Coronakrise: Investoren meiden kleine Immobiliendeals

Investoren hatten im April auffällig wenige kleine Deals mit Wohn- und Gewerbeimmobilien auf dem Konto. Savills sieht darin einen ersten messbaren Effekt der Coronakrise. Bei den großen Transaktionen könnte es noch zum Einbruch kommen – das wird sich erst zeitverzögert zeigen.

Das insgesamt im April registrierte Transaktionsvolumen am Investmentmarkt für Wohn- und Gewerbeimmobilien belief sich Savills zufolge auf rund 2,3 Milliarden Euro. Damit war der April der umsatzschwächste Monat seit August 2012. Nimmt man den Zehn-Jahres-Vergleich, hat sich das durchschnittliche monatliche Transaktionsvolumen mehr als halbiert.

Auffällig ist laut Savills, dass vor allem die Zahl der Einzeltransaktionen mit einem Volumen von weniger als 25 Millionen Euro im April, also im Laufe der Coronakrise massiv zurückgegangenen sind – gegenüber April 2019 um ein Fünftel. Im Größensegment zwischen 25 und 100 Millionen Euro beobachtet Savills einen Rückgang um zehn Prozent.

Die Zahl der Großdeals – ab 100 Millionen Euro – lagen im April knapp ein Drittel über dem Vorjahreswert. Hier dürfte sich der Effekt aus der Krise nach Einschätzung von Savills erst mit größerem Zeitverzug zeigen, weil bei den großvolumigen Transaktionen die Verkaufsprozesse länger sind. Das könnte mittelfristig zu einem weiteren Rückgang des Transaktionsvolumens führen.

Büros dominieren das Investmentgeschehen

Was die Assetklassen betrifft, wurden im April Büros am meisten gehandelt mit einem Volumen von 822 Millionen Euro. Das ist in Minus von 0,8 Prozent gegenüber April 2019. Die drei größten Deals waren ebenfalls Büroimmobilien. Davon gingen gleich zwei in Düsseldorf über die Bühne: Das Capricorn wurde für zirka 180 Millionen von DWS Investment gekauft (Verkäufer ist die Capricorn Development) und das Infinity Office ging für 175 Millionen Euro an einen unbekannten Investor. Verkäufer ist die DIC Asset AG. Den Berlin Biotechpark verkaufte ein nicht veröffentlichtes Family-Office für 112 Millionen Euro an Beos / Swiss Life.

Untersucht hat Savills die Märkte für Büroimmobilien, Einzelhandel, Industrie und Logistik sowie Wohnen (ab 50 Einheiten) – am stärksten fielen die Transaktionszahlen für diesen Zeitraum im Bereich Wohnen ab, mit einem Minus von 6,9 Prozent. Gehandelt wurden im April Wohnungspakete für 389 Millionen Euro. Bei Industrie und Logistik gingen 262 Millionen über den Tisch, das ist ein Minus von 0,2 Prozent, Einzelhandelsimmobilien kamen auf eine Transaktionssumme von 473 Millionen Euro (minus 1,6 Prozent). Der Rest der gehandelten 2,3 Milliarden Euro fiel unter die Rubrik "Sonstiges".

Die Spitzenrenditen haben sich in den einzelnen Assetklassen im Laufe der Krise – von März auf April – nicht verändert. Einen Blick hat Savills nur auf die Top-7-Städte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) geworfen und stützt sich dabei auf Zahlen von Bulwiengesa: Die höchste Rendite lässt sich derzeit demnach unverändert mit Shopping-Centern erzielen (4,3 Prozent). Es folgen Fachmärkte (3,9 Prozent) und Logisikimmobilien (3,7 Prozent). Am niedrigsten liegt die Spitzenrendite bei Mehrfamilienhäusern (einbezogen ist nur der Bestand) mit 2,5 Prozent. Büros liegen aktuell bei 2,9 Prozent und Geschäftshäuser bei drei Prozent.

Die Folgen der Coronakrise sind kaum absehbar – das macht vorsichtig

In einer Umfrage von JLL vor etwa vier Wochen war sich rund ein Drittel (34 Prozent) der Immobilienanleger sicher, dass die Ziele für 2020 nicht mehr zu erreichen sein werden. Mehr als die Hälfte gab an, Käufe und Verkäufe zumindest vertagen zu wollen. Nur 48 Prozent der Investoren wollen an den Transaktionsplänen für das laufende Jahr festhalten. Von den restlichen 52 Prozent waren sich 17 Prozent unsicher, neun Prozent schlossen Transaktionen für dieses Jahr kategorisch aus. 58 Prozent der Befragten sagten, dass sich die Coronakrise bereits negativ oder sehr negativ auf die Verfügbarkeit von Fremdkapital für Investitionen ausgewirkt habe.

"Die Verunsicherung ist groß, man fährt auf Sicht und die langfristigen Folgen sind aktuell schwer abzusehen." Marcel Abel, Geschäftsführender Direktor und Mitglied im Operationsboard von JLL Germany

Die Umfrage unter Eigentümern und Nutzern fand zwischen dem 25. und 31. März statt und soll unter dem Arbeitstitel "JLL-Thermometer" während der Krise regelmäßig wiederholt werden. Interviewt werden auch Projektentwickler und Banken. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Investoren geht davon aus, dass sich die Bestandswerte der Immobilien in der Krise negativ entwickeln werden. Elf Prozent davon rechnen sogar mit sehr negativen Effekten.

Dass die Coronakrise signifikante Auswirkungen auf den Flächenbedarf haben wird, meinten ebenfalls 34 Prozent der Eigentümer. Drei von vier der Befragten wissen, dass sie ihren Mietern jetzt Zugeständnisse machen müssen, um die Krise gemeinsam zu überstehen. Die möglichen Szenarien sind Zuschüsse, Stundungen oder Mietnachlässe.

Überhaupt stehen in der Coronakrise die Nutzer im Fokus – Büros wurden geräumt, Händler mussten schließen, Lieferketten wurden unterbrochen. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Firmen befürchtet massive langfristige Auswirkungen auf das Kerngeschäft. 56 Prozent gaben im "JLL-Thermometer" an, derzeit keine Entscheidungen zu Neuanmietungen oder Vertragsverlängerungen treffen zu wollen. "Transaktionen hingegen und alle Aufgaben, die derzeit zeitlich nicht zwingend sind, werden vorerst geparkt", meint Abel.

Kurzfristig ist eine umsichtige Investmentstrategie gefragt

Sollte die Covid-19-Krise von relativ kurzer Dauer sein, wäre auch eine relativ schnelle Erholung denkbar, schreibt Timothy Bellman, Global Research Strategist bei Invesco Real Estate. Dauert die Krise länger, dürften die Folgen gravierender sein. Bellman zufolge sieht kurzfristig eine umsichtige Investmentstrategie für Immobilienanlagen in beiden Fällen ähnlich aus:

  • Liquidität im Fokus: Der Schwerpunkt sollte auf einem umsichtigen Cashflow-Management liegen – effizientes Einziehen der Miete, eine gute Mieterbetreuung, das Vorhalten hoher Liquiditätsbestände, die Aufrechterhaltung der Vermietungsquoten und die Minimierung diskretionärer Betriebsausgaben.
  • Kapitalpflege: Die Kommunikation mit den Investoren ist unerlässlich; sowohl auf Objekt- als auch auf Portfolioebene sollte genau auf die Kreditvereinbarungen geachtet, Stresstests durchgeführt und das Niveau der langfristigen Fremdfinanzierung niedrig gehalten werden.
  • "Chancen identifizieren und nutzen": Wenn – durch Marktverwerfungen, Stress oder Notlagen – in Sektoren mit guten langfristigen Aussichten Qualitätsobjekte zu günstigen Konditionen an den Markt kommen, investitionsbereit sein, handlungsbereit, bevor absehbar ist, wann der zyklische Tiefpunkt erreicht sein wird. Ist erst einmal klar, dass die Talsohle erreicht ist, dürfte die günstige Gelegenheit verstrichen sein.
Schlagworte zum Thema:  Coronavirus, Immobilieninvestoren, Immobilienkauf