Rz. 107

Rechtsschutz gegen die Verweigerung des Grundrentenzuschlags wird regelmäßig über die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGG gewährleistet (in der Literatur wird nach Administrierung des Grundrentenzuschlags mit einem hohen Aufkommen von Widerspruchs- und Gerichtsverfahren gerechnet; vgl. stellv. Ruland, NZS 2021, 241).

 

Rz. 108

Einstweiliger Rechtsschutz gewährleistet das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Regelungsanordnung).

 

Rz. 109

Grundsätzlich kommt auch eine Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG in Betracht, wenn der betroffene Rentner einen unter Umständen rechtswidrig vorenthaltenen Grundrentenzuschlag durch eigenen Antrag erstreiten will. Angesichts der erheblichen Verwaltungsaufgaben zur Umsetzung der Grundrente bleibt abzuwarten, ob Versicherte einen Antrag stellen, wenn die Grundrente nicht – wie gesetzgeberisch versprochen – ab Mitte 2021 (für Neurentner) – bzw. bis Ende 2022 dann auch für Bestandsrenten – administriert wird. Das Verhältnis zwischen Entscheidung über den Grundrentenzuschlag von Amts wegen und Antragsrecht ist durch § 307g Satz 1 und Satz 2 näher umschrieben (vgl. auch SG Münster, Gerichtsbescheid v. 29.11.2021, S 14 R 659/21 zur Reichweite von § 307g und sein Verhältnis zur Untätigkeitsklage; bestätigt durch LSG NRW, Urteil v. 18.2.2022, L 14 R 127/22 (nicht veröffentlicht); vgl. hierzu auch die Komm. zu § 307g). § 307g Satz 1 regelt, dass ein Anspruch auf Prüfung des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nicht vor Ablauf des 31.12.2022 besteht und § 307g Satz 2 verpflichtet die Träger der Rentenversicherung i. S. einer gebundenen Ermessensentscheidung – Satz 2 ist als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet –, vorrangig die Ansprüche älterer Berechtigter zu prüfen und legt so ein sachliches Differenzierungsmerkmal gesetzlich fest. So soll sichergestellt werden, dass gerade Lebensältere möglichst zeitnah von dem Grundrentenzuschlag profitieren können (GRA der DRV zu § 76g SGB VI, Stand: 25.1.2022, Anm. 8). Der Gesetzgeber trägt mit der Regelung den erheblichen Umsetzungsproblemen bei der Administrierung der Grundrente Rechnung. Die Rente und damit der Grundrentenzuschlag wird im Falle der Berechtigung von Amts wegen, also ohne Antragstellung, erfolgen. Der nach § 307g Satz 1 angeordnete Aufschub eines Anspruchs auf die Zeit nach dem 31.12.2022 gilt dennoch im Übrigen sowohl für die von Amts wegen administrierten Grundrentenbescheide, als auch für Versicherte, die den Grundrentenzuschlag aufgrund eines Antrags erstreiten wollen. Für die Ermittlung der Grundrentenberechtigten muss die Rentenversicherung allerdings insgesamt rund 26 Mio. Bestandsrenten überprüfen. Dazu müssen die Versicherungsverläufe dieser Renten teilweise neu aufbereitet sowie Daten zur Einkommensanrechnung von der Finanzverwaltung oder den Betroffenen angefordert und ausgewertet werden. Der damit verbundene Aufwand erfordert eine gestaffelte Abarbeitung des Rentenbestandes, voraussichtlich wird dies bis Ende 2022 andauern (so die ausdrücklichen gesetzgeberischen Erwägungen, vgl. BT-Drs. 19/20711 S. 33). Bis zum 31.12.2022 besteht daher kein durchsetzbarer Anspruch auf Grundrentenzuschlag.

Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung in dieser Übergangsphase bis 31.12.2022, bis die Rentenversicherungsträger den Grundrentenzuschlag umgesetzt haben wird, das prozessuale Instrument der Untätigkeitsklage handhaben. Die gesetzgeberischen Überlegungen sprechen schon dafür, eine entsprechende (Untätigkeits-)Klage bereits als unzulässig zu verwerfen; jedenfalls ist ein auf die Zuerkennung gerichtetes Begehren auf Grundrentenzuschlag, das im Wege des Antrags noch vor Ablauf des 31.12.2022 geltend gemacht wird, gemäß § 307g Satz 1 unbegründet. Falls allerdings der Grundrentenzuschlag bis 31.12.2022 noch nicht vollständig durch die Rentenversicherungsträger umgesetzt ist, spricht vieles dafür, dass ein auch im Wege des Antrags geltend gemachter Anspruch auf Grundrentenzuschlag jedenfalls im Wege der Untätigkeitsklage nicht unzulässig ist, da es grundsätzlich Aufgabe der Verwaltung ist, personelle, administrative und finanzielle Ressourcen für die Administrierung von Gesetzen vorzuhalten. Daher wird grundsätzlich auch bei Grundrentenzuschlägen nach 31.12.2022 eine Untätigkeitsklage nach Ablauf von 6 Monaten in Betracht kommen.

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