Rz. 2
§ 622 BGB gilt grds. für alle Arten von Arbeitsverhältnissen, auch für Teilzeit-, befristet und geringfügig Beschäftigte.
Auf Angestellte im Haushalt finden die nach Abs. 2 verlängerten Kündigungsfristen keine Anwendung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist ein Privathaushalt weder ein Unternehmen, noch ein Betrieb, da sein Zweck allein in der Befriedigung des Eigenbedarfs liege. Die unterschiedliche Behandlung gegenüber Arbeitnehmern in einem Betrieb sei angesichts der besonderen Nähe zur privaten Lebensführung des Arbeitgebers gerechtfertigt. Die Alternative – Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung für die Dauer der Kündigungsfrist – führe zu einer groben Äquivalenzstörung, welche dem Arbeitgeber nicht zumutbar sei. Angestellten im Haushalt kann daher auch nach langjähriger Beschäftigung stets mit der Grundkündigungsfrist nach Abs. 1 gekündigt werden. Wird einem Angestellten indes irrtümlich unter Wahrung der Fristen nach Abs. 2 gekündigt, kann sich der Arbeitgeber regelmäßig nicht darauf berufen, dass die verlängerten Kündigungsfristen keine Anwendung finden, da auch eine vorzeitige Kündigung grundsätzlich möglich ist. Dies soll nach einer Entscheidung des LAG Hamm selbst dann gelten, wenn der Arbeitgeber außerordentlich fristlos und nur hilfsweise fristgemäß kündigt und insoweit sein Wille erkennbar ist, das Arbeitsverhältnis möglichst zügig zu beenden.
Rz. 3
Für freie Dienstverträge gilt nicht § 622 BGB, sondern § 621 BGB. Der § 622 findet zudem keine analoge Anwendung auf Vorstandsmitglieder einer AG oder GmbH-Geschäftsführer. Dies gilt auch, wenn sie den wesentlichen Teil ihrer Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft stellen und nicht durch eine Mehrheitsbeteiligung an der Gesellschaft beherrschenden Einfluss ausüben. Das OLG Schleswig hat den Rechtsgedanken des Abs. 2 Ziff. 7 im Rahmen der Auslegung der §§ 138, 242 BGB im Falle von Arbeitsleistungen aufgrund einer Vereinsmitgliedschaft berücksichtigt.
Rz. 4
§ 622 BGB gilt für Kündigungen.
Einen Sonderfall stellt die auf einer sog. Turboklausel (auch Sprinterklausel genannt) beruhende Erklärung des Arbeitnehmers dar, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Im Falle langer Kündigungsfristen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Abwicklungsvertrag vereinbaren, dass sich der Arbeitnehmer vor dem eigentlichen Beendigungstermin einseitig von dem Arbeitsverhältnis lösen kann. Die ersparte Vergütung oder ein Teil derer wird dann regelmäßig als (zusätzliche) Abfindung an den Arbeitnehmer gezahlt. Dieses einseitige Loslösungsrecht ist nichts anderes als eine Kündigungserklärung, für die das Schriftformerfordernis des § 623 BGB gilt. § 622 BGB wird für diesen Fall richtigerweise teleologisch reduziert. Die Kündigungsfristen nach Abs. 1 und 2 greifen nicht, da die Vertragsparteien des dort vorgesehenen Schutzes nicht bedürfen (vgl. auch § 12 KSchG).
Rz. 5
Einige spezialgesetzliche Regelungen gehen § 622 BGB vor; die wichtigsten sind § 169 SGB IX (Mindestkündigungsfrist von 4 Wochen für Schwerbehinderte), § 19 BEEG (3-monatige Kündigungsfrist für Arbeitnehmer zum Ende der Elternzeit), die §§ 66 und 71 SeeArbG, § 22 BBiG (Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses) und § 113 InsO (Kündigung durch den Insolvenzverwalter).
Daneben verbieten zahlreiche Normen die ordentliche Kündigung (z. B. § 18 BEEG, § 58 Abs. 2 BImSchG i. V. m. § 60 Abs. 3 Satz 1 KrWG und § 5 PflegeZG) oder knüpfen an eine ordentliche Kündigung besondere Voraussetzungen (so vor allem § 1 KSchG).
Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt der ordentlichen Kündigung nach § 15 Abs. 3 TzBfG nur, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.