Rz. 5

Das in Abs. 1 genannte Ausweiswahlrecht erweitert das in § 266 Abs. 3 Buchst. A HGB bzw. § 264c Abs. 2 HGB dargestellte Grundschema für die Eigenkapitalgliederung und erlaubt zusätzlich die Aufstellung der Bilanz unter Berücksichtigung der teilweisen oder vollständigen Ergebnisverwendung. Das bilanzierende Unt hat somit die folgenden drei Aufstellungsmöglichkeiten:[1]

  • vor Verwendung des Jahresergebnisses,
  • nach teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses und
  • nach vollständiger Verwendung des Jahresergebnisses.
 

Rz. 6

Das HGB selbst gibt keine Definition des Begriffs "Ergebnisverwendung". Die Ergebnisverwendung umfasst grds. alle Transaktionen, die finanzielle Vorteile für die Gesellschafter bringen oder die unmittelbar Nutzenvorteile der Ges. bedeuten. Typische Beispiele für Maßnahmen der Ergebnisverwendung sind die Gewinnausschüttungen an Gesellschafter, die Einstellung in und Auflösung von Gewinnrücklagen, die Auflösung der Kapitalrücklage sowie der i. d. R. aus diesen Maßnahmen resultierende Gewinnvortrag. Dazu zählen auch Gewinnausschüttungen, für die bereits vor der Aufstellung der Bilanz ein Gesellschafterbeschluss zur Ergebnisverwendung vorlag. Demnach handelt es sich um alle Maßnahmen, die vom Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag zum Bilanzgewinn/Bilanzverlust überleiten.[2] Strittig ist, ob Zahlungen einer Vorabdividende bei einer AG zur Gewinnverwendung gehören. Da die Vorabdividende sich auf den Bilanzgewinn des laufenden Gj bezieht, liegt eine Gewinnverwendung vor.[3]

Bei den hier zu erfassenden Maßnahmen muss es sich immer um Ergebnisverwendungen handeln, die bereits beschlossen wurden und bei der Aufstellung des Jahresabschlusses noch zu berücksichtigen sind. Bspw. erfüllt die Verwendung eines Bilanzgewinns dieses Kriterium nicht und ist somit keine Verwendung des Jahresergebnisses i. S. v. Abs. 1.[4] Auch die Ergebnisübernahme aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrags oder ähnlicher Regelungen in Satzung oder Gesellschaftsvertrag gehören nicht zur Ergebnisverwendung. Diese Ansprüche oder Verpflichtungen sind als Aufwand oder Ertrag zu buchen (§ 277 Abs. 3 Satz 2 HGB). Alle ergebnisabhängigen Beträge (z. B. Tantiemen, bestimmte Steuern) sind als Aufwand zu buchen und zählen somit zum Bereich der Ergebnisermittlung und nicht der Ergebnisverwendung.

 

Rz. 7

Die Ergebnisverwendung kann gem. § 275 Abs. 4 HGB auch in der GuV dargestellt werden, indem die Gliederung um entsprechende Posten erweitert und der "Jahresüberschuss" zum "Bilanzgewinn" übergeleitet wird. AG sind nach § 158 Abs. 1 AktG verpflichtet, eine Gewinnverwendungsrechnung in der GuV oder im Anhang abzubilden. Wenngleich § 275 Abs. 4 HGB und § 268 Abs. 1 HGB in ihrer Ausübung unabhängig voneinander sind, sollte in der Bilanz stets der Posten ausgewiesen werden, mit dem die GuV endet. Wenn in der Bilanz ein Bilanzgewinn ausgewiesen wird, sollte auch die GuV mit einem Bilanzgewinn enden. Wenn dennoch diesbzgl. Abweichungen in Bilanz und GuV auftreten sollten, ist ein Hinweis im Anhang zu empfehlen (§ 275 Rz 259).[5]

[1] Zur praktischen Verbreitung s. Kreipl/Lange/Müller in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar Erfahrungsbericht BilMoG, 2012, Rz 228 ff.
[2] Vgl. Knop/Zander, in Küting/Weber, HdR-E, § 268 HGB Rz 5, Stand: 10/2010; Reiner, in MünchKomm HGB, 4. Aufl. 2020, § 268 HGB Rz 3.
[3] Vgl. Eder, BB 1994, S. 1261; Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 268 HGB Rz 23, Stand: 3/2016.
[4] Vgl. BFH, Urteil v. 16.12.1998, II R 60/96, BStBl 1999 II S. 162, unter II.3; ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 268 HGB Rz 15.
[5] Vgl. Grottel/Waubke, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 268 HGB Rz 3.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge