Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Liegt die durchschnittliche Laufzeit eines in gleichen Monatsraten zu tilgenden Kredits unter 12 Monaten, so liegt in der Regel keine Dauerschuld vor.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 1, § 12 Abs. 2 Ziff. 1

 

Tatbestand

Gegenstand des Unternehmens der beschwerdeführenden GmbH ist die Vermietung von Kraftwagen an Selbstfahrer. Die Bfin. zahlte bei dem Erwerb neuer Kraftwagen 1/3 des Kaufpreises sofort und erhielt für den Rest des Kaufpreises von den Lieferanten oder durch Vermittlung von Banken einen Kredit, den sie in gleichen monatlichen Teilbeträgen innerhalb von 18 Monaten zu tilgen hatte. Für die einzelnen Monatsraten wurden Akzepte gegeben. Die Bfin. verkaufte in der Regel die Kraftwagen nach etwa 1 1/2 Jahren, um einen stets einsatzfähigen und zuverlässigen Wagenpark zu haben.

Das Finanzamt behandelte bei der Ermittlung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags 1956 die Summe der am 31. Dezember 1955 geschuldeten Restkaufpreise und die in 1956 angefallenen Finanzierungskosten als Dauerschulden (ß 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG) und als Dauerschuldzinsen (ß 8 Ziff. 1 GewStG). Die Bfin. ist der Auffassung, daß die ihr gewährten Kredite keine Verbesserung und keine Verstärkung des Betriebskapitals darstellten. Sie finanziere damit laufende Geschäfte, die dem Erwerb von Gegenständen des Umlaufvermögens dienten.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht sah in den zur Vermietung bestimmten Kraftwagen Anlagevermögen. Eine nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals liege deshalb vor, weil die Kredite in der Regel länger als 12 Monate liefen. Jedes für sich zu betrachtende Kreditgeschäft dürfe nicht in einen kurzfristigen und einen langfristigen Teil in der Weise zerlegt werden, daß die innerhalb eines Jahres zu entrichtenden Monatsraten nicht als Dauerschulden angesehen würden. Das einzelne Kreditgeschäft könne nur einheitlich beurteilt werden.

In ihrer Rb. vertritt die Bfin. sachlich dieselbe Auffassung wie in den Vorinstanzen und beantragt weiter, das Verfahren auszusetzen, weil mit einer rückwirkenden änderung der Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen gerechnet werden könne.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist begründet.

Das Finanzgericht geht zutreffend davon aus, daß es für die Beurteilung jedes einzelnen für den Erwerb eines Kraftwagens aufgenommenen Kredits als Dauerschuld im Sinne des § 8 Ziff. 1 und des § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG entscheidend auf den Charakter des zu finanzierenden Geschäfts und auf die Laufzeit des Kredits ankommt. Dient der Kredit der Finanzierung der für ein Unternehmen typischen laufenden Geschäftsvorfälle, so tritt das Zeitmoment an Bedeutung zurück (Urteil des Bundesfinanzhofs I 197/57 S vom 11. August 1959, BStBl 1959 III S. 428, Slg. Bd. 69 S. 447). Um solche laufende Geschäfte handelt es sich in der Regel dann nicht, wenn sie der Beschaffung des für das Unternehmen erforderlichen Anlagevermögens dienen. Die von der Bfin. laufend erworbenen Kraftwagen sind im Zeitpunkt der Anschaffung nicht zur alsbaldigen Veräußerung, sondern dazu bestimmt, im Wege der Vermietung laufend Einnahmen zu erbringen. Das typische laufende Geschäft der Bfin. ist nicht der Erwerb von Kraftwagen und deren Veräußerung, sondern die Erzielung von Einnahmen durch Vermietung von Gegenständen ihres Anlagevermögens. Die Eigenschaft des Wagenparks der Bfin. als Anlagevermögen wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der einzelne Kraftwagen infolge des Geschäftsprinzips der Bfin., nur moderne, immer voll einsatzbereite und zuverlässige Kraftwagen zu vermieten, schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit seine Aufgabe im Betrieb nicht mehr erfüllen kann und deshalb veräußert wird. Die Notwendigkeit des Verkaufs des Wagens ist also eine Frage der Benutzung und der Eigentümlichkeit des Geschäftsbetriebs der Bfin., die, wie das Finanzgericht mit Recht betont, nicht den Großhandel mit Kraftwagen betreibt, sondern zur laufenden Veräußerung von Gegenständen ihres Anlagevermögens gezwungen ist. Dadurch werden diese Gegenstände aber, die nicht nach ihrer Anschaffung zum Verkauf bereitstehen, nicht zu Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens.

Mit dem Filmhersteller könnte sich die Bfin. nur dann vergleichen, wenn sie selbst laufend den zu vermietenden Gegenstand herstellen würde, der typische Zweck des hergestellten Wirtschaftsguts in der Vermietung läge und wenn sich das Wirtschaftsgut durch diese Vermietung in verhältnismäßig kurzer Zeit verbrauchte. Es muß davon ausgegangen werden, daß der bei Anschaffung jedes Kraftwagens aufgenommene Kredit der Verbesserung und Erweiterung des Anlagevermögens dient. Daß es sich jeweils um eine Verbesserung des Betriebsvermögens handelt, kann selbst dann nicht zweifelhaft sein, wenn der angeschaffte Kraftwagen zum Ersatz eines im Zeitpunkt der Anschaffung veräußerten gebrauchten Wagens dient. Denn das Betriebskapital wird verbessert, wenn ein bisher gebrauchter Wagen durch einen neuen Wagen ersetzt wird.

Der Senat kann sich der Auffassung der Bfin. nicht anschließen, daß nur die nach Ablauf von 12 Monaten zu leistenden, durch Hingabe von Wechseln gesicherten Teile der einzelnen Kaufpreisschuld eine Dauerschuld darstellten. Es besteht keine Möglichkeit, eine einheitliche Schuld in eine laufende Verbindlichkeit und in eine Dauerschuld zu zerlegen, weil es auf die der Gesamtschuld innewohnende Eigenschaft und Auswirkung, nämlich auf die nicht nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals, ankommt. Dagegen muß der Bfin. darin zugestimmt werden, daß bei der Würdigung des Zeitmoments die laufende Abzahlung nicht außer Betracht gelassen werden darf. Denn eine von Anfang an zu amortisierende Schuld dient in geringerem Umfang der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals als die gleiche Schuld, auf die keine Teilzahlungen zu leisten sind und die nach Ablauf des für die Amortisation laufenden Zeitraums in einem Betrag zurückgezahlt werden muß. Dieser Beurteilung steht das Urteil des Reichsfinanzhofs I 266/38 vom 8. November 1938, RStBl 1939 S. 287, Slg. Bd. 45 S. 161, nicht entgegen, in dem der Reichsfinanzhof erklärte, daß ein Amortisationsdarlehen nicht dadurch zu einer kurzfristigen Schuld werde, daß von Anfang an eine laufende Tilgung vereinbart sei. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt jedes einzelne, höchstens 18 Monate laufende Kreditgeschäft, so liegt die durchschnittliche Laufzeit des Kredits unter 12 Monaten. Es ist deshalb gerechtfertigt, in der Kreditierung eine nur vorübergehende Verstärkung des Betriebskapitals zu sehen und den Dauerschuldcharakter zu verneinen. Damit erledigt sich der von der Bfin. gestellte Aussetzungsantrag.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410084

BStBl III 1961, 537

BFHE 1962, 744

BFHE 73, 744

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