(a) Zivilrecht

 

Rz. 56

Als Fortsetzungsklauseln werden solche Regelungen bezeichnet, denen zu Folge die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters mit den übrigen Gesellschaftern fortgeführt wird. Der verstorbene Gesellschafter scheidet im Zeitpunkt seines Todes aus der Gesellschaft aus. Damit erlöschen automatisch auch alle ihm bis dato zustehenden gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte.[171] Die gesamthänderische Beteiligung des Verstorbenen wächst den übrigen (Mit-)Gesellschaftern gem. § 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 1 S. 1 BGB an, sog. Anwachsungserwerb.[172]

In den Nachlass fällt (bestenfalls) ein Abfindungsanspruch gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB, der sich gegen die Gesellschaft (als solche) richtet.

 

Rz. 57

Infolge einer gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungsklausel kommt es zum Anwachsungserwerb der verbleibenden Gesellschafter. Dieser führt an und für sich noch zu keiner erbschaftsteuerlich relevanten Bereicherung. Denn grds. steht der Anwachsung eine gleichwertige Zahlungsverpflichtung gegenüber den Erben des verstorbenen Gesellschafters gegenüber. Da gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB dieser Abfindungsanspruch der Erben dem Verkehrswert des Anteils des Ausscheidenden entspricht, kommt es – soweit keine Abfindungsbeschränkungen eingreifen – zu keiner steuerpflichtigen Vermögensmehrung auf Seiten der verbleibenden Gesellschafter.[173]

[171] BGH WM 1987, 981, 982.
[172] K. Schmidt, § 45 V II d.
[173] Riedel, ZErb 2009, 2, 4.

(b) Erbschaftsteuer

 

Rz. 58

Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn der Abfindungsanspruch der Erben durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen beschränkt ist. Dann besteht eine Steuerpflicht gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG.

Hierbei handelt es sich um eine Sonderregelung für die Rechtsnachfolge in Gesellschaftsanteile (sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften), bei der das Gesetz zwei Fiktionen aufstellt, nämlich zum einen, dass der Anteilserwerb durch Anwachsung unentgeltlich erfolge und zum anderen, dass der Umfang dieses Vermögenszuwachses in der Differenz zwischen dem steuerlich maßgeblichen Wert des Anteils im Todeszeitpunkt und dem Wert der tatsächlich zu begleichenden Abfindungsansprüche Dritter (insb. der Erben des verstorbenen Gesellschafters) bestehe.[174] Eine sich in einer tatsächlichen Zahllast auswirkende Erbschaftsteuerpflicht entsteht also nur, wenn bzw. soweit der gem. § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG festzustellende Anteilssteuerwert über dem Wert des Abfindungsanspruchs liegt.

 

Rz. 59

Da § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG den steuerpflichtigen Erwerb aufgrund des Eingreifens einer gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungsklausel als Erwerb von Todes wegen definiert bzw. fingiert, ist der Anwendungsbereich der §§ 13a, 13b und 19a ErbStG sowie der §§ 13c, 28 und 28a ErbStG grds. eröffnet.[175]

 

Rz. 60

Von besonderer Bedeutung ist dabei aber etwa vorhandenes Sonderbetriebsvermögen, das ertragsteuerlich vom jeweiligen Mitunternehmeranteil umfasst wird.[176] Denn anders als der Gesellschaftsanteil unterliegt das Sonderbetriebsvermögen als persönliches Eigentum des Gesellschafters gerade nicht den gesellschaftsvertraglichen Regelungen; es wird daher – unabhängig vom Schicksal der Gesellschaftsbeteiligung – vererbt. Geht das Sonderbetriebsvermögen im Erbfall auf Erben über, die nicht als Mitunternehmer an der Mitunternehmerschaft, aus der der Erblasser durch seinen Tod ausscheidet, beteiligt sind, kommt es durch den Todesfall zu einer (zwangsweisen) Entnahme des Sonderbetriebsvermögens. Handelt es sich insoweit um eine wesentliche Betriebsgrundlage, wurde in der Vergangenheit vertreten, dass deren Entnahme zur ertragsteuerlichen Aufgabe des Mitunternehmeranteils insgesamt führe.[177] Da in diesem Fall – weder aufgrund der Fortsetzungsklausel noch auf andere Weise – ein Mitunternehmeranteil auf die die Gesellschaft fortsetzenden Mitgesellschafter überginge, käme eine Anwendung der Verschonungsregelungen hier grds. nicht in Betracht.[178]

 

Rz. 61

An diesem Ergebnis sollte sich auch dann nichts ändern, wenn der Erblasser die im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen wesentlichen Betriebsgrundlagen – beispielsweise durch Vermächtnis – den Mitgesellschaftern zuwendete. Denn eine nach dem Stichtag eintretende Wiederbegründung des betrieblichen Zusammenhangs hinsichtlich des Gesamthandsvermögens auf der einen und des Sonderbetriebsvermögens auf der anderen Seite könne die – automatisch mit dem Erbfall – eingetretene Trennung dieses betrieblichen Zusammenhangs nicht wieder rückgängig machen.

Diese Auffassung ist so allerdings nicht haltbar.[179] Denn tatsächlich besteht auch bei der zwangsweisen Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens die Mitunternehmerstellung (gekennzeichnet durch Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative) allein durch die Gesellschaftsbeteiligung fort.[180] So hat beispielsweise das FG Münster[181] – zur einkommensteuerrechtlichen Einordnung – ein zeitliches Auseinanderfallen der Übertragung von Gesellschaftsanteil und Sonder...

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