Rz. 56
Nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 entfällt die aufschiebende Wirkung aufgrund folgender vorrangiger bundesgesetzlicher Fälle
von Widerspruch und Klage
- gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt (§ 39 Nr. 1 SGB II);
- gegen einen Verwaltungsakt, der den Übergang eines Anspruchs bewirkt (§ 39 Nr. 2 SGB II). Gemeint ist damit zunächst der Übergang von Ansprüchen nach § 33 SGB II. Nach der ab 1.8.2006 geltenden Fassung der Vorschrift gehen die Ansprüche indes kraft Gesetzes über, so dass § 39 Nr. 2 SGB II insoweit leerläuft. Ob die Vorschrift auch in Bezug auf die sog. Abzweigung gemäß § 48 Abs. 1 SGB I Anwendung findet, ist fraglich (verneinend SG Oldenburg, Beschluss v. 18.7.2005, S 47 AS 397/05 ER, info also 2005 S. 221; SG Düsseldorf, Beschluss v. 1.9.2006, S 28 AS 209/06 ER, ASR 2007 S. 122);
- gegen einen Verwaltungsakt, mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird (§ 39 Nr. 2 SGB II);
- gegen einen Verwaltungsakt, mit dem nach §§ 59, 309 SGB III zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird (§ 39 Nr. 3 SGB II);
- bei Entscheidungen auf Erstattung von Arbeitslosengeld durch Arbeitgeber nach §§ 147a, 336a Satz 1 Nr. 1 SGB III;
- bei Entscheidungen, die Arbeitsgenehmigungen – EU aufheben oder ändern (§ 336a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III);
- bei Entscheidungen, die die Berufsberatung nach § 288a SGB III untersagen (§ 336a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III);
- bei Aufforderungen nach § 309 SGB III (Meldeaufforderungen), sich bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden (§ 336a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III);
- gegen die Aufhebung oder die Ablehnung der Verlängerung einer Erlaubnis nach dem AÜG (Abs. 4).
- gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V);
- gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang eines gegen einen anderen gerichteten Anspruchs bewirkt, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 SGB I ist (§ 93 Abs. 3 SGB XII;
- gegen eines Ruhensbescheid (§ 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG);
von Klagen
- gegen die Verwaltungsakte der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung zur Einziehung von Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V (§ 43b Abs. 2 Satz 5 SGB V);
- gegen die Festsetzung des Schiedsamts (§ 89 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1a Satz 4 SGB V);
- gegen die Richtlinien zur Zusammenstellung von Arznei- und Heilmitteln (§ 92 Abs. 3 Satz 2 SGBV);
- gegen die Entscheidung des Berufungsausschusses, sofern dieser die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet hat (§ 97 Abs. 4 SGB V, § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG);
- gegen eine vom Beschwerdeausschuss festgesetzte Honorarkürzung (§ 106 Abs. 5 Satz 7 SGBV);
- gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses über die Festsetzung eines Richtgrößenregresses (§ 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V);
- gegen Zahlungsbescheide im Risikostrukturausgleich einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V).
Rz. 57
Durch das Gesetz zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917) ist § 39 Nr. 1 SGB II mit Wirkung zum 1.1.2009 präzisiert und um Regelungen zur Eingliederung erweitert sowie § 39 Nr. 3 und 4 SGB II eingeführt worden. Die Neufassung des § 39 Nr. 1 SGB II stellt klar, dass die Fälle der Erstattung von zu Unrecht geleisteten Beträgen der Grundsicherung nicht der Ausnahme der Nr. 1 unterliegen, d. h. dass die Anfechtungsklage insoweit aufschiebende Wirkung hat (vgl. LSG NRW, Beschluss v. 12.3.2010, L 12 AS 45/10 B). In der Folge hat sich die früher streitige Frage, ob Widerspruch und Klage gegen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide über Leistungen der Grundsicherung für Arbeit aufschiebende Wirkung haben, erledigt (vgl. Vorauflage Rz. 11). Jedenfalls nach § 39 SGB II in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung entfällt die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches und einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt über die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen nicht (mehr). Dies ergibt sich nunmehr aus dem ("klargestellten") Wortlaut des § 39 Nr. 1 SGB II (vgl. LSG Bayern, Beschluss v. 20.7.2009, L 7 AS 344/09 B ER) und der Begründung des Gesetzentwurfes (vgl. BT-Drs. 16/10810 S. 50 zu Nr. 14). Nunmehr gilt, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Aufhebungsbescheide im weiteren Sinne, d. h. Bescheide über die Rücknahme (§ 45 SGB X), den Widerruf (§ 47 SGB X) und die Aufhebung von Dauerverwaltungsakten wegen wesentlicher Änderungen (§ 48 SGB X), keine aufschiebende Wirkung haben (vgl. Krodel, Eilverfahren, B Rn. 117a), wobei es nach dem Wortlaut nicht darauf ankommt, ob die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur für Zukunft oder mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben wird. Demgegenüber verbleibt es bei der...
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