Recht auf Mietminderung bei Schimmelbildung

Schimmel ist in vielen Wohnungen ein Problem. Betroffen sind meistens Bäder, aber auch Wohn- und Schlafzimmer. Über die Ursachen gibt es oft Streit. Ebenso wie darüber, wer Schuld ist und ob gegebenenfalls der Vermieter eine Mietminderung hinnehmen muss.

Schätzungsweise ein Fünftel der deutschen Haushalte kämpfen einer Studie zufolge mit Schimmel, erklärte der Deutsche Mieterbund vor Kurzem. Grundsätzlich gilt: Schimmel ist ein Mangel, über den der Vermieter vom Mieter informiert werden muss.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, WuM 2005, 5) obliegt dem Vermieter der Beweis, dass der Schimmel nicht auf bauseitige Ursachen zurück zu führen ist. Ob der Mangel baubedingt ist, kann oft nur ein Sachverständiger klären: Kommt die Feuchtigkeit von außen, zum Beispiel durch undichte Stellen im Mauerwerk oder im Dach, oder liegt gar ein verdeckter Wasserrohrbruch vor? Auch eine schlechte Wärmedämmung oder Wärmebrücken durch Isoliermängel könnten Ursache für Schimmel sein.

Schimmel: Gewährleistungspflicht des Vermieters

Auch der Mieter hat Pflichten. Er muss richtig heizen und lüften, um Schimmel zu verhindern. Nach Ansicht des LG Berlin (Urteil v. 15.4.2016, Az. 65 S 400/15) befreit die Übergabe eines Merkblattes zum richtigen Heizen und Lüften der Wohnung beim Mietvertragsabschluss den Vermieter aber nicht von seiner Verantwortung und seinen Gewährleistungspflichten für Schimmel und ähnliche Schäden.

Verfügt etwa eine Wohnung über moderne Fenster, die dicht schließen, muss der Vermieter Vorkehrungen gegen die mögliche Schimmelbildung treffen, merkte das LG Gießen (Urteil v. 2.4.2014, Az. 1 S 199/13) an. Sei ein besonderes Lüftungsverhalten erforderlich, müsse er die Mieter darauf hinweisen. Dabei kommt es darauf an, ob dem Mieter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs das Lüftungsverhalten zumutbar ist (vgl. LG Hamburg, Urteil v. 29.08.1997, Az. 311 S 88/96).

Wer hat Schuld an der Schimmelbildung

Auch muss erst eindeutig geklärt sein, dass kein Baumangel vorliegt, bevor sich die Frage stellt, ob ein Mieter zu wenig geheizt und gelüftet hat. Bei Raumtemperaturen von 20 bis 22 Grad Celsius und mehrfacher Stoßlüftung (Durchzug) hat der Mieter seine Pflicht in der Regel erfüllt und es liegt am Vermieter, den Mangel zu beseitigen.

Das gilt auch dann, wenn ein Gutachter feststellt, dass eine nachts geschlossene Schlafzimmertür mitursächlich für die Feuchtigkeitsschäden gewesen sei, entschied das LG Bochum (Urteil v. 19.7.2016, Az. 11 S 33/16): Das Offenhalten der Schlafzimmertür während der Nacht stellt dem Gericht zufolge "kein übliches, von einem durchschnittlichen Mieter zu erwartendes Lüftungsverhalten" dar. Vielmehr erfolge die Lüftung in der Regel über die Fenster, was dem durchschnittlichen Mieter bekannt sei.

Erst wenn der Vermieter den Beweis geführt hat, seine Pflichten erfüllt zu habe, muss der Mieter beweisen, dass der Schimmel nicht durch sein vertragswidriges Heiz- und Lüftungsverhalten entstanden ist (LG Bonn, Urteil v. 13.9.2012, Az. 6 S 69/12).

Wie oft der Mieter zur Vorbeugung von Schimmel lüften muss

In einem anderen Fall stellte ein Sachverständiger fest, dass der Schimmel "seine Ursache in der Dampfdiffusion und nicht durch von außen eindringende Feuchte" habe. Die Dampfdiffusion sei durch das Verhalten des Mieter entstanden. Dieser habe nicht ausreichend gelüftet. Eine Mietminderung lehnte das OLG Frankfurt am Main (Urteil v. 11.2.2009, Az. 19 U 7/99) ab. Morgens zweimal Stoßlüften und abends einmal Querlüften sei zumutbar, so die Richter.

Hinsichtlich des Lüftungsverhaltens dürfte höchstens eine dreimalige tägliche Lüftung von Mietern gefordert werden können. In der Rechtsprechung zum Beispiel hat das AG Berlin-Mitte (Urteil v. 28.5.2009, Az. 12 C 234/05) es für einen Mangel der Mietsache gehalten, wenn der Mieter zur Vermeidung von Schimmelbildung täglich sechs Mal lüften muss. Das LG Hagen (Beschluss v. 19.7.2012, Az. 1 S 53/12) hat ein vier- oder fünfmaliges Lüften für zumutbar gehalten. In dem entschiedenen Fall waren allerdings die Bewohner durchgängig anwesend.

Mietminderung bei bestehendem Schimmel

Ist die Frage geklärt, dass der Vermieter eine Verantwortung trägt, wird im Einzelfall geprüft, wie viel Miete einbehalten werden kann. In einem vom LG Hamburg entschiedenen Fall war die Decke des Wohnzimmers einer Mietwohnung von Schimmel befallen. Nach Einholung eines Gutachtens stand fest, dass zudem die Raumluft davon betroffen war. Das LG Hamburg (Urteil v. 31.1.2008, Az. 307 S 144/07) ließ hier eine Minderung von 50 Prozent bei einem großen Wohnzimmer (60 Prozent des gesamten Wohnraums) zu.

Schimmelbildung durch Einbauschrank ohne Rückwand: Keine Mietminderung

Beim Einbau eines Einbauschranks ohne Rückwand, der nicht mit einem handelsüblichen Schrank vergleichbar ist, muss nach Auffassung des LG Kiel (Urteil v. 27.1.2012, Az. 1 S 102/11) der Mieter die Schimmelbildung verantworten.

Schimmelgefahr allein rechtfertigt keine Mietminderung

Die bloße Gefahr, dass in einer Wohnung aufgrund einer bei Errichtung üblichen, aber heute nicht mehr zeitgemäßen Bausubstanz Schimmel auftreten kann, stellt keinen Mangel dar, der zu einer Mietminderung berechtigt. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesgerichtshof.

Je nach Baujahr: Wärmebrücken kein Mangel der Mietsache

Die Mieter zweier Wohnungen bemängelten, aufgrund der Bauweise der Wohnungen gebe es Wärmebrücken. Deshalb bestehe an den Außenwänden in den Monaten Oktober bis März die Gefahr der Schimmelbildung. Der BGH (Urteile v. 5.12.2018, Az. VIII ZR 271/17 und Az.: VIII ZR 67/18) lehnte eine Mietminderung mit der Begründung ab, Wärmebrücken in den Außenwänden seien kein Sachmangel einer Mietwohnung, wenn dieser Zustand mit den Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang stehe, die beim Bau des Gebäudes gegolten haben, was hier der Fall war. 1968 beziehungsweise 1971 war eine Wärmedämmung noch nicht vorgeschrieben.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Mietminderung, Schimmel