Leitsatz

Der Erwerber von Wohnungs- oder Teileigentum haftet für eine nach dem Eigentumswechsel fällig werdende Sonderumlage, auch wenn deren Erhebung vor dem Eigentumswechsel beschlossen wurde. Die anteiligen Beiträge der Wohnungseigentümer zu einer Sonderumlage werden erst mit Abruf durch den Verwalter fällig.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 1, Abs. 5

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer beschließen am 28. August 2014 wie folgt:

    Tagesordnungspunkt (TOP) 2: Die dringenden Baumaßnahmen werden gemäß vorliegenden Unterlagen einstimmig beschlossen.

    Tagesordnungspunkt (TOP) 3: Eine Sonderumlage von 60.000 EUR wurde einstimmig beschlossen.

    B wird am 31. Oktober 2014 Teileigentümer. Der Verwalter fordert ihn im Dezember 2014 erfolglos zur Zahlung des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Anteils der Sonderumlage von 2.400 EUR auf. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K klagt daraufhin gegen B.

  2. Das Amtsgericht gibt der Klage statt. Das Landgericht weist die Berufung des B zurück. Erwerber von Wohnungseigentum hafteten für Beiträge aus Umlagebeschlüssen, die vor ihrem Eigentumserwerb gefasst worden seien, wenn die Beiträge erst nach dem Eigentumserwerb fällig werden würden. Die Sonderumlage sei gemäß § 28 Abs. 2 WEG aber erst mit ihrem Abruf durch den Verwalter fällig geworden, mithin nach dem Eigentumserwerb des B.
  3. Hiergegen richtet sich die Revision des B. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

B schulde anteilig die beschlossene Sonderumlage.

  1. Nach § 16 Abs. 2 sei jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Die Vorschrift sei auch dann anwendbar, wenn die Verpflichtungen aus einer Sonderumlage resultierten. K habe daher einen Anspruch gegen B auf Zahlung des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Anteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WEG) der Sonderumlage.
  2. Dem stehe nicht entgegen, dass die Sonderumlage vor der Eintragung des B als Teileigentümer in das Grundbuch beschlossen worden sei. Nach der Rechtsprechung des Senats habe der Wohnungseigentümer die "Beitragsvorschüsse" zu leisten, die während der Dauer seiner "Mitgliedschaft in der Eigentümergemeinschaft" aufgrund von wirksam beschlossenen Wirtschaftsplänen oder Sonderumlagen fällig werden würden ("Fälligkeitstheorie"). So hafte der Erwerber eines Wohnungseigentums für Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümer untereinander, die in der anteilmäßigen Verpflichtung zum Tragen der Lasten und Kosten (§ 16 Abs. 2 WEG) wurzelten, etwa auch dann, wenn es sich um Nachforderungen aus Abrechnungen für frühere Jahre handelt, sofern nur der Beschluss der, durch den die Nachforderungen begründet worden seien (§ 28 Abs. 5 WEG), erst nach dem Eigentumserwerb gefasst worden sei (Hinweis auf BGH v. 21.4.1988, V ZB 10/87, BGHZ 104 S. 197 und BGH v. 30.11.1995, V ZB 16/95, BGHZ 131 S. 228, 230). Für Verbindlichkeiten, die noch vor seinem Eigentumserwerb begründet worden und fällig geworden seien, hafte der Erwerber hingegen nicht (Hinweis auf BGH v. 18.5.1989, V ZB 14/88, BGHZ 107 S. 285, 288 und BGH v. 23.9.1999, V ZB 17/99, BGHZ 142 S. 290, 299).
  3. Offen gelassen habe der Senat bislang, ob der Erwerber auch Beitragsleistungen schulde, die noch vor dem Eigentumswechsel beschlossen, aber erst für einen danach liegenden Zeitpunkt fällig gestellt worden seien (Hinweis auf BGH v. 21.4.1988, V ZB 10/87, BGHZ 104 S. 197, 204). Diese Frage sei umstritten. In der Literatur stellten einige Stimmen in dieser Konstellation nicht auf die Fälligkeit der Beitragsleistung, sondern darauf ab, dass diese mit der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer entstehe und erfüllbar sei (Hinweis u.a. auf Becker, ZWE 2000, S. 162, 165). Die überxwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur wende hingegen die Fälligkeitstheorie an. Dies habe zur Folge, dass der Erwerber für die während seiner "Mitgliedschaft in der Gemeinschaft" fällig gewordenen "Beiträge" zu einer Sonderumlage unabhängig davon hafte, ob er zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Umlage schon "Mitglied der Gemeinschaft" gewesen sei (Hinweis u.a. auf Häublein in Staudinger, WEG. 2018, § 28 Rn. 202 ff. und Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 61).
  4. Der Senat entscheide die Streitfrage im Sinne der letztgenannten Ansicht. Die Sonderumlage sei eine Ergänzung des geltenden Wirtschaftsplans und könne als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung beschlossen werden, wenn die Ansätze des Wirtschaftsplans unrichtig gewesen oder durch neue Tatsachen überholt worden seien oder wenn der Wirtschaftsplan aus anderen Gründen nicht durchgeführt werden könne. Die Sonderumlage folge daher den für den Wirtschaftsplan geltenden Regeln. Dies rechtfertige es, die Sonderumlage nicht anders zu behandeln als andere nach dem Wirtschaftsplan von den Wohnungseigentümern zu erbringende Vorschüsse (§ 28 Abs. 2 WEG). Zwar handele es sich bei dem Hausgeld regelmäßig um monatlich wi...

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