Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. Richtlinie 1999/70/EG. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Rolle des nationalen Richters

 

Beteiligte

Deutsche Lufthansa

Deutsche Lufthansa AG

Gertraud Kumpan

 

Tenor

Paragraf 5 Nr. 1 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass der Begriff „enger sachlicher Zusammenhang zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber” in § 14 Abs. 3 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge vom 21. Dezember 2000 auf Sachverhalte anzuwenden ist, in denen einem befristeten Vertrag nicht unmittelbar ein unbefristeter Vertrag mit demselben Arbeitgeber vorausgegangen ist und zwischen diesen Verträgen ein Zeitraum von mehreren Jahren liegt, wenn während dieser gesamten Zeit das ursprüngliche Arbeitsverhältnis für dieselbe Tätigkeit und mit demselben Arbeitgeber durch eine ununterbrochene Folge befristeter Verträge fortgeführt worden ist. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, die einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts im Rahmen des Möglichen im Einklang mit Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung auszulegen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesarbeitsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 16. Oktober 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 23. März 2009, in dem Verfahren

Deutsche Lufthansa AG

gegen

Gertraud Kumpan

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, der Richter A. Arabadjiev, A. Rosas und U. Lõhmus sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Deutschen Lufthansa AG, vertreten durch Rechtsanwältinnen K. Streichardt und A.-C. Ebener,
  • von Frau Kumpan, vertreten durch Rechtsanwalt A. Dittmann,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
  • Irlands, vertreten durch D. O'Hagan und N. Donnelly als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. de Grave als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten im Beistand von D. Wyatt, QC,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Verbots der Altersdiskriminierung, der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16) und der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. L 175, S. 43).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Deutschen Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa) und Gertraud Kumpan über den zwischen ihnen abgeschlossenen Arbeitsvertrag (im Folgenden: streitiger Vertrag).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Den Erwägungsgründen 3, 6, 7, 13 bis 15 und 17 der Richtlinie 1999/70 sowie den ersten drei Absätzen der Präambel und den Nrn. 3, 5 bis 8 und 10 der Allgemeinen Erwägungen der am 18. März 1999 zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und CEEP) geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) im Anhang dieser Richtlinie ist Folgendes zu entnehmen:

  • Die Verwirklichung des Binnenmarkts muss zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft führen, und zwar durch eine Angleichung dieser Bedingungen auf dem Wege des Fortschritts, namentlich in Bezug auf andere Arbeitsformen als das unbefristete Arbeitsverhältnis, um ein besseres Gleichgewicht zwischen der Flexibilität der Arbeitszeit und der Sicherheit der Arbeitnehmer zu erreichen.
  • Diese Ziele können auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden, so dass es angemessen erschien, auf eine gesetzlich bindende Gemeinschaftsmaßnahme zurückzugreifen, die in enger Zusammenarbeit mit den repräsentativen Sozialpartnern erarbeitet worden ist.
  • Die Unterzeichnerparteien der Rahmenvereinbarung erkennen an, dass unbefristete Verträge die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses darstellen und weiter darstellen werden, da sie zur Lebensqualität der betreffenden Arbeitnehmer und zur Verbesserung ihr...

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