Jährliche Krisenpräventionsumfrage

Die Krisenpräventionsumfrage, die jährlich vom „Krisennavigator – Institut für Krisenforschung“ durchgeführt wird, gibt Einblicke in den Arbeitsalltag der Krisenmanager und zeigt, ob und wie Unternehmen, Behörden und Verbände bereits die Vorgaben der neuen Norm ISO 22361 und des neuen BSI-Standards 200-4 umsetzen. Für die aktuelle Studie wurden 116 Fach- und Führungskräfte befragt.

Standards für das Krisenmanagement

Im Februar 2023 wurde die neue Norm DIN EN ISO 22361 zum Krisenmanagement veröffentlicht, die die Norm DIN CEN/TS 17091 aus dem Jahr 2019 ablöst. ISO 22361 bietet Leitlinien für ein praxisorientiertes Krisenmanagement, um die strategischen Entscheidungsträger einer Organisation bei der Planung, Implementierung, Etablierung, dem Betrieb, der Überwachung, Überprüfung, Aufrechterhaltung und kontinuierlichen Verbesserung einer Krisenmanagementfähigkeit zu unterstützen. Sie ist für jede Organisation gedacht, unabhängig von Standort, Größe, Art, Branche, Struktur oder Sektor.

Bezugsquelle DIN EN ISO 22361
Die DIN EN ISO 22361:2023-02 Sicherheit und Resilienz – Krisenmanagement – Leitlinien ist direkt beim Deutschen Institut für Normung (DIN) erhältlich und kostet 135,10 EUR (PDF) oder 163,10 EUR (Print).

Im Juni 2023 kam der modernisierte BSI-Standard 200-4 zum Business Continuity Management (BCM, Betriebskontinuitätsmanagement) hinzu. Er bietet eine praxisnahe Anleitung, um ein Business Continuity Management System (BCMS) im eigenen Unternehmen aufzubauen und zu etablieren. Der BSI-Standard geht insbesondere auf die möglichen Synergiepotenziale mit den angrenzenden Themen der Informationssicherheit und des Krisenmanagements ein und stellt damit einen zentralen Bestandteil zur organisatorischen Resilienz dar.

Bezugsquelle BSI-Standard 200-4
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bietet den BSI-Standard 200-4 Business Continuity Management und den Anforderungskatalog zum BSI-Standard 200-4 auf seiner BCM-Überblicksseite zum kostenlosen Download an.

Krisenpräventionsumfrage 2023

Das Krisennavigator – Institut für Krisenforschung führt mit Unterstützung des Berufsverbands der Krisenmanager, der Deutschen Gesellschaft für Krisenmanagement e. V. (DGfKM), eine jährliche Krisenpräventionsumfrage durch. Für die Krisenpräventionsumfrage 2023 wurden 116 Fach- und Führungskräfte aus Unternehmen, Behörden und Verbänden in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Die Umfrageergebnisse wurden in einer Studie ausgewertet, die zeigt, wie das Krisenmanagement aktuell aufgestellt ist und mit welchen Krisentypen und Krisenursachen Krisenmanager konfrontiert werden.

Hintergrund:
Das Krisennavigator – Institut für Krisenforschung ist eine Ausgründung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Es ist seit 1998 eine international tätige Forschungs- und Beratungseinrichtung mit Sitz in Kiel und einer Niederlassung in Hamburg. Tätigkeitsschwerpunkte sind Krisenmanagement, Krisendiagnose, Frühwarnsysteme, Krisenkommunikation, Themenmanagement, Business Continuity Management, Risikomanagement, Sicherheitsmanagement, Notfallmanagement, Notfallpsychologie, Katastrophenmanagement, Restrukturierung und Strategie. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts sind auch Mitglieder in zahlreichen Spitzenverbänden, Fachgremien, Krisen- und Katastrophenstäben.

Das Institut führt auch die tagesaktuelle Krisenfalldatenbank für die 4 deutschsprachigen Länder Europas, gibt die Brancheninformationsdienste Krisennavigator und Crisisnavigator, die Fachzeitschriften Krisenmagazin und Restrukturierungsmagazin sowie mehrere Sonderinformationsdienste zu Markenkrisen, Krankenhauskrisen, Tourismuskrisen, Lebensmittelkrisen und Handelskrisen heraus.

Allgemeine Ergebnisse der Krisenpräventionsumfrage

Knapp 9 von 10 der befragten Unternehmen, Behörden und Verbände verfügen über einen Krisenstab (87 Prozent). Gut jede zweite Organisation hat einen Krisenbeauftragten benannt (60 Prozent) und 2 von 3 Organisationen führen regelmäßig Krisenübungen durch (66 Prozent). In Behörden und Unternehmen musste jeder vierte Krisenfall im Technikumfeld bewältigt werden. Krisenmanager in Verbänden waren dreimal so oft von Medienkrisen betroffen wie ihre Kollegen in Unternehmen. Im Krisenstab haben Kommunikationsverantwortliche einen festen Platz (93 Prozent). Diese Ergebnisse zeigen, dass die zentralen Vorgaben der neuen DIN EN ISO 22361, wenn auch längst noch nicht vollständig, so doch bereits zu einem wesentlichen Teil erfüllt sind. 

Bezugsquelle der Studie zur Krisenpräventionsumfrage 2023
Das PDF-Dokument der ausführlichen Auswertung der Studienergebnisse kann zum Preis von 11,82 EUR heruntergeladen werden.

Krisenursachen, Krisentypen und Krisenschulungen

Bei den Krisenursachen und Krisentypen dominierten technikbezogene Krisenfälle (25 Prozent) – z. B. Cyberangriffe oder Brände. Mit deutlichem Abstand folgten menschenbezogene Krisenfälle (18 Prozent) wie schwere Unfälle oder Pandemien und medienbezogene Ereignisse (15 Prozent) – also Skandale und Enthüllungen zuungunsten der Organisationen. Nur etwa jeder neunte Krisenfall war auf Umweltprobleme (12 Prozent) oder Produktfehler (11 Prozent) zurückzuführen. Mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind 3 Prozent der Organisationen. Sie mussten z. B. Durchsuchungen ihrer Geschäftsräume oder Verhaftungen von Führungskräften bewältigen.

2 von 3 Organisationen führten regelmäßig Krisenübungen durch (66 Prozent) und knapp jede zweite Krisenworkshops (41 Prozent). Schulungsfilme (10 Prozent) und eLearning oder Apps (21 Prozent) hatten sich dagegen bei den Krisenschulungen noch nicht durchgesetzt. Die Dokumentation der Aufbau- und Ablauforganisation für außergewöhnliche Ereignisse erfolgte in den befragten Organisationen zumeist in Krisenhandbüchern (72 Prozent) und nur vergleichsweise selten in Krisenportalen (16 Prozent).

Krisenstab

Im Krisenstab, der das zentrale Instrument der Krisenbewältigung nach der neuen DIN-Norm EN ISO 22361 zum Krisenmanagement ist, waren im Durchschnitt 6,3 Abteilungen vertreten. Bei der Zusammensetzung der Krisenstäbe hatten die Kommunikationsverantwortlichen (93 Prozent) und die Geschäftsführung bzw. Amtsleitung (89 Prozent) einen festen Platz im Krisenstab. Auf externe Unterstützung wollten nur 9 Prozent der befragten Organisationen im Krisenfall verzichten. Im Durchschnitt zogen die Organisationen 2 externe Personen hinzu. Am häufigsten extern hinzugezogen wurden Berater (59 Prozent) und Behördenvertreter (46 Prozent).

Wenig erfreulicher Ausblick

Mit Blick auf die zukünftige Entwicklung des Krisenumfelds zeigten sich die befragten Krisenmanager nicht sehr zuversichtlich. Einerseits erwarten sie eine zunehmende Vielfalt (67 Prozent) und Anzahl von Krisenfällen (56 Prozent) – gepaart mit einer höheren Komplexität (66 Prozent) und verstärkten Digitalisierung der Krisenbewältigung (59 Prozent). Andererseits rechnet nur jeder vierte Befragte im Gegenzug mit mehr Mitarbeitern im Krisenmanagement (27 Prozent) und steigenden Budgetmitteln zur Krisenprävention (24 Prozent). Mehr als die Hälfte erwarten bei der Personal- und Finanzausstattung (63 bzw. 57 Prozent) eine Stagnation und damit keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Schlagworte zum Thema:  Resilienz, Compliance, Compliance-Management