Rz. 79

Das Eigenkapital wird in § 247 Abs. 1 HGB als separat auszuweisender Posten explizit angesprochen. Im Unterschied zu KapG und KapCoGes, für die in §§ 264c, 266, 268 und 272 HGB detaillierte Regelungen zum Eigenkapitalausweis existieren, belässt es der Erste Abschnitt des Dritten Buchs des HGB bei der Forderung nach separatem Ausweis.

 

Rz. 80

Das bilanzielle Eigenkapital (Reinvermögen) ergibt sich als Differenz zwischen den übrigen Positionen der Aktiva und Passiva; es stellt eine Residualgröße dar, der als Kennzahl erhebliche Bedeutung zukommt. Die Bedeutung dieser Kennzahl resultiert v. a. aus der Tatsache, dass Eigenkapital als Verlustdeckungspotenzial zur Verfügung steht. Im Unterschied zu Eigenkapital bei KapG braucht zur Qualifikation als Eigenkapital das Kriterium der Dauerhaftigkeit der Mittelüberlassung beim Ekfm. nicht erfüllt zu sein, da dieser jederzeit Entnahmen vornehmen kann. Gleiches gilt für Personenhandelsgesellschaften, da Entnahmen zulasten des Eigenkapitals jederzeit von den Gesellschaftern beschlossen werden können.[1]

 

Rz. 81

Genussrechtskapital ist je nach Ausgestaltung entweder als Eigenkapital oder als Fremdkapital anzusetzen. Eine Qualifikation als Eigenkapital ist geboten, wenn nachfolgende Kriterien kumulativ erfüllt sind:[2]

  • Nachrangigkeit,
  • Erfolgsabhängigkeit der Vergütung sowie Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe und
  • Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung.

Da das letztgenannte Kriterium im Zeitablauf bei in Vorjahren als Eigenkapital qualifizierten Genussrechten nicht mehr zutrifft, sind derartige Genussrechte bei Näherrücken des Rückzahlungstermins in das Fremdkapital umzugliedern.

Darüber hinaus bestehen Sonderfragen bei Genussrechten, wie z. B. Agio-Emissionen, Wandel- oder Optionsgenussrechten.[3]

 

Rz. 82

Der Ausweis von Einlagen stiller Gesellschafter ist mangels gesetzlicher Regelung sowie der in der Praxis anzutreffenden Vielzahl von Ausgestaltungsvarianten nicht eindeutig geregelt. Die im steuerlichen Verständnis als atypisch stille Gesellschaft qualifizierten Einlagen werden in der Praxis häufig in einem Sonderposten nach dem Eigenkapital (Einlagen stiller Gesellschafter) ausgewiesen. Aber auch ein (gesonderter) Ausweis innerhalb des Eigenkapitals ist denkbar. Für die Zulässigkeit eines derartigen Ausweises ist entscheidend, ob die Einlagen des stillen Gesellschafters den für Genussrechtskapital entwickelten Tatbestandsvoraussetzungen für Eigenkapital entsprechen (Rz 81).[4] Bei den nach dem gesetzlichen Regelstatut von §§ 230ff. HGB errichteten stillen Gesellschaften, die steuerlich als sog. typische stille Gesellschaft qualifiziert werden, kommt nur ein Ausweis als Verbindlichkeit in Betracht. Zu weiteren Einzelheiten s. § 266 Rz 130.

Aufgrund der erheblichen Rechtsformunterschiede wird im Folgenden zunächst das Eigenkapital für Ekfl. und anschließend für PersonenhandelsGes betrachtet.

[1] Vgl. IDW RS HFA 7.14.
[2] Vgl. zu Einzelheiten St/HFA 1/1994, Abschn. 2.1.1.
[3] Vgl. Emmerich/Naumann, WPg 1994, S. 685.
[4] Vgl. Küting/Kessler, BB 1994, S. 2114.

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