Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslohn, geldwerter Vorteil für die Überlassung eines Firmenwagens – Fortfall der Nutzungsbefugnis durch Erkrankung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist der Steuerpflichtige nach den mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarungen aufgrund einer die Fahrtüchtigkeit einschränkenden Erkrankung zur privaten Nutzung eines ihm überlassenen Firmenwagens zeitweise nicht befugt und auch eine vertragswidrige Nutzungsüberlassung an Dritte auszuschließen, ist der geldwerte Vorteil aus der Pkw-Überlassung in diesem Zeitraum nicht als Arbeitslohn zu erfassen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 21.03.2013 - VI R 26/10, BFH/NV 2013, 1396).

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Streitgegenstand ist nach Abtrennung des die Einkommensteuer (ESt) 2012 und 2013 betreffenden Verfahrens nur noch die ESt 2014.

Der Kläger ist als SAP-Berater nichtselbständig tätig. Ihm wird von seinem Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt, den er auch zu privaten Zwecken nutzen darf. Der hierin liegende geldwerte Vorteil wurde im Streitjahr 2014 nach der sog. 1 % - Regelung mit 433 €/Monat versteuert.

Der Beklagte erließ am 13.11.2015 einen ESt-Bescheid für das Jahr 2014. Dabei setzte er den Bruttoarbeitslohn mit den in den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen ausgewiesenen Werten an. Diese Werte hatte der Kläger auch selbst erklärt.

Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass der Arbeitslohn um 2.165 € (5 Monate à 433 €) zu kürzen sei, da er den Firmenwagen für fünf Monate nicht habe nutzen können. Am 23.02.2014 habe er einen Hirnschlag erlitten, woraufhin ihm ein Fahrverbot durch den behandelnden Arzt erteilt worden sei. Das Fahrverbot sei erst am 29.07.2014 durch die Fahrschule „... GmbH” aufgehoben worden. Ungeachtet der Erkrankung sei die 1 % - Regelung für das ganze Jahr angewendet worden. Für die Zeit des Fahrverbotes dürfe jedoch keine Besteuerung erfolgen, da überhaupt kein Vorteil entstanden sei und mithin auch kein fiktiver Arbeitslohn vorliege. Der Wagen sei auch nicht von Dritten genutzt worden. Er - der Kläger - sei verwitwet.

Der Kläger legte ein „Begutachtungsprotokoll” der o.g. Fahrschule vom 29.07.2014 vor, das wie folgt überschrieben ist: „Behinderung/Einschränkungen: Schlaganfall / Hirnschlag” „Standardisierte „Hamburger Fahrprobe” gemäß…FEV durchgeführt” „Termin 28.07.2014”. Das Protokoll endet mit „Fazit: Herr…A kann ab sofort wieder Kraftfahrzeuge der Klasse B mit Schaltgetriebe führen.” Vorgelegt wurde zudem ein Schreiben der…Fachklinik vom 21.05.2014, aus dem sich ergibt, dass der Kläger vom 14.03.2014 bis 09.05.2014 in stationärer Behandlung war. Darüber hinaus wurden Auszüge aus einem Ärztlichen Entlassungsbrief eingereicht, in dem es heißt, dass der Kläger sich vom 24.02. bis 14.03.2014 in der Neurologischen Klinik des Städtischen Klinikums…in Behandlung befunden habe und „derzeit zum Führen von Kraftfahrzeugen jeglicher Art nicht geeignet” sei.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 03.06.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass eine Besteuerung der privaten Nutzung eines Firmenwagens nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG bereits dann vorzunehmen sei, wenn eine Nutzungsmöglichkeit bestehe. Darauf, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den Wagen tatsächlich genutzt habe, komme es nach neuerer BFH-Rechtsprechung nicht an (Verweis auf BFH, Urteil vom 21.03.2013 - VI R 26/10, BStBl II 2013, 700).

Der Kläger hat sodann Klage erhoben und die mit dem Arbeitgeber getroffene „Vereinbarung über die geschäftliche und private Nutzung eines firmeneigenen Dienstwagens” vorgelegt. Es heißt dort u.a. wie folgt:

㤠5 Benutzungsumfang

…Die Überlassung des Fahrzeugs an Dritte ist unzulässig, außer sie erfolgt aus dringenden dienstlichen Notwendigkeiten. ...

§ 6 Fahrten

1. Fahrerlaubnis ...

2. Fahruntüchtigkeit

Die Nutzung des Fahrzeugs ist untersagt, wenn der Mitarbeiter oder ein von ihm beauftragter Fahrer nach pflichtgemäßer Prüfung aller Umstände nicht mit Sicherheit ausschließen kann, daß seine Fahrtüchtigkeit durch den Genuß von Alkohol oder Medikamenten eingeschränkt ist. Dies gilt auch für Übermüdung oder Krankheit.

3. Fahrten durch Dritte

Das Fahrzeug darf nur in dringenden betrieblichen Fällen an Dritte überlassen werden. ...”

Der Kläger weist darauf hin, dass die Eignung und damit auch die Berechtigung für das Führen des Fahrzeugs aufgrund der Erkrankung entfallen sei. Hierdurch sei auch sein Versicherungsschutz erloschen. Er habe den Firmenwagen nicht mehr nutzen dürfen und auch tatsächlich nicht genutzt. Damit sei die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs dargelegt.

Dass er aus medizinischen Gründen nicht mehr befugt gewesen sei, ein Fahrzeug zu führen, habe er seinem Arbeitgeber telefonisch mitgeteilt. Auf Nachfrage des Gerichts, wo sich der Wagen während der Erkrankung befunden habe, teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 05.12.2016 zunächst mit, dass sich das Fahrzeu...

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