Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Beiladung bei Streit um Zurechnung von Anteilen am Verlust einer KG; Verlustbeteiligung von Kommanditisten bei negativem Kapitalkonto; steuerfreier Sanierungsgewinn bei Kommanditisten

 

Leitsatz (NV)

1. Ist streitig, ob den Kommanditisten noch weitere Anteile am Verlust der KG zugerechnet werden können, sind zu dem von einem betroffenen Kommanditisten eingeleiteten Klageverfahren die KG und die anderen betroffenen Kommanditisten notwendig beizuladen.

2. Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung muß die Summe der den einzelnen Gesellschaftern zugerechneten Verlustanteile mit dem festgestellten Gesamtergebnis übereinstimmen.

3. Zu den Voraussetzungen, unter denen Kommanditisten auch noch nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der KG Anteile am Verlust der KG zugerechnet werden können.

4. Der Zurechnung weiterer Verlustanteile bei den Kommanditisten steht nicht entgegen, daß es zum späteren Ausgleich der negativen Kapitalkonten (auch) durch Anteile der Kommanditisten an einem steuerfreien Sanierungsgewinn kommen kann.

5. Bei unternehmensbezogener Sanierung sind auch die Anteile der Kommanditisten am Sanierungsgewinn steuerfrei.

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 60 Abs. 3; EStG § 3 Nr. 66

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) waren im Streitjahr (1978) Kommanditisten der X-GmbH & Co. KG (KG); weiterer Kommanditist war Sch. Am Gewinn und Verlust waren die Kommanditisten zu je 1/3 beteiligt. Komplementärin und Geschäftsführerin der KG war ohne Vermögenseinlage die Beigeladene, die X-GmbH (GmbH). Die KG befaßte sich mit der Herstellung von und dem Handel mit . . .

Am 21. Juli 1978 stellte die Klägerin Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens wegen Zahlungsunfähgikeit, wobei jedoch zum Ausdruck gebracht wurde, es werde ein Vergleich mit den Gläubigern (Zwangsvergleich) und eine anschließende Fortführung des Unternehmens angestrebt. Das Gewerbe wurde vom Konkursverwalter abgemeldet. Das Anlagevermögen, im wesentlichen das Betriebsgrundstück mit Fertigungsgebäude, wurde 1979 veräußert, wobei das Betriebsgrundstück von einer OHG erworben wurde, die auf dem Nachbargrundstück tätig war und deren Gesellschafter die beiden Kläger waren. Aufgrund von Verhandlungen mit den Gläubigern kam es im Jahre 1982 zum Abschluß eines Zwangsvergleichs, in dem die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichteten. Das Konkursverfahren wurde aufgehoben. Die KG war seitdem weiterhin gewerblich tätig, beschränkte sich nunmehr aber auf den Handel mit . . .; schon vor Eröffnung des Konkursverfahrens waren etwa 90 v.H. der Umsätze auf den Handel entfallen.

Für das Streitjahr wurden ein Verlust der KG in Höhe von 1024033,13 DM sowie Sonderbetriebsausgaben des Kommanditisten Sch in Höhe von 23380 DM erklärt. Vom Verlust der KG wurden den Klägern je 367344 DM, dem Kommanditisten Sch 340344 DM und der GmbH 3000 DM zugerechnet. Danach ergaben sich für alle Kommanditisten negative Kapitalkonten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) übernahm die erklärte Verlustverteilung nicht, sondern rechnete im angefochtenen Feststellungsbescheid vom 12. September 1980 die Verluste, soweit dadurch bei den Kommanditisten negative Kapitalkonten entstanden waren, der GmbH zu.

Dagegen richtete sich der Einspruch des Kommanditisten Sch, mit dem dieser geltend machte, ihm sei der nach der Bilanz auf ihn entfallende Verlustanteil zu Unrecht nicht zugerechnet worden und außerdem seien ihm weitere Sonderbetriebsausgaben entstanden. Das FA zog die beiden Kläger gemäß § 360 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) zum Verfahren hinzu.

In der Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 1987 stellte das FA unter Berücksichtigung weiterer Sonderbetriebsausgaben des Kommanditisten Sch den Verlust mit insgesamt ./. 1288662 DM fest. Den Verlust der KG rechnete das FA den Kommanditisten unverändert in Höhe der Kapitalkonten von jeweils 8500 DM zu. Der weitergehende Verlust (1000533 DM) wurde mit der Begründung, am Bilanzstichtag (31. Dezember 1978) sei nicht mehr mit der Entstehung künftiger Gewinne zur Wiederauffüllung negativer Kapitalkonten zu rechnen gewesen, der GmbH zugerechnet.

Dagegen richtete sich die Klage, mit der die Kläger geltend machten, die Verlustanteile, die nach der Bilanz der KG auf sie entfielen, seien ihnen mit Rücksicht auf den beabsichtigten Zwangsvergleich und die vorgesehene Fortführung des Unternehmens auch zuzurechnen, soweit dadurch bei ihnen negative Kapitalkonten entstünden.

Das Finanzgericht (FG) lud die Komplementär-GmbH gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit der Begründung bei, über die Frage der Verlustzurechnung könne nur einheitlich auch mit Wirkung gegenüber der GmbH entschieden werden.

Das FG stellte in seinem Urteil unter Änderung des Feststellungsbescheids 1978 die Verlustanteile der beiden Kläger auf je 322211 DM fest. Im übrigen ließ das FG den angefochtenen Bescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung unverändert. Das FG war der Auffassung, im Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz zum 31. Dezember 1978 habe begründete Aussicht auf den Abschluß eines Zwangsvergleichs mit der Folge der Fortführung des Betriebs bestanden. Das FG berief sich hierzu u.a. auf die Absicht de

r Gesellschafter, das Unternehmen fortzuführen, deren Bemühungen, einen Zwangsvergleich herbeizuführen, auf ein Schreiben des Konkursverwalters vom 7. April 1979, in dem dieser über die Bereitschaft des Gläubigerausschusses, über einen Vergleich zu beraten, berichtet hatte, die Verhandlungen der Gesellschafter mit den Gläubigern, die tatsächliche Durchführung des Zwangsvergleichs und die anschließende Weiterführung des Unternehmens. Es folgerte hieraus unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.Januar 1985 VIII R 43/84 (BFHE 144, 533, BStBl II 1986, 136), den Kommanditisten der KG hätten die Verluste des Streitjahres auch noch über den Betrag ihrer Kapitalkonten hinaus zugerechnet werden können. Das FG vertrat ferner die Auffassung, auch ein steuerfreier Sanierungsgewinn, wie er im Streitfall durch den Zwangsvergleich im Jahre 1982 entstanden sei, sei geeignet, negative Kapitalkonten von Kommanditisten aufzufüllen.

Dagegen richtet sich die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des FA, mit der geltend gemacht wird, im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung 1978 (28. Mai 1980) sei der 1982 erfolgte Zwangsvergleich als eine rein theoretische und spekulative Möglichkeit anzusehen gewesen, die KG werde später wieder Gewinne erzielen. Auch sei ein steuerfreier Sanierungsgewinn zur erfolgsneutralen Auffüllung des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten nicht geeignet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr.2 FGO).

Das FG hat notwendige Beiladungen unterlassen.

1. Streitig ist, ob den Klägern Anteile am Verlust der KG auch zugerechnet werden können, soweit bei ihnen dadurch negative Kapitalkonten entstehen. Insoweit waren die Kläger klagebefugt nach § 48 Abs. 1 Nr.1 FGO. Klagebefugt war nach § 48 Abs. 1 Nr.3 FGO und der ständigen Rechtsprechung des BFH aber auch die KG als solche. Deren Klagebefugnis in grundsätzlich allen die Mitunternehmerschaft betreffenden Rechtsstreitigkeiten wird durch die Klagebefugnisse der Gesellschafter und Mitunternehmer in den Fällen des § 48 Abs. 1 Nr.1 und 2 FGO nicht berührt (vgl. Senatsurteil vom 4. August 1988 IV R 78/86, BFH/NV 1989, 281 m.w.N.; BFH-Urteil vom 2. Mai 1990 VIII R 20/86, BFH/NV 1991, 219).

Die KG als solche hat nicht Klage erhoben. Klagen wurden, und zwar getrennt, durch die beiden Kläger erhoben mit dem Antrag, ihren Verlustanteil auf (je) 322211 DM festzustellen. Ein Hinweis, daß die getrennten Klagen, die erst vom FG zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, auch als Klagen der KG angesehen werden könnten, ergibt sich aus den Klageschriften nicht. Die Prozeßvollmachten sind von dem jeweiligen Kläger nur persönlich erteilt worden. Auch insoweit fehlt jeglicher Anhaltspunkt für eine Klageerhebung durch die KG.

Erhebt ein zur Vertretung der Personengesellschaft befugter Gesellschafter in den Fällen des § 48 Abs. 1 Nr.1 und 2 FGO Klage, so hat nach der Rechtsprechung des BFH das FG ggf. zu klären, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer nur persönlich oder nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder sowohl für die Gesellschaft als auch persönlich klagt (BFH-Urteil vom 26. März 1980 I R 87/79, BFHE 131, 1, BStBl II 1980, 586). Im Streitfall bedurfte und bedarf es einer solchen Klärung durch das FG jedoch nicht. Denn nicht die Kläger oder einer der Kläger, sondern die Beigeladene war geschäftsführende Gesellschafterin der KG. In Fällen dieser Art sind die Grundsätze des Urteils in BFHE 131, 1 BStBl II 1980, 586 nicht anzuwenden; vielmehr ist davon auszugehen, daß die Personengesellschaft als solche nicht geklagt hat (Urteil in BFH/NV 1991, 219).

2. Notwendig beizuladen war darüber hinaus der Kommanditist Sch. Ebenso wie die Kläger war auch Sch klagebefugt nach § 48 Abs. 1 Nr.1 FGO. Die Frage, ob den Kommanditisten Verlustanteile der KG auch zuzurechnen waren, soweit dadurch bei ihnen negative Kapitalkonten entstanden, kann gegenüber den Klägern und Sch angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit ihrer Stellung als Kommanditisten, die ihre Einlage voll erbracht hatten, nur einheitlich entschieden werden. Sch hatte zwar durch seinen Einspruch das Einspruchsverfahren in Gang gesetzt, jedoch gegen die Einspruchsentscheidung, obwohl seinem Antrag nicht voll entsprochen worden war, Klage nicht erhoben. Er mußte daher zum Klageverfahren, welches von den Klägern als im Einspruchsverfahren gemäß § 360 Abs. 3 AO 1977 Hinzugezogenen in Gang gesetzt worden war, gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen werden.

3. Die Unterlassung der notwendigen Beiladungen berührt die Grundordnung des Verfahrens, muß auch ohne entsprechende Verfahrensrüge beachtet werden und führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Urteile in BFH/ NV 1989, 281, und BFH/NV 1991, 219, m.w.N.).

Das Urteil des FG war danach aufzuheben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Das FG wird bei seinem weiteren Verfahren beachten müssen, daß die angefochtene Einspruchsentscheidung allen notwendig Beizuladenden gegenüber wirksam geworden sein muß (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juli 1985 II R 228/82, BFHE 144, 155, BStBl II 1985, 675; vom 3. Dezember 1986 II R 59/86, BFHE 148, 420, BStBl II 1987, 302). Im Streitfall ist die Einspruchsentscheidung nur den Prozeßbevollmächtigten der Kläger und des Sch bekanntgegeben worden, und zwar für jeden Kläger und für Sch gesondert. Danach fehlt es bisher an einer wirksamen Bekanntgabe gegenüber der KG.

Bei seinem erneuten Verfahren wird das FG auch zu beachten haben, daß die Summe der auf die Gesellschafter zu verteilenden Anteile am Verlust der KG zuzüglich der Verluste aus dem Sonderbetriebsbereich des Sch mit dem in der Einspruchsentscheidung festgestellten Gesamtverlust der Mitunternehmerschaft, der zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, übereinstimmen muß. In der Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 1987 ist der Gesamtverlust der Mitunternehmerschaft unter Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben des Sch auf 1288662 DM festgestellt worden, wovon dem Sch 271129 DM und der GmbH 1000533 DM zugerechnet wurden; den Klägern wurden nur je 8500 DM zugerechnet. In Abänderung des angefochtenen Feststellungsbescheids und der Einspruchsentscheidung hat das FG für die Kläger Verlustanteile von je 322211 DM festgestellt. Die für die anderen Gesellschafter festgestellten Verlustanteile und der Gesamtverlust sind hingegen nicht geändert worden, jedenfalls nicht ausdrücklich. Danach ergäben sich bei einem unverändert gebliebenen Gesamtverlust von 1288662 DM Verlustanteile in Höhe von (322211 DM + 322211 DM + 271129 DM + 100533 DM =) 1916084 DM. Bei diesem Ergebnis kann es nicht bleiben. Die Summe der festgestellten und zugerechneten Verlustanteile darf nicht höher als der festgestellte Gesamtverlust sein.

Der Senat hält es, auch im Hinblick darauf, daß der Rechtsstreit bereits seit 1984 anhängig ist (und zwar zunächst als Klage der KG, die dann auf Veranlassung des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen für in der Hauptsache erledigt erklärt wurde), für zweckmäßig, im Interesse einer Förderung des Verfahrens Hinweise zur möglichen weiteren Behandlung der Sache zu geben, die allerdings für das FG nicht entsprechend § 126 Abs. 5 FGO verbindlich sind.

1. a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 26. Mai 1981 IV R 17/81 (BFHE 133, 409, BStBl II 1981, 668) und dem Urteil in BFHE 144, 533, BStBl II 1986, 136 auch nach der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer KG den Kommanditisten Verlustanteile, die zu einem negativen Kapitalkonto führen, nach den Grundsätzen der Entscheidung des BFH vom 10. November 1980 GrS 1/79 (BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164) zuzurechnen sein können, wenn im Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht auszuschließen ist, daß der Konkurs nach Abschluß eines Zwangsvergleichs aufgehoben und die KG fortgeführt wird. Demnach genügt für die Zurechnung weiterer Verlustanteile bei den Kommanditisten, daß die spätere Fortführung der KG nach Abschluß eines Zwangsvergleichs nicht auszuschließen ist. Es ist hingegen nicht erforderlich, daß eine spätere Betriebsfortführung wahrscheinlich ist oder daß die Gründe für eine solche Prognose die Gegengründe überwiegen. Erfahrungsgemäß ergibt sich oft erst aus längeren und mitunter schwierigen und zeitraubenden Verhandlungen mit den Gläubigern, ob und zu welchen Bedingungen ein Zwangsvergleich möglich ist. Der Senat neigt deshalb zu der Auffassung, daß insbesondere dann, wenn die Gesellschafter oder eine Mehrheit der Gesellschafter der in die Krise geratenen Gesellschaft ernsthaft einen Zwangsvergleich anstreben und zu diesem Zwecke auch Verhandlungen mit den Gläubigern aufnehmen, um danach das Unternehmen, wenn auch ggf. nach notwendigen Betriebsumstellungen und/oder Betriebsverkleinerungen, fortführen zu können, von der Möglichkeit einer späteren Unternehmensfortführung auszugehen ist, es sei denn, die entsprechenden Absichten und Anstrengungen sind offensichtlich zum Scheitern verurteilt. Nur diese Beurteilung wird auch dem anzuerkennenden Bestreben gerecht, Unternehmen in der Krise nach Möglichkeit nicht zu liquidieren, sondern zu sanieren.

b) Die in diesem Zusammenhang erforderlichen tatsächlichen Feststellungen obliegen dem FG. Im Streitfall hat das FG festgestellt, daß seitens der Gesellschafter schon bei Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens die Herbeiführung eines Zwangsvergleichs mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung beabsichtigt war, daß dies auch dem Konkursverwalter bekannt war, und daß dementsprechend auch Verhandlungen mit den Banken, dem FA und den anderen Gläubigern geführt wurden, die dann auch tatsächlich im Jahr 1982 zum Zwangsvergleich und zur Fortführung des Unternehmens führten. Bei diesen tatsächlichen Feststellungen begegnet die Auffassung des FG, es habe begründete Aussicht auf einen Zwangsvergleich und die spätere Fortführung des Unternehmens bestanden, revisionsrechtlich keinen Bedenken. Unschädlich erscheint, daß im Jahre 1979 das wesentliche Anlagevermögen veräußert worden war. Denn das Unternehmen konnte auch mit später neuerworbenen oder gemieteten Anlagegegenständen fortgeführt werden. Unschädlich erscheint ferner, daß das Unternehmen nicht als Fertigungs- und Handelsbetrieb, sondern als reiner Handelsbetrieb fortgeführt wurde. Bereits im Urteil in BFHE 144, 533, BStBl II 1986, 136, 138 hat der VIII.Senat ausgeführt, daß es bei zivilrechtlicher Identität der fortgeführten (nicht voll beendeten) mit der früheren Personengesellschaft, wie sie auch im Streitfall gegeben ist, für die hier zu beurteilende Rechtsfrage nicht auf eine ,,wirtschaftliche Identität" des fortgeführten mit dem früheren Unternehmen ankommt. Der Senat schließt sich der Auffassung des VIII.Senats an. Denn nur diese Auslegung wird auch dem Umstand gerecht, daß die Fortführung eines Unternehmens oft nur bei erheblicher Umstrukturierung möglich ist. Beim gewerbesteuerlichen Verlustabzug (§ 10a des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -) kann es wegen des dort bestehenden Erfordernisses der Unternehmensidentität im Einzelfall jedoch zum Untergang des bisherigen Verlustabzugs kommen, wenn das Unternehmen wesentlich umgestellt wird. Darum geht es im Streitfall jedoch nicht.

2. Durch den Zwangsvergleich ist es im Veranlagungszeitraum 1982 zu einem Gewinn durch Teilwegfall der betrieblichen Verbindlichkeiten der KG gekommen. Dieser Gewinn ist nach der nach Aktenlage zutreffenden Auffassung aller Beteiligten ein steuerfreier Sanierungsgewinn i.S. des

§ 3 Nr.66 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sanierungsgewinne, die anteilig auf Kommanditisten einer sanierungsbedürftigen KG entfallen, sind allerdings dann nicht nach § 3 Nr.66 EStG begünstigt, wenn durch den Schulderlaß nicht die wirtschaftliche Gesundung der KG als solcher, sondern die der persönlich haftenden Gesellschafter bezweckt wird (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 39/87, BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784). Im Streitfall handelt es sich jedoch um eine unternehmensbezogene Sanierung, durch die der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden sollte. Bei unternehmensbezogenen Sanierungen dieser Art sind zweifelsfrei auch die Gewinnanteile der Kommanditisten steuerfrei nach § 3 Nr.66 EStG.

Durch den steuerfreien Sanierungsgewinn verringern sich entsprechend die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten in der Handels- und auch in der Steuerbilanz der KG. Ob dieser Vorgang so zu werten ist, als sei es aufgrund einer entsprechenden Änderung des Verteilungsschlüssels bei den Kommanditisten zu einem ,,Wegfall" des negativen Kapitalkontos entsprechend den Grundsätzen des BFH-Beschlusses in BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164 bzw. des § 52 Abs. 19 Satz 4 EStG und zur Entstehung eines entsprechenden steuerpflichtigen Gewinns gekommen (so wohl Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 15a Anm.5d) oder ob nicht statt dessen maßgebend ist, daß Verbindlichkeiten der KG als solcher erlassen werden und der so sich ergebende steuerfreie Gewinn automatisch entsprechend dem unveränderten Gewinnverteilungsschlüssel auch den Kapitalkonten der Kommanditisten gutgebracht wird, bedarf im Streitfall nicht der Entscheidung. Diese Frage stellt sich nicht im Streitjahr, sondern im Veranlagungszeitraum 1982, in dem der Sanierungsgewinn entstanden ist.

Für das Streitjahr (1978) ergibt sich die Möglichkeit, den Kommanditisten Verlustanteile über den Betrag ihrer Kapitalkonten hinaus zuzurechnen, daraus, daß, wie dargelegt, die spätere Fortführung des Unternehmens nicht ausgeschlossen werden konnte.

Dann konnte aber auch noch mit späteren steuerpflichtigen Gewinnen gerechnet werden. Daß daneben auch mit einem steuerfreien Sanierungsgewinn gerechnet werden konnte, kann die vorherige Zurechnung von zu negativen Kapitalkonten führenden Verlusten nicht ausschließen, auch wenn abzusehen war, daß der Sanierungsgewinn früher als künftige laufende Gewinne entstehen würde.

Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 476

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