Altöl im Grundwasser: Haftet der Umweltbeauftragte?

Viele Betriebe haben einen Umweltbeauftragten, um gesetzliche Vorgaben im Umweltschutz zu erfüllen. Doch was genau sind seine Aufgaben? Wofür haftet er? Und braucht eigentlich jedes Unternehmen einen Umweltbeauftragten? Rechtsanwalt Dr. Patrick Blümcke beantwortet dazu Fragen der Haufe-Redaktion.

Herr Dr. Blümcke, was ist ein betrieblicher Umweltschutzbeauftragter überhaupt?

Dafür gibt es eine schöne Formulierung: Der Umwelt- oder Umweltschutzbeauftragte ist das unternehmerische Umweltgewissen. Er ist Bindeglied zwischen Ökonomie und Ökologie sowie zwischen Betreiber und Behörde. Dabei handelt es sich um keine staatliche Person. Der Umweltbeauftragte handelt im Auftrag des Unternehmens und nicht als staatliches Kontrollorgan. Er trägt dazu bei, dass das Unternehmen vor behördlichen Anordnungen oder Eingriffen bewahrt wird.

Umweltschutzbeauftragte gibt es in vielen Bereichen etwa Abfall-, Immissionsschutz-, Gewässer- oder Störfallbeauftragte. Die Aufgaben der verschiedenen Beauftragten überschneiden sich häufig. Deshalb kann ein Mitarbeiter des Betriebs oder eine externe Person z. B. gleichzeitig Abfall- und Immissionsschutzbeauftragter sein.

Und was sind die Aufgaben eines Umweltbeauftragten?

Seine Aufgaben sind im Gesetz geregelt und können zudem betriebsintern vereinbart und in einer Bestellungsurkunde bzw. in einem Vertrag festgehalten werden.

Im Gesetz steht z. B., dass der Immissionsschutzbeauftragte für eine große Abfallanlage die Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher Verfahren voranbringen soll. Seine Aufgabe kann es sein, dafür zu sorgen, dass keine Abfälle anfallen. Oder er überprüft, ob im Rahmen der Produktion Abfälle vermieden oder wie sie umweltfreundlich verwertet oder beseitigt werden können.

Für genehmigungspflichtige Anlagen gibt es gesetzliche Vorgaben und Nebenbestimmungen in den Genehmigungen. So muss der Umweltschutzbeauftragte solche Anlagen z. B. gerade hinsichtlich der Einhaltung der Nebenbestimmungen überwachen und kontrollieren. Eine weitere Aufgabe ist es, Betriebsanghörige über Abfälle und Immissionen aufzuklären oder ihnen neue Verfahren zu erklären. Einmal im Jahr hat er gegenüber der Geschäftsführung über seine Tätigkeiten und Erkenntnisse zu berichten.

Neben diesen Aufgaben können weitere vertraglich vereinbart werden. Allerdings kann man dem Umweltschutzbeauftragten von solchen Vereinbarungen nur abraten, sofern sie ihn dazu verpflichten, Rechtsverstöße im Unternehmen aktiv zu verhindern. Das ist ein Risiko, das er nicht bewältigen kann.

Muss jeder Betrieb einen Umweltschutzbeauftragten haben?

Es ist im Gesetz geregelt, welche Anlagen einen Umweltschutzbeauftragten brauchen. Allerdings sind die Formulierungen nicht immer so konkret, wie man sich das vielleicht wünscht; jede Anlage muss stets individuell betrachtet werden.

Gilt für eine Anlage die 5. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV), dann muss der Betreiber einen Umweltschutzbeauftragten bestellen.

Neben der 5. BImSchV ist auch noch die 4. BImSchV zu beachten. Anlagen, die wegen des Immissionsschutzes zwingend eine rechtliche Genehmigung brauchen, z. B. weil gefährliche Abfällen anfallen, aber auch Betreiber von stationären Abfallsortier-, Verwertung- und Beseitigungsanlagen, müssen danach ebenfalls zwingend einen Immissionsschutzbeauftragten haben.

Wem ist der Umweltbeauftragte unterstellt?

Immer dem Anlagenbetreiber, also bei juristischen Personen dem Geschäftsführer und dem Vorstand. Bei großen Unternehmen ist oft noch eine Betriebsleitungsebene dazwischengeschaltet und der Umweltschutzbeauftragte wird dem Betriebleiter zugewiesen. Doch das ändert nichts daran, dass er gegenüber der Geschäftsleitung berichten (können) muss.

Herr Dr. Blümcke, lassen Sie uns einmal an ein paar Beispielen das Thema Haftung durchspielen. Wer haftet z. B., wenn Altöl ins Grundwasser gelangt, weil ...

a) im Betrieb die Anlagen veraltet oder schlecht gewartet sind?


Im Umweltrecht gilt das Verursacherprinzip, d. h. derjenige, der einen Umweltschaden verursacht, haftet.

Die Pflicht, sich um die Anlage zu kümmern, liegt beim Anlagenbetreiber. Das Alter einer Anlage ist per se nicht entscheidend, solange die Anlage ordnungsgemäß und ohne Umweltgefährdung arbeitet oder solange der Betreiber von der Behörde nicht zur Anpassung an den Stand der Technik aufgefordert worden ist. Eine schlecht gewartete Anlage, bei der Öl austritt, ist aber ein Problem des Anlagenbetreibers.

Das bedeutet auch, dass nicht der Umweltschutzbeauftragte haftet. Seine Aufgabe ist es, darauf hinzuweisen, dass die Anlage veraltet ist oder gewartet werden muss. Er unterstützt also den Betreiber darin, rechtskonform zu handeln. Kommt der Betreiber diesem Hinweis allerdings nicht nach, ist der Umweltschutzbeauftragte dafür nicht verantwortlich. Er hat in der Regel nur eine Hinweispflicht.

b) sich im Betrieb ein Störfall/Unfall ereignet hat?

Da gilt im Prinzip das Gleiche wie im vorherigen Fall. Der Umweltschutzbeauftragte muss Hinweise geben, unter welchen Bedingungen Störfälle auftreten können. Treten vermehrt Störungen auf, muss er auf mögliche Mängel hinweisen. Um die Mängelbehebung muss sich der Anlagenbetreiber aber selbst kümmern.

c) es beim Transport zu einem Unfall im öffentlichen Raum kommt?

In diesem Fall gilt zunächst die Fahrer- bzw. Halterhaftung. Wenn der Fahrer dem LKW von der Straße abkommt, im Graben landet und Gefahrstoffe ins Grundwasser gelangen, haftet er als Fahrer, der Transportunternehmer als Halter. Aber auch Umwelthaftungsnormen kommen in Betracht; in der Regel wird das Verhalten des angestellten Fahrers dem Unternehmen zugerechnet, nicht jedoch dem Umweltschutzbeauftragten.

Aufgabe z.B. eines Gefahrgutbeauftragten ist es zu überprüfen, ob die Maschinen gewartet sind und auf mögliche Mängel hinzuweisen. Wenn das Fahrzeug unterwegs ist, hat er damit nichts zu tun. Außer er fährt selbst. Allerdings haftet er dann als Fahrer und nicht als Umweltschutzbeauftragter.

Und wann haftet ein Umweltschutzbeauftragter?

Er haftet, wenn er seine Pflichten nicht erfüllt, die sich per Gesetz oder aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. In besonderen Fällen kann auch eine Strafbarkeit wegen Unterlassung in Frage kommen, also wenn er nichts getan hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre. Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel geben.

In einer Anstalt des öffentlichen Rechts war der Leiter der Innenrevision verurteilt worden. Er hatte nichts dagegen unternommen, dass den Bürgern zu hohe Straßenreinigungsgebühren berechnet worden waren. Auch später, als der Fehler bekannt geworden war, unternahm er nichts, die Bürger zahlten weiterhin zu hohe Gebühren. Der BGH nahm an, dass der Leiter eine besondere Fürsorgepflicht („Garantenpflicht“) gehabt habe, weil es um Gelder der Bürger gegangen sei. Er hätte handeln müssen. Weil er jedoch nichts tat, beging er einen Betrug durch Unterlassen.

Die Belange des Umweltschutzbeauftragten in einem Unternehmen beruhen hingegen auf privatrechtlichen Vereinbarungen, die grundsätzlich keine Garantenstellung begründen. Der Umweltschutzbeauftragte sollte aber genau wissen und prüfen, welche Pflichten er in welchem Umfang übernommen hat. Sind keine besonderen Vereinbarungen getroffen und erfüllt er die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß, haftet er in aller Regel nicht.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Blümcke.

Das Interview führte Bettina Brucker M. A., Freie Journalistin und Autorin

Schlagworte zum Thema:  Haftung, Compliance, Umweltmanagement