Mobilitätskonzepte: Wichtige Bausteine in der Stadtplanung

Mobilität beginnt an der Haustür: Noch immer werden die meisten Wege mit dem privaten Pkw zurückgelegt. Durch die steigende Umweltbelastung wächst das Interesse, insbesondere in Wohnquartieren ausreichende und vor allem attraktive Alternativen zu schaffen. Hier ist auch die Wohnungswirtschaft gefragt.

Die Mieten in den Städten und Ballungsgebieten steigen. Ganze Bevölkerungsgruppen können sich urbanes Wohnen kaum noch leisten. Sie müssen, wenn sie an lukrativen stadtnahen Arbeitsplätzen interessiert sind, pendeln. Das wiederum setzt eine Kette in Gang: Teure Mieten – mehr Pendler – höhere Verkehrsdichte – mehr Platz für Verkehrsflächen – weniger Platz für Wohnungen – teure Mieten. Betrachtet man den aktuellen Personenverkehrsmix, wird sich daran so schnell auch nichts ändern: Zirka 80 Prozent aller Bürger sind aktuell mit dem eigenen Pkw unterwegs, acht Prozent mit der Bahn, 6,6 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) und 5,6 Prozent mit dem Flugzeug.

Eine Lösung wäre die Digitalisierung der Arbeitsprozesse, die das Pendeln überflüssig machen, etwa durch Homeoffices oder Workspaces an Orten in der Nähe des Wohnortes. Eine andere Lösung: Das Auto muss als Verkehrs- und Pendelmittel Nummer eins abgelöst werden. In Frage käme der ÖPNV, der aber in manchen Städten wie beispielsweise Frankfurt am Main oder Stuttgart schon stark strapaziert ist. Möglich wäre auch ein Mix aus verschiedenen Mobilitätslösungen, angefangen beim zu Fuß gehen über das Radfahren bis hin zu elektrischen Tretrollern, deren Zulassung im Straßenverkehr gerade diskutiert wird, oder Carsharing.

Digitalisierung ermöglicht eine Kombinationen der Verkehrsmittel

Aufgrund der Digitalisierung sind die verschiedenen Fortbewegungsmöglichkeiten gut unter einen Hut zu bringen. Das beginnt mit am ÖPNV orientierten Lösungen wie "easyGo", ein Modell, das von den Verkehrsverbünden in Leipzig und Bonn eingesetzt wird und alle Angebote des Nahverkehrs, auch das zu Fuß gehen, vereint. "mainguide" in Frankfurt und "switchh" in Hamburg vernetzen diese Optionen noch mit (Leih-)Autos und Fahrrädern.

Andere Apps, wie die von Daimler entwickelte "Moovel" gehen noch weiter. Sie zählen dem Nutzer alle gängigen Verkehrsmittel auf. Ähnlich funktioniert "Qixxit" von der Deutschen Bahn: Sie integriert 15 Verkehrsmittel inklusive Züge und Flüge sowie Mitfahrgelegenheiten und vergleicht diese Kombinationen hinsichtlich Reisezeiten und Kosten gegenüber der reinen Autonutzung. "Go Euro", von einem Startup in Berlin entwickelt, dehnt dieses Prinzip international aus. Einziges Manko hier: Der Vergleich von Fernreisezielen ist zwar gut, doch die Mobilität innerhalb der Städte wurde nur rudimentär berücksichtigt. Auch "From A to B" konzentriert sich ähnlich wie "Go Euro" auf mittlere und längere Strecken mit Schwerpunkt Deutschland und Italien.

Eine solche Kombination aller Alternativen neben dem motorisierten Individualverkehr (MIV), wie der eigene Pkw von Statistikern genannt wird, bezeichnet man auch als Umweltverbund.

„Man muss die Mieter vom eigenen Pkw entwöhnen.“ Oliver Leicht, Verkehrskonzept Franklin

Doch was kann die Wohnungswirtschaft dafür tun? Sie kann etwa Mietern Alternativen zum eigenen Pkw und eigene Mobilitätsangebote anbieten. Das jedenfalls meint Oliver Leicht, der in Deutschlands größtem Konversionsprojekt Franklin in Mannheim für ein auf E-Mobilität basierendes Verkehrskonzept betreut.

Franklin-Quartier: Flatrate für Quartiers-Mobilität

Dafür stehen E-Autos, E-Bikes und E-Roller zur Verfügung. Jede Wohnung zahlt für die Nutzung eine Flatrate von 39 Euro im Monat. Das entspricht etwa den Kosten eines Stellplatzes für den eigenen Pkw.

Alle Bestellungen der Fahrzeuge werden von einer Mobilitätszentrale koordiniert, Überschneidungen weitgehend vermieden. Der Strom für die Fahrzeuge kommt von einer 400 Quadratmeter großen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Zentrale. Die Stellplatzquote wurde auf 0,8 abgesenkt. So blieb mehr Platz für die Bebauung mit Wohnungen. Damit sich das Projekt rentiert, muss fast jeder dritte Bewohner das Angebot nutzen, rechnet Leicht. Für E-Mobilisten mit eigenem Fahrzeug gibt es aber auch Lademöglichkeiten.

Solche Lösungen sind politisch gewollt und finden auch in anderen Städten starken Anklang. So will etwa Frankfurt am Main die Zahl der individualmotorisierten Pendler – immerhin rund 300.000 jeden Tag – drastisch reduzieren. Dort setzt man stattdessen auf eine smarte E-Mobilitäts-Strategie, die den Bau von Ladesäulen vorsieht, aber auch die Kombination von E-Mobilität und Fahrrad. Berlin versucht mit seiner Smart City-Strategie ähnliches.