Eine Vergütungsvereinbarung kann auch als Wahlschuldverhältnis i. S. v. § 262 BGB qualifiziert werden, bei dem der Mandant entsprechend dem von ihm verfolgten Ziel wählen kann, ob die ausgeführte Tätigkeit durch eine Pauschalhonorarvereinbarung oder eine Abrechnung auf Stundenbasis vergütet werden soll (KG, Urteil v. 7.5.2019, 13 U 26/18).

Hintergrund: Das Kammergericht (KG) ist das höchste Berliner Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Es ist das "Oberlandesgericht" des Landes Berlin.

Was ist ein Wahlschuldverhältnis?

Dazu heißt es in § 262 BGB: „Werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet, dass nur die eine oder die andere zu bewirken ist, so steht das Wahlrecht im Zweifel dem Schuldner zu.”

Eine Wahlschuld liegt demnach vor, wenn von mehreren bestimmten Leistungen nur eine geschuldet wird, nämlich diejenige, die vom Gläubiger, alternativ vom Schuldner, ausgewählt wurde.

Die Rechtsprechung des Kammergerichts zur Honorarvereinbarung eines Rechtsanwalts

Der Kläger war angestellter Bereichsleiter. Mitte 2016 eröffnete ihm der Arbeitgeber, dass er nicht mehr als "Bereichsleiter", sondern als nachgeordneter "Abteilungsleiter" gesehen werde. Daraufhin wandte sich der Kläger an die beklagte Anwaltsgesellschaft (im Folgenden "Rechtsanwalt").

Es fand ein Beratungsgespräch mit einem Rechtsanwalt statt, in dem Handlungsalternativen in der konkreten Situation aufgezeigt wurden. Zu diesem Zeitpunkt war dem Kläger noch nicht klar, wie er sich zu dem Verlangen seines Arbeitgebers stellen würde und ob er um den Erhalt des Arbeitsplatzes kämpfen oder das Unternehmen verlassen möchte. Der Rechtsanwalt händigte dem Kläger den "Entwurf" für einen noch auszuhandelnden Aufhebungsvertrag aus.

Der Kläger und der Rechtsanwalt sprachen auch über die Vergütung, der genaue Inhalt des Gesprächs ist streitig. Bei dem Beratungsgespräch überreichte der Rechtsanwalt dem Kläger zudem zwei von ihm bereits unterschriebene Vergütungsvereinbarungen mit der Bitte, beide gegengezeichnet zurückzureichen.

Eine Vergütungsvereinbarung sah für die arbeitsrechtliche Beratung des Klägers und dessen außergerichtliche und gerichtliche Vertretung in erster Instanz ein Pauschalhonorar i. H. v. 15.000 EUR zzgl. MwSt. vor ("Pauschalhonorarvereinbarung"). Die zweite, vom Wortlaut weitestgehend identische Vereinbarung, sah ein Honorar i. H. v. 350 EUR je Zeitstunde zzgl. MwSt. ("Stundenhonorarvereinbarung") vor.

In der Folgezeit übersandte der Kläger seinem Rechtsanwalt die beiden von ihm unterzeichneten Honorarvereinbarungen sowie den von ihm ergänzten Aufhebungsvertrag zurück. Auch teilte er dem Rechtsanwalt die Kontaktdaten der Personalleiterin seines Arbeitgebers mit, um diesen in die Lage zu versetzen, für ihn einen Aufhebungsvertrag auszuhandeln. Dem kam der Rechtsanwalt nach und ­erzielte für den Kläger eine arbeitsrechtliche Aufhebungsvereinbarung.

Zum Schluss rechnete der Rechtsanwalt das Mandat ab. Er forderte vom Kläger Zahlung von 15.000 EUR zzgl. MwSt. i. H. v. 2.850 EUR (brutto 17.850 EUR) abzüglich des gezahlten Vorschusses von 5.000 EUR, sodass sich ein Rechnungsendbetrag von 12.850 EUR ergab. Der Rechtsanwalt setzte hiervon weitere 3.249,12 EUR ab, die die Rechtsschutzversicherung des Klägers ausgezahlt hatte, sodass ein Zahlbetrag von 9.600,88 EUR verblieb.

Der Kläger zahlte nicht, sondern forderte den Rechtsanwalt auf, die von ihm geleisteten 5.000 EUR zurück zu erstatten. Nachdem der Rechtsanwalt dem Verlangen nicht nachkam, erhob der Kläger Klage und begehrte Zahlung von zuletzt 4.850 EUR (geleisteter Vorschuss von 5.000 EUR abzgl. des mit der Rechtsschutzversicherung vereinbarten Selbstbehalts von 150 EUR) nebst Zinsen. Der Rechtsanwalt trat dem entgegen, beantragte Abweisung der Klage und begehrte im Wege der Widerklage, den Kläger zu verurteilten, 9.600,88 EUR Anwaltshonorar zu bezahlen.

Mit Urteil vom 22.8.2018 wies das LG die Klage ab und verurteilte den Kläger, auf die Widerklage an die beklagte Rechtsanwaltsgesellschaft 81,39 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Widerklage des Rechtsanwalts wurde ebenfalls abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgte der Kläger den von ihm erstinstanzlich geltend gemachten Rückzahlungsanspruch weiter. Der Rechtsanwalt wandte sich mit der von ihm angebrachten Berufung gegen die teilweise Abweisung des von ihm mit der Widerklage verfolgten Zahlungsanspruchs. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg, die Berufung des Beklagten hingegen war erfolgreich.

Wahlschuldverhältnis zwischen Pauschalhonorarvereinbarung und Abrechnung auf Stundenbasis

Der Kläger habe insoweit vorgetragen, dass vereinbart worden sei, dass auf Stundenbasis abgerechnet werde, solange die Angelegenheit nicht kompliziert werde und man mit dem Arbeitgeber nicht in einen Rechtsstreit vor Gericht ziehen müsse. Die Pauschalvergütung habe dagegen gelten sollen, wenn deutlich werde, dass die Angelegenheit nur mit erhöhtem Aufwand betrieben werden könne und man sich vor Gericht streiten müsse.

Der Beklagte trug demgegenüber vor, es sei vere...

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