Grand Central Düsseldorf: E-autogerecht und doch autofrei

Wenn für Quartiere eigene (E-)Mobilitätskonzepte entwickelt werden, lassen sie sich autoarm, ja fast autofrei planen und umsetzen. Wie so eine Siedlung aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus Düsseldorf. Dort baut der Projektentwickler Catella das Viertel Grand Central.

Ein großer Hebel bei der Planung (nahezu) autofreier Viertel ist etwa der von der Kommune für solche Quartiere heruntergesetzte Stellplatzschlüssel. Der beträgt in solchen Fällen nicht mehr einen oder mehr je Wohneinheit, sondern deutlich weniger. Das wiederum schafft Platz für gestalterische Möglichkeiten und damit für eine lebenswertere, attraktivere und besser vermarktbare Umwelt. Oder aber auch mehr Platz für Wohn- und Geschäftsräume und damit für eine höhere Rendite.

Ein Beispiel für die Entwicklung eines solchen Projekts ist derzeit in Düsseldorf zu sehen. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt baut Catella derzeit das Viertel Grand Central direkt zwischen Hauptbahnhof und der weltberühmten Einkaufsstraße "Kö". Hier wird auf 140.000 Quadratmetern alles angesiedelt, was ein lebendiges Quartier ausmacht: 1.062 Wohnungen, ein Hotel mit Gastronomie, Kitas, Arbeitsplätze, Kultur- und Freizeitstätten sowie Shopping-Gelegenheiten. Gesamtinvestition: eine halbe Milliarde Euro.

Autos werden in den Untergrund verbannt

Autos sind in dem Viertel – zumindest oberirdisch – Fehlanzeige. Möglich macht das ein Mobilitätskonzept, das unterirdische Wege vorsieht. Oberhalb, im grünen Viertel, ist nur Spazierengehen, Fahrrad- und Rollerfahren erlaubt. Fahrstühle sorgen für eine schnelle Verbindung nach unten, wo die Autos der Bewohner oder Mitarbeiter stehen. Logistisch ist das eine Herausforderung: Fast täglich muss Müll entsorgt werden oder Paketdienste wollen Fracht zustellen.

Für die Bewohner gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich fortzubewegen. Dazu gehören E-Autos, Roller, Fahr- und Lastenräder, aber auch elektrische Rollstühle. Für die E-Mobile stehen zwei Schnellladesäulen mit 110 kW zur Verfügung. Damit können etwa E-Autos des Herstellers Tesla geladen werden. Jeder fünfte der 1.034 Stellplätze wird vorverkabelt, sodass hier normale Ladesäulen von sieben bis elf kW installiert werden können. Das reicht aus, um potenziell alle Stellplätze mit Ladeeinrichtungen zu versorgen.

Mobilität und Quartier werden per App gesteuert

Klar, dass eine solche Innovation nicht nur auf die Mobilität beschränkt ist. Alle Gebäude und Wohnungen erfüllen die neuesten Standards der Energieeinsparung, etwa durch das Nutzen von Sonnenenergie bei der Einstrahlung über großflächige Fenster oder sparsame Fußbodenheizungen. Bezugsfertig sind die Wohnungen ab dem Jahr 2020.

Dann können die Bewohner auch das innovative Verkehrskonzept nutzen. Für dessen Nutzung entwickelte der Projektentwickler eine Quartiers-App, die neben einem Sharingkonzept für Autos und Fahrräder auch Lösungen für Post und Pakete sowie Vermietungsstrategien für die gewerblichen Flächen abbildet.

Interview mit Klaus Franken, Projektmanager des Grand Central Quartiers

Herr Franken, wie starten Sie mit Ihrem Mobilitätskonzept?

Franken: Es werden zunächst an vier Stellen Räume dafür vorgehalten: An drei Stationen sind Sharingangebote für Autos, Roller und Fahrräder vorgesehen – einsehbar und zugänglich vom öffentlichen Straßenraum – und eine Station vor dem Supermarkt zusätzlich mit Lastenfahrrädern. Die genaue Fahrzeuganzahl ist noch nicht festgelegt, aber eines ist heute schon sicher: Eine Prognose zur erforderlichen Anzahl wäre garantiert falsch. Die Änderung des Mobilitätsverhaltens ist sehr dynamisch und wir gehen davon aus, dass mit der Schaffung alternativer Mobilitätsangebote die Nachfrage weiter steigen wird. In welchem Ausmaß und wie schnell ist allerdings nicht wirklich abschätzbar. Deshalb haben wir neben den am Straßenrand sichtbaren Mobilitätsstationen die Option, zusätzliche Fahrzeuge im Rahmen der etwa 1.000 Stellplätze in Parkhaus und Tiefgarage später zu ergänzen.

Wie informieren Sie Mietinteressenten über dieses Konzept?

Das Mobilitätskonzept ist rein angebotsbasiert. Man kann es nutzen, muss aber nicht. Die 1.000 Stellplätze reichen absehbar für die klassische Nachfrage von Nutzern mit dem eigenen Pkw. Allerdings gehen wir davon aus, dass der private Pkw, in jedem Fall aber der Zweitwagen, in Zukunft eine immer geringere Rolle spielen wird, weshalb wir die Grenze zwischen den privaten und nur den Bewohnern zugänglichen sowie den öffentlichen Parkbereichen flexibel ausgestalten. Verändert sich die Verteilung, können wir entsprechend reagieren. Vorbehalte gegen die modernen Mobilitätsangebote haben wir bislang nicht erfahren. Wie gesagt, es wird ja nichts verboten – es kommen nur Angebote dazu. Vorbehalte bezüglich der E-Mobilität werden oft auf die Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten geäußert. Durch die Vorrüstung der Stellplätze können wir jedoch eine flächendeckende Versorgung anbieten.

Wie werden die Wünsche der Bewohner erfüllt?

Die Quartiers-App soll das Angebot einfach und schnell aufzeigen. Ein Blick morgens auf das Smartphone soll zeigen, welche Optionen ich habe – je nach verfügbarem Verkehrsträger werden Fahrzeit und Kosten angezeigt. Wenn die Wettervorhersage ankündigt, dass es nachmittags regnen wird, sollte man lieber die Bahn für die Fahrt zur Arbeit anstelle des Fahrrades nehmen.