BGH: Streit über Sondereigentum ist keine WEG-Sache

Streiten Wohnungseigentümer über den Inhalt des Sondereigentums oder Ansprüche daraus, ist dies keine WEG-Sache, sondern eine allgemeine Zivilsache.

Hintergrund

Zwei Wohnungseigentümer streiten über die Herausgabe einer Kellerfläche.

Der beklagte Eigentümer beansprucht die Fläche für sich und gewährt dem klagenden Eigentümer keinen Zugang. Der klagende Eigentümer meint, die umstrittene Fläche sei ihm in der Teilungserklärung mit seinem Sondereigentum als Abstellraum zugewiesen. Er verlangt einen dauerhaften Zugang zu dem Raum sowie Zahlung eines Nutzungsentgelts.

Das AG Wiesbaden hat der Klage stattgegeben. Der beklagte Eigentümer hat hiergegen zunächst beim LG Wiesbaden und später beim LG Frankfurt Berufung eingelegt. Das LG Frankfurt ist im Bezirk des OLG Frankfurt, zu dem das AG Wiesbaden gehört, als zentrales Berufungsgericht für Berufungen gegen Urteile in Wohnungseigentumssachen zuständig. Zuständig für Berufungen gegen Urteile des AG Wiesbaden in allgemeinen zivilrechtlichen Streitigkeiten ist hingegen das LG Wiesbaden.

Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob es sich um eine Wohnungseigentumssache handelt, so dass das LG Frankfurt für die Berufung zuständig ist oder um eine allgemeine Zivilsache, über die das LG Wiesbaden zu entscheiden hätte.

Entscheidung

Die Streitigkeit ist keine Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG. Daher ist das LG Wiesbaden für die Entscheidung über die Berufung zuständig.

Zu den Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 WEG gehören Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Hier streiten die Parteien nicht um die Ausübung ihrer Rechte aus dem Sondereigentum oder um die Nutzung des Gemeinschaftseigentums, sondern darüber, ob der streitige Teil des Kellers im Sondereigentum des klagenden Eigentümers oder in dem des beklagten Eigentümers steht. Das Sondereigentum ist indes kein Recht aus dem Gemeinschaftsverhältnis, sondern Teil seiner sachenrechtlichen Grundlagen.

Der Streit über die sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft gehört nicht zu den Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 WEG; er ist vielmehr eine allgemeine Zivilsache. Dafür macht es keinen Unterschied, ob abstrakt über den Inhalt des Sondereigentums gestritten wird oder über die sich aus dem Sondereigentum ergebenden Ansprüche.

(BGH, Beschluss v. 11.6.2015, V ZB 34/13)
 

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§ 43 WEG

Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

  1. Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander;
  2. ...

§ 72 Gerichtsverfassungsgesetz

(2) In Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 des Wohnungseigentumsgesetzes ist das für den Sitz des Oberlandesgerichts zuständige Landgericht gemeinsames Berufungs- und Beschwerdegericht für den Bezirk des Oberlandesgerichts, in dem das Amtsgericht seinen Sitz hat. …

Schlagworte zum Thema:  Berufung, Wohnungseigentumsrecht