Zukunftskanzlei: Wie Kanzleien sich verändern

Wie sieht die Zukunft der Steuerkanzlei aus? Im Rahmen der Initiative Zukunftskanzlei haben wir dazu mit unterschiedlichen Expertinnen und Experten aus der Branche gesprochen. Henning Blank ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Mannheim. Er war bereits 2019 im Workshop zur Zukunftskanzlei dabei und hat mit uns darüber gesprochen, was sich seither getan hat. 

Was hat sich in Ihren Augen durch die Corona-Pandemie in der Branche besonders verändert?

Corona hat unserem Berufsstand definitiv einen Schub gegeben: Viele althergebrachte Kanzleien, die in ihren Strukturen festgefahren waren, oder noch nicht so recht wussten, wie sie sich weiterentwickeln wollen, haben einen Schups zur Digitalisierung bekommen. Videokonferenzen wurden beispielsweise salonfähig, was der Branche sehr gut getan hat. Innovative Kanzleien hätten diesen Weg ohnehin beschritten. Ohne Corona wäre die Schere zwischen den Kanzleien, die stillstehen und den Kanzleien, die vorangehen, noch weiter auseinandergegangen. Irgendwann wäre diese Kluft wahrscheinlich nicht mehr schließbar gewesen - zum Nachteil derjenigen, die wenig Digitalisierung wagen.

Wird dieser Schub von Dauer sein oder gehen Kanzleien wieder einen Schritt zurück? 

Die Kanzleien, die den Schritt geschafft haben, werden nicht zurückgehen, sondern auf diesem Niveau weitermachen oder noch weitergehen. Sie haben erkannt, dass digital Vieles besser ist als vorher.


Der Report „Zukunftskanzlei reloaded“ zeigt auf, in welchen Bereichen sich Steuerkanzleien in den vergangenen Jahren verändert haben und ihrem Zukunftsbild somit näher gekommen sind. Er macht aber auch deutlich, welche Aufgaben von Kanzleien in Zukunft noch angegangen werden können und gibt Handlungsempfehlungen. Hier geht es zum Report.


Gibt es auch Aufgaben in der Kanzlei, die nicht digitalisiert werden können?

Der Großteil funktioniert digital, auch im persönlichen Miteinander. Ich habe Mandanten, die wohnen weit weg. Natürlich ist es schön und wichtig, wenn man sich trotzdem einmal persönlich trifft, aber auch über ein Telefonat oder in einer Videokonferenz kann man eine Vertrauensbasis schaffen. Außerdem muss ich ehrlich sagen: In einer klassischen Jahresabschlussbesprechung hat man sich einmal im Jahr gesehen, zehn Minuten über den Jahresabschluss gesprochen und sich danach über andere Themen ausgetauscht. Wieso sollte das am Telefon nicht gehen? Noch dazu spart man sich die Reisezeit. 

Wo liegt für Sie der größte Mehrwert in der Digitalisierung? 

Ich hatte schon immer diesen Drang, Prozesse zu optimieren. Dinge einfacher zu machen für den Mandanten und den Steuerberater, sodass man sich mehr auf Beratungsthemen fokussieren kann. Allerdings ist die digitale Buchführung allein nicht unbedingt eine Zeitersparnis. Früher bekamen wir Pendelordner, jetzt werden Belege hochgeladen. Wir brauchen immer noch die Zeit, um das zu verbuchen. Genau wie bei dem Pendelordner, fehlen jetzt auch immer mal Belege. Nur ist der Prozess transparenter und die Qualität dadurch höher.

Wie kommt diese Transparenz zustande?

Wir können dem Mandanten eine betriebswirtschaftliche Auswertung geben, und zwar so, dass er sie versteht. In einem Online-Tool kann er sich alles ansehen und beispielsweise so nachvollziehen, warum bestimmte Positionen hoch sind. Das ist etwas, das in der nicht-digitalen Welt schwer möglich war.

Abgesehen von der Digitalisierung: Welche Aspekte werden über den Erfolg der Zukunftskanzlei entscheiden? Welchen Stellenwert hat beispielsweise die Spezialisierung in der Kanzlei der Zukunft?  

Es gibt bereits heute viele Kanzleien, die sich zum Beispiel auf Heilberufe oder die Gastronomie spezialisiert haben. Letztere hatten zuletzt teilweise einen großen Einbruch. Mir war es immer wichtig ein Generalist zu sein. Ich denke bis zu einem gewissen Grad kann man alle beraten. Wenn man an einen Punkt kommt, an dem es zu speziell wird, muss man zum Wohle des Mandanten jemanden hinzuziehen, der sich mit dem Spezialthema besser auskennt. Die Frage, wo eine Spezialisierung beginnt und was noch zum Standardwissen gehört, kann man nicht genau einordnen. Das kommt stark auf das eigene Fachwissen an. Aber auch als Steuerberater sollte man immer offen für Hilfe sein.


Die Initiative #Zukunftskanzlei begibt sich gemeinsam mit Menschen aus der Steuerberatungsbranche auf die Suche nach einem Zukunftsbild für Steuerberatungskanzleien. Im Rahmen der Initiative ist unter anderem die Studie #Zukunftskanzlei 2025 entstanden. Hier erfahren Sie mehr.



Wie schätzen Sie die Bedeutung von Netzwerken und Kooperationen ein? 

Netzwerke und Kooperationen sind extrem wichtig. Leider sind wir in einer Branche, in der Leute sich eher abschotten und nicht genug miteinander sprechen. Dabei kann man sich aus meiner Sicht durchaus über Fälle austauschen und trotzdem die Verschwiegenheit bewahren. Insbesondere bei organisatorischen Themen muss man das Rad nicht immer neu erfinden und sollte auch schauen, was man zusammen erreichen kann. Aber auch zu anderen Berufszweigen, zu Anwälten oder IT-Spezialisten beispielsweise, lohnt sich die Anbindung.  

Ich habe eine eigene Kanzlei, sitze aber nicht alleine in meinem eigenen Büro, sondern tatsächlich mit drei Berufskollegen zusammen.  In dem Büro sind vier Einzelkanzleien. Wir teilen uns die Räumlichkeiten und da entstehen viele Möglichkeiten, um einen fachlichen Austausch zu suchen.  

Sie haben sich quasi Ihren eigene Kanzlei Coworking Space geschaffen? 

Genau. 

Dieses Interview findet ebenfalls an einem besonderen Ort statt, in der DANKBAR in Mannheim. Können Sie sich vorstellen, dass das Ihre oder eine Kanzlei der Zukunft sein könnte? 

(lacht) Bei der Kanzlei der Zukunft kommt es sicher auch ein bisschen auf die Räumlichkeiten an und die hier sind natürlich sehr schick und offen. Aber ich kann mir schwer vorstellen, meine Monitore auf den kleinen Barhockern und -möbeln aufzubauen.

Also keine Barhocker, aber zum Abschluss noch in einem Satz: Was ist die Zukunftskanzlei für Sie?

Die Zukunftskanzlei ist für mich ein Weg, den man geht und immer wieder anpassen muss, weil auch das Ziel sich ständig ändert.  


Zur Person

Henning Blank arbeitet in Mannheim als selbstständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Außerdem ist er im Vorstand der Steuerberaterkammer Nordbaden tätig.

Schlagworte zum Thema:  Kanzleiorganisation, Digitalisierung