E-Mobilität und Ladesäulen: Die Henne und das Ei

Die E-Mobilität hat gegenüber Lösungen mit flüssigen oder gasförmigen Treibstoffen einen Nachteil: Für sie muss erst eine komplett neue Infrastruktur geschaffen werden, eben die Ladesäulen. Die Wohnungswirtschaft ist gut beraten, sich daran zu beteiligen.

Neben der meistens als ungenügend empfundenen Reichweite, ist die Infrastruktur eines der grundlegenden Probleme: Ohne flächendeckendes Netz an Ladesäulen werden Kunden nicht auf die E-Mobilität umsteigen. Also muss ein Ladesäulennetz her. Derzeit sind es in Deutschland rund 17.400 Ladesäulen, an denen rund 40.000 E-Mobile tanken können. Zwölf Prozent sind Schnellladesäulen. Das Gros, mehr als 75 Prozent, wird von Energieversorgern betrieben.

Es gibt rund 14.300 Tankstellen, jedoch immer mit mehreren Zapfsäulen. Während die Verweildauer beim Tanken flüssiger oder gasförmiger Kraftstoffe auf nur wenige Minuten begrenzt ist, dauert das Laden von Strom je nach Leistung der Batterie und Art der Ladesäule im Minimum eine halbe Stunde (Schnellladesäule) oder aber bis zu vier Stunden (Normalladesäule). Es werden also deutlich mehr Ladesäulen benötigt. Das hat auch die Bundesregierung begriffen und stellt genau dafür 300 Millionen Euro zur Verfügung. Doch verglichen mit den zu erwartenden Investitionen ist das nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Gerade einmal 8.000 Schnellladesäulen und 13.300 Normalladesäulen könnte man davon errichten. Zusammen mit den schon vorhandenen Ladesäulen könnte man damit eine Million E-Mobile versorgen. Mehr aber auch nicht.

"Um das Klimaziel 2030 im Verkehrssektor zu erfüllen, müssten sieben bis zehn Millionen E-Autos auf die Straße gebracht werden. Dafür brauchen wir an allen Stellen mehr Tempo." Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung

Das ist nicht der einzige Mangel. Eine Ladesäule braucht Strom. Gerade in innerstädtischen Wohnquartieren kann man nicht einfach ein paar Ladesäulen vor die Wohngebäude der Mieter stellen. Das Netz würde schnell zusammenbrechen.

Eine "normale" Stromleitung verträgt nur fünf Ladesäulen

Als Faustregel kann gelten, dass eine "normale" Stromleitung rund fünf Ladesäulen versorgen kann. Ein Wohnblock mit 20 Mietparteien wäre also noch zu versorgen, wenn nur fünf Parteien ein E-Mobil hätten. Bei größeren Einheiten bedarf es neuer Stromleitungen mit den entsprechenden Absicherungen – geht man davon aus, dass E-Mobilität sich durchsetzen wird.

Doch das kostet. Der sogenannte Niederspannungshauptanschluss (NSHV) kann bei einer Neuinstallation rund 100.000 Euro verschlingen – eine Summe, die über die Ladeinfrastruktur wieder eingespielt werden müsste. Und die Ladesäulen selbst sind auch finanziell zu bewerten: Ladesäule ist nicht gleich Ladesäule.

Die einfachen, an der Hauswand anzubringenden Wallboxen arbeiten mit Haushaltstrom und sind eigentlich eine Lösung für Eigenheime, sie können unter bestimmten Bedingungen aber auch bei kleineren Wohnblocks in Frage kommen. Dann gibt es die erwähnten Normalladesäulen, wie sie häufig in der Stadt anzutreffen sind, und die Schnelladesäulen, wie sie etwa an Autobahnen von E-Mobilitätshersteller Tesla installiert werden.

"Der Benefit muss auch bei Ladesäulenprojekten für Immobilien die Kosten übersteigen." Andreas Langer, Power & Utilities bei Deloitte

Eine Übersicht verschiedener Arten von Ladesäulen

 Smarte Ladebox Normalladesäule Schnellladesäule 
Spannungstyp ACACDC
Ladeleistung > 3,7 kW 11 oder 22 kW50 kW
Ladedauer

8 bis 14 Stunden bei Haushaltssteckdose

2 bis 6 Stunden bei Wallbox
2 bis 4 Stunden0,5 bis 1 Stunden
Hardware 700 Euro2.500 Euro15.000 Euro
Netzanschlusskosten1.000 Euro2.000 Euro5.000 Euro

Genehmigung/Planung /Standortbestimmung 

500 Euro1.000 Euro1.500 Euro
Baukosten 2.700 Euro2.000 Euro3.500 Euro
Investitionskosten (CAPEX) 2.700 Euro7.500 Euro25.000 Euro
Investitionsausgaben pro Jahr (OPEX) 500 Euro750 Euro1.500 Euro

Quelle: Deloitte, E-Mobility – Ladeinfrastruktur als Geschäftsfeld, Seite 5, Stand 3/2018 sowie zu den Ladezeiten autoscout24, Stand 04/2019

Diese Ladesäulen unterscheiden sich zudem noch nach Wechselstrom (AC), der meist für kleinere Leistungen genutzt wird, und Gleichstrom (DC), wie er für die Schnellladesäulen genutzt wird. Auch beim Steckertyp finden sich Unterschiede. Während etwa in Asien der CHAdeMO-Standard genutzt wird (der sich mitunter auch an deutschen E-Tankstellen für Fahrzeuge aus Japan und Südkorea findet), ist es hierzulande ein Stecker vom sogenannten Typ 2, nach dem Hersteller auch Mennekes-Stecker genannt. Hinzu kommen die Schnelladesysteme, die wiederum eigenen Steckersysteme haben.

Patentfrei E-Auto-Strom aus der Laterne?

Für innerstädtische Quartiere gibt es noch eine weitere öffentliche Lösung. Forscher der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) in Leipzig entwickelten ein Ladesystem, das den Strom von Straßenlaternen nutzt, diesen mittels Generator "aufwertet" und das über ein Touchpad, RFID-Card, SMS-TAN oder per App bedient werden kann. Das System ist patentfrei und kann bundesweit auch von Städten oder Wohnungsunternehmen genutzt werden, wenn sich diese mit der Stadt absprechen. 


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