E-Mobilität und Wohnungswirtschaft: Wie passt das zusammen?

Langsam aber sicher halten E-Autos und -Bikes immer mehr Einzug in den Alltag der Menschen. Auch und insbesondere im Wohnumfeld ist es daher wichtig, entsprechende Angebote zu schaffen. Die Wohnungswirtschaft setzt hier an und gestaltet ganze Quartiere unter Einbezug intelligenter Mobilitätskonzepte.

Gerade in den Städten wird sich die E-Mobilität schneller durchsetzen, als Viele sich das vorstellen können. Die Abgasdiskussion – erst im April wurden die Dieselfahrverbote in Stuttgart ausgeweitet – sowie für Cityrouten komfortable Reichweiten sorgen ebenso dafür wie ständig sinkende Preise für die E-Autos.

Die Wohnungswirtschaft wäre also gerade in Ballungszentren mit hochverdichtetem Wohnraum gut beraten, diese Chance zu nutzen. Dabei geht es jedoch nicht um einen reinen Umstieg von Verbrenner auf E-Motor, sondern um neue intelligente Mobilitätskonzepte, in denen das E-Auto eine Komponente von vielen ist und die idealerweise von der Wohnungswirtschaft für ihre Kunden, Mieter und Bewohner entwickelt werden. Denn wer kennt die Mieter und Nutzer von Mobilitätsangeboten besser als die Wohnungsunternehmen?

Kooperationen für nachhaltige Mobilität

Wie so etwas funktionieren kann, wurde im ersten Kapitel am Beispiel des Franklin-Quartiers in Mannheim beschrieben. Doch es gibt noch weitere Beispiele. In Augsburg etwa kooperiert der Projektentwickler Aurelis beim neuen Viertel "Alte Ladehöfe" mit den Stadtwerken Augsburg für eine effiziente und nachhaltige Mobilität der Bewohner. In Darmstadt arbeiten bei der Lincoln-Siedlung, in der die Nassauische Heimstätte / Wohnstadt baut, die BVD New Living GmbH & Co. KG, eine Tochter der Bauverein AG, mit den Energiedienstleistern HEAG und Entega zusammen. Und der Neckarpark in Stuttgart bietet den Bewohnern durchdachte E-Mobilität, die von der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), der DIBAG sowie den Energiediensten der Landeshauptstadt Stuttgart GmbH (EDS), einer Stadtwerke-Tochter, konzipiert und umgesetzt wurde.

Die Volkswagen Immobilien GmbH entwickelt am Stammsitz des Konzerns in Wolfsburg gerade mit den Steimker Gärten ein ähnliches Modell. Eingebunden werden hier auch autonomes Fahren und intelligente Leitsysteme. Im Kölner Quartier Stellwerk 60 hingegen verzichtet man komplett auf Autostellplätze. Wer einen benötigt, muss es auf Stellplätzen außerhalb des Quartiers versuchen. Im Quartier selbst können hingegen E-Bikes oder Lastenräder gemietet werden.

Das Projekt "Wohnen leitet Mobilität" des VCD Nord widmet sich solchen Lösungen und fördert in fünf Modellregionen in ganz Deutschland Vorhaben, in denen E-Mobilität, ÖPNV, Fahrrad und Wohnquartier von Anfang an bedacht werden.

E-Auto nur ein Puzzleteil in der Mobilität

Es geht also um verschiedene Puzzleteile, die das eigene Mobilitätskonzept für das übergeordnete eines Verkehrsverbundes passend anlegen. So kann etwa auf eine eigene Fahrrad- oder E-Bike-Flotte verzichtet werden, wenn das schon im Mobilitätsbereich angeboten wird. Das gleiche gilt für Carsharing-Angebote mit E-Autos oder Mitfahrdiensten wie "CleverShuttle" oder "Moia", die ausschließlich auf E-Mobilität setzen. Auch inkludierte Tickets für die Verkehrsverbünde sind wünschenswert. Hier sind Kooperationen gefragt, nicht der Aufbau einer zweiten, eventuell überflüssigen und sich dadurch nicht rechnenden Infrastruktur.

"E-Mobilität ist als integraler Baustein und neues Geschäftsmodell für das Wohnen von morgen zu verstehen, nicht nur als Kostentreiber." Steffen Braun, Direktor, Leitung Forschungsbereich 'Urbane Systeme', Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart 

Wichtig ist auch, dass die Mehrheit der Bewohner das Angebot akzeptiert. Deswegen sollten Interessenten von vornherein über die Mobilitätsstrategie aufgeklärt werden. Damit diese Akzeptanz erreicht werden kann, muss jeder Bewohner eines solchen Quartiers auch über die Mobilitätslösung verfügen können, die er benötigt. Bei der Fahrt zur nächsten S-Bahn-Haltestelle kann das das Fahrrad sein, bei der Fahrt zum Baumarkt vielleicht ein Kombi oder ein elektrisch getriebenes Lastenfahrrad.

In Neubaugebieten ist diese Akzeptanz vermutlich leichter zu erreichen. Hier können die zukünftigen Bewohner von Anfang an in die Planung der Konzepte einbezogen werden, etwa durch Befragungen oder bei Foren, auf denen Fragen gestellt und Vorstellungen geäußert werden können. Werden solche Kommunikationsmittel angeboten, sollten die dort gewonnenen Inhalte aber auch ernst genommen werden. Sonst gelten sie schnell nur als Alibiveranstaltung.

Nachhaltige E-Mobilität durch eigenen Strom

Wünschenswert wäre auch ein nennenswerter Anteil an nachhaltig und eigenerzeugtem Strom im Quartier. Denn nur so kann die Nutzung des Stommixes, bei dem der Umweltvorteil der E-Mobilität stark schrumpft, vermieden oder minimiert werden. Geeignet hierfür sind vor allem Blockheizkraftwerke, die etwa mit Bioerdgas oder Biomasse betrieben werden, oder Photovoltaik-Anlagen.

Schließlich sind da noch die Kosten für die Nutzung der E-Mobilitätsangebote. Im Idealfall übersteigen sie nicht die Kosten für den eigenen Pkw. Sie müssen detailliert und über den reinen Spritverbrauch hinaus dargestellt werden, inklusive Stellplatz und tatsächlichen Betriebs- und Versicherungskosten. Dies kann nur gewährleistet werden, wenn von vornherein klar ist, wie die Stromerzeugung erfolgen soll, wie viele Mobile benötigt werden und wie viele Mieter diese nutzen müssten, um das Modell wirtschaftlich sinnvoll zu machen.