arbeitnehmer angesprochen, die ihre Hauptwohnung im Ausland haben. In diesen Fällen ist die jeweilige Wohnung im Ausland bereits dann als Lebensmittelpunkt anzuerkennen, wenn der Arbeitnehmer eine Heimfahrt im Kalenderjahr durchführt und auch bei Abwesenheit des Ar...

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