Kanzleiberater Stefan Lami über die robuste Kanzlei

„Wie führen wir eine robuste und anpassungsfähige Kanzlei?“ – dieser Frage geht Berater Stefan Lami gemeinsam mit Kanzleien nach. Warum die Antwort darauf nicht ständig neu erfunden werden muss, erklärt er im Interview.

Herr Lami, das Motto des Steuerberatertags 2020, auf dem Sie gesprochen hätten, lautete „Nachhaltig Erfolgreich“. Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie?

Stefan Lami: Ich versuche solche Modebegriffe zu vermeiden und benutze den Begriff Nachhaltigkeit so gut wie nie. Von einer Sache bin ich in diesem Zusammenhang allerdings überzeugt: Langfristig ist das Unternehmensziel immer Gewinnoptimierung und nicht Gewinnmaximierung. Ein beispielhafter Faktor dafür ist in der Steuerberatung das Verhältnis zwischen abrechenbaren und nicht abrechenbaren Stunden. Die abrechenbaren Stunden sorgen für das derzeitige Einkommen, die nicht abrechenbaren Stunden, so sie denn vernünftig eingesetzt werden, sorgen für das zukünftige Einkommen. Das würde ich unter dem Begriff Nachhaltigkeit einsortieren.

Was verstehen Sie unter nicht abrechenbaren Stunden?

Ich unterscheide zwischen nicht abrechenbaren Stunden (wie Urlaub, Krankheit) und nicht unmittelbar abrechenbaren Stunden. Das sind jene Stunden, in denen sich Menschen in der Steuerberatung der persönlichen und der Kanzleientwicklung widmen. Für mich zählen dazu unter anderem Weiterbildung, Kommunikation, Führung und Strategieplanung.

Die Coronavirus-Krise stellt die Kanzleien vor enorme Herausforderungen. Kommen diejenigen Kanzleien besser durch, die sich schon vor der Krise mehr Zeit für Kanzleientwicklung genommen haben?

Eindeutig. Meine Wahrnehmung, die ich seit dem Frühjahr 2020 mit meinen Kunden gemacht habe, bestätigt das. Das sind alles Kanzleien, die sich kontinuierlich mit Kanzleientwicklungsthemen befassen und die aus meiner Sicht bisher gut durch die Pandemie gekommen sind. Diese Kanzleien hatten schon vor Corona eine gute Struktur. Sie hatten ausreichend technische Hilfsmitten und sie hatten teilweise eine leichte Überkapazität, weil sie nicht bis zum Anschlag abrechenbare Stunden abarbeiteten. Zudem hatten und haben es Kanzleien leichter, die sich schon seit längerer Zeit mit tatsächlicher Beratung und eben nicht nur mit der Deklaration auseinandersetzen. Ich kann sogar berichten, dass die gut organisierten Kanzleien in der Pandemie stärker geworden sind und zahlreiche Neumandate gewonnen haben.

Was können Sie den Kanzleien raten, die in den vergangenen Monaten gemerkt haben, dass Vieles in ihrer Kanzlei noch nicht optimal läuft?

Eigentlich habe ich keine neuen Ratschläge für diese Kanzleien, sie sind alle auf meiner Seite www.stefanlami.com zu finden. Sie sollten das tun, von dem sie schon lange wissen, dass sie es tun sollten.

Warum tun das nicht alle Kanzleien?

Weil eine Steuerberatungskanzlei bisher auch ohne ein professionelles Kanzleimanagement relativ gut funktionierte. Arbeit gibt es genug. Und natürlich gibt es viele Kanzleien, die sehr erfolgreich sind, ohne dass sie sich intensiv mit Managementthemen beschäftigen. Das spricht aber nicht gegen die Wirksamkeit professionellen Managements. Vielmehr sollte man sich die Frage stellen, wie erfolgreich diese Kanzleien erst wären, würden sie diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken.

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Dazu müssen wir das Management nicht neu erfinden. Es geht um die Mitarbeiterentwicklung als entscheidende Kernaufgabe: Was können Inhaber, Partner, Führungskräfte tun, damit die Mitarbeiter sich fachlich, technisch und kommunikativ bestmöglich weiterentwickeln können? IT- und Prozessfragen, die jetzt häufig angesprochen werden, sind am Ende auch nur Personalfragen. Es hängt alles von den Leuten und deren Zusammenarbeit ab.

Auch diese Zusammenarbeit hat sich in den vergangenen Monaten zum Teil stark verändert. Kann so ein Management vom Homeoffice aus gelingen?

Auch hier zeigt sich: Die Kanzleien, die Mitarbeiterführung bereits vor der Pandemie ernst genommen haben, die eine gute Kommunikations- und Meetingkultur hatten und deren Führungskräfte sich tatsächlich mit Führung auseinandergesetzt haben, können die Zusammenarbeit auf Distanz besser bewältigen. Die Schere geht wie in vielen anderen Bereichen also auch hier weiter auseinander: Die einen Kanzleien profitieren noch mehr von ihren Investitionen in die Kanzleistrategie und -kultur, die anderen haben noch größere Probleme.

Gibt es diese Schere auch bei den Mandanten?

Für Steuerkanzleien ist es natürlich sinnvoll genau hinzusehen, welche Mandanten eher von dieser Krise profitieren und welche davon negativ betroffen sind. Dann sollte man noch unterscheiden zwischen jenen Mandanten, die finanziell stabil sind und jenen, die schon ohne Corona finanziell angeschlagen waren. Diese Mandanten brauchen unterschiedliche Beratung und vor allem den Aus- und Weitblick ihres Steuerberaters.

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Mehr Beratung statt Deklaration also?

Die Ära der Berater ist schon angebrochen. Steuerberater sollten nicht nur in die Vergangenheit blicken, sondern vielmehr zu Orakeln werden. Momentan werden sie vor allem für den Rück- und den Einblick bezahlt. In Zukunft müssen sie allerdings nicht nur den Durchblick, sondern auch den Aus- und den Weitblick liefern können, natürlich immer auf Basis des Rechnungswesens. Und wer das schon vor Corona getan hat, tut sich jetzt natürlich leichter mit den Mandanten die Best- und die Worst-Case-Szenarien für die kommenden Monate zu besprechen.

Wie lautet denn ihr Ausblick für die Zukunft der Steuerkanzleien?

Das kommt ganz auf den Kanzleityp an. Grundsätzlich hat die ganze Branche eine positive Zukunft, denn es wird immer Steuern geben, aber für manche Kanzleitypen sehe ich die Zukunftsaussichten schon kritischer. Das sind vor allem die kleineren und Kleinstkanzleien mit einem generalistischen Ansatz. Um deren Geschäftsmodell mache ich mir Sorgen. Außerdem tun sich diese Kanzleien schwer mit der Mitarbeitergewinnung, was aus meiner Sicht das zentrale Problem ist. Diese Kanzleien müssen sich in Zukunft entscheiden, ob sie sich auf einen Schwerpunkt konzentrieren oder vielleicht in eine größere Einheit übergehen möchten, die ihrerseits allerdings auch Schwerpunkte setzen sollten und nicht einfach größer generalistisch arbeitet. Für mittelgroße und große Kanzleien, gut organisiert und gemanagt, sehe ich sehr positiv in Zukunft.

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Zum Abschluss noch ein Grundsatz der Strategieentwicklung, der zum Denken anregen sollte: Es ist nicht das Ziel herauszufinden, wo sich die Kanzlei in ein paar Jahren befinden wird. Das Ziel ist, eine Kanzlei zu etablieren, die sich auf jede Änderung einstellen kann. So werden sie einerseits robust, aber eben auch anpassungsfähig.

Zur Person:

Stefan Lami widmet sich seit mehr als 25 Jahren als Steuerberater, Unternehmensberater, Coach und Referent ausschließlich der Beratung und Weiterentwicklung von Steuerberatungskanzleien. Seine Kenntnisse reichen von der Einzelkanzlei über die mittlere bis zur Großkanzlei (Big Four). Seine Beratungsschwerpunkte sind: Strategieentwicklung und –umsetzung, Mitarbeiterführung, Marketing/Klientenbeziehung und Honorargestaltung.

Um sein Wissen, Erfahrungen, Ideen und Konzepte weiterzugeben, veranstaltet er Mitarbeiterseminare, öffentliche Seminare und verfasst regelmäßig Beiträge auf seiner Homepage www.stefanlami.com.

Schlagworte zum Thema:  Kanzleiorganisation, Mitarbeiterführung