Rz. 214

Im Wege der Interessenabwägung (vgl. dazu Rdn 53 ff.) ist zu ermitteln, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zugemutet werden kann. Die Lösung des Arbeitsverhältnisses muss in Abwägung der Interessen beider Parteien billigenswert und angemessen erscheinen. Nach der Rspr. des BAG[530] muss das Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Einzelfall dazu geeignet sein, einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung zu bestimmen. Bei der Abwägung sind die Intensität und Beharrlichkeit der Vertragsverletzung, frühere Pflichtwidrigkeiten des Arbeitnehmers sowie das Maß des Verschuldens von Bedeutung.[531] Abwägungsgesichtspunkte können auch betriebliche Beeinträchtigungen, wie z.B. Betriebsablaufstörungen, Vermögensschäden oder Rufschädigungen sein.[532] Auch ein etwaiges Mitverschulden des Arbeitgebers ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Dem Lebensalter kommt bei verhaltensbedingten Kündigungen nur eine untergeordnete Bedeutung zu.[533] Unerheblich sind Unterhaltspflichten.[534] Zu Gunsten des Arbeitnehmers kann sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit ohne Pflichtverletzungen auswirken.[535]  Kündigungsgründe, die dem Arbeitgeber bereits längere Zeit bekannt sind, verlieren an Gewicht.[536]

Bei einem öffentlichen Arbeitgeber kann auch der mit der Pflichtverletzung verbundene Ansehensverlust in der Öffentlichkeit bzw. die Gefahr eines Ansehensverlusts zu Lasten des Arbeitnehmers ins Gewicht fallen.[537]

[531] BAG v. 21.1.1999, AP Nr. 151 zu § 626 BGB.
[532] BAG v. 17.1.1991, AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969, Verhaltensbedingte Kündigung.
[533] BAG v. 5.4.2001, BB 2001, 2052.
[534] BAG v. 5.4.2001, BB 2001, 2052.
[535] BAG v. 2.3.1989, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 118; BAG v. 7.7.2011, NZA 2011, 1412.
[536] BAG v. 4.3.1980, EzA § 1 KSchG Tendenzbetrieb Nr. 8.

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