4.1 Vereinbarung

Das Stimmrechtsprinzip kann grundsätzlich durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geändert werden. Erweist sich etwa das gesetzliche Kopfstimmrecht angesichts bestimmter Umstände als wenig interessengerecht, haben die Wohnungseigentümer unproblematisch die Möglichkeit, dieses etwa in das Objekt- oder Wertprinzip umzuändern. Entsprechendes gilt auch dann, wenn ein vom gesetzlichen Kopfprinzip abweichendes Stimmprinzip in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung festgelegt wurde. Auch dieses Stimmprinzip kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer abgeändert werden.

4.2 Beschluss

Durch bloße Beschlussfassung kann eine Änderung des Stimmrechtsprinzips nicht herbeigeführt werden. Ein entsprechender Beschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig.

4.3 Öffnungsklausel-Beschluss

4.3.1 Spezifizierte Öffnungsklausel

Enthält die Gemeinschaftsordnung ausnahmsweise einmal eine spezifizierte Öffnungsklausel, die sich ausdrücklich auf eine Änderung des Stimmrechtsprinzips bezieht, ist auf ihrer Grundlage eine Änderung des Stimmrechtsprinzips unter den formellen Voraussetzungen der Öffnungsklausel möglich.[1]

 
Praxis-Beispiel

Spezifizierte Öffnungsklausel

"Die Wohnungseigentümer können mit einer Mehrheit von 2/3 beschließen, dass sich das Stimmrecht nicht mehr nach Miteigentumsanteilen richtet, sondern dass jeder Wohneinheit eine Stimme zukommt."

4.3.2 Allgemeine Öffnungsklausel

Ob das Stimmrechtsprinzip auch auf Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel abgeändert werden kann, ist höchst zweifelhaft.

 
Praxis-Beispiel

Allgemeine Öffnungsklausel

"Die Wohnungseigentümer können die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung mit einer Mehrheit von 2/3 abändern."

Stets ist im Rahmen der Beschlussfassung auf Grundlage einer einfachen Öffnungsklausel zu beachten, dass eine derartige eine Mehrheitsbeschlussfassung lediglich formell legitimiert.[1] In materieller Hinsicht darf der Beschluss nicht in unentziehbare, aber verzichtbare Rechte der Wohnungseigentümer eingreifen.[2] Das Stimmrecht selbst kann dem Wohnungseigentümer auf Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel nicht genommen werden. Dies wäre nicht einmal auf Grundlage einer spezifizierten Öffnungsklausel möglich, da es zu den Grundprinzipien des Wohnungseigentumsrechts zählt.[3] Eine Änderung des Stimmrechtsprinzips entzieht dem Wohnungseigentümer allerdings nicht sein Stimmrecht. Durch die Änderung kann es lediglich zur Verschiebung seiner Gewichtung kommen. Da diese im Einzelfall aber durchaus gravierend sein kann, dürfte die Möglichkeit der Änderung des Stimmprinzips auf Grundlage lediglich einer allgemeinen Öffnungsklausel nicht möglich sein.[4]

 
Praxis-Beispiel

Eigentümer mehrerer Wohnungen

Einem Eigentümer gehören 3 Wohnungen. Kostenverteilung und Stimmrecht bemessen sich nach Miteigentumsanteilen. Die Wohnungen repräsentieren insgesamt 300/1.000 Miteigentumsanteile. Die weiteren 10 Einheiten der übrigen 10 Wohnungseigentümer repräsentieren demnach 700/1.000 Miteigentumsanteile. Die Gemeinschaftsordnung erlaubt ihre Abänderung mit 2/3-Mehrheit. Da sich die übrigen 10 Wohnungseigentümer einig sind, dass sich das Stimmrecht künftig nach Köpfen richten soll, wird das Stimmprinzip beschlussweise geändert. Der Eigentümer der 3 Wohnungen hat also künftig nur noch 1 Stimme gegenüber einem Stimmgewicht von 300/1.000. Sein Stimmgewicht ist also von 30 % auf knapp 8 % gesunken.

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