Rz. 38

Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 auf 2 Jahre kommt hauptsächlich in Betracht, wenn der Arbeitslose dies verlangt. Dies ist schon anzunehmen, wenn er darauf hinweist, dass sein Verdienst zuletzt niedriger gewesen sei als zuvor, z. B. in der vorletzten Beschäftigung, oder der bescheinigte Verdienst (Arbeitsbescheinigung, § 312) seinen tatsächlichen Durchschnittsverdienst nicht wiedergebe. Spätestens in einem Widerspruch gegen die Höhe des bewilligten Alg oder einem Auskunftsersuchen zur Bemessung des Alg wird das Verlangen zu sehen sein, das Bemessungsentgelt, z. B. durch Erweiterung des Bemessungszeitraumes, zu erhöhen. Das ist allerdings dann nicht der Fall, wenn der Arbeitslose eine unbillige Härte manipuliert hat, indem er auf Gehalt verzichtet hat. Eine solche Manipulation kann allerdings dann nicht angenommen werden, wenn der Gehaltsverzicht einen Beitrag zur Sanierung des Betriebes des Arbeitgebers darstellte, der Arbeitslose also lediglich einen erfolglosen Versuch unternommen hat, seinen Arbeitsplatz zu erhalten. In der bloßen Vorenthaltung geschuldeten Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber sieht das BSG allerdings keine unbillige Härte bei der Bemessung des Alg. Als Ausgangsfall für die unbillige Härte hat das BSG den Akkordlohnarbeiter gesehen, der in der Hoffnung in Zeitlohn eingetreten ist, bald wieder in den Akkordlohn wechseln zu können.

 

Rz. 39

Grundsätzlich soll die Initiative beim Arbeitslosen liegen. Dies schließt die Verpflichtung der Verwaltung nicht aus, festgestellten Anhaltspunkten für eine günstigere Bemessung bei Erweiterung des Bemessungsrahmens nachzugehen. Geschieht dies nicht von Amts wegen, wäre der Arbeitslose hierüber zu beraten, so dass er dann die Erweiterung verlangen kann. Nur bei dieser Auslegung kann die Arbeitsverwaltung dem gesetzlichen Ziel gerecht werden, außergewöhnliche Minderverdienste im Regelbemessungszeitraum zumindest teilweise auszugleichen. Ansonsten könnte auch das Konzept des Alg, ausgefallenes Entgelt im Umfang des eingeschränkten Lebensstandardprinzips zu ersetzen, nicht mehr erreicht werden.

 

Rz. 40

Die Agentur für Arbeit prüft aber nicht stets von Amts wegen, ob eine Erweiterung des Bemessungszeitraumes zu einem höheren Alg führen würde. Dies wäre ihr ohne weitere verwaltungsaufwendige Feststellungen auch nicht möglich, weil dazu die auf den erweiterten Bemessungsrahmen entfallenden berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte aktenkundig sein müssten. Der Arbeitgeber ist aber im Hinblick auf den Wortlaut der Regelung nach § 312 zunächst nicht verpflichtet, über die zur Bildung des Regelbemessungszeitraumes erforderlichen Entgeltabrechnungszeiträume hinaus weitere Zeiträume zu bescheinigen, solange sich hierfür kein besonderes Erfordernis ergibt, das z. B. vorläge, wenn die vom Arbeitslosen vorgelegten Unterlagen unzureichend sind, dieser aber seine Möglichkeiten zur Erlangung ausgeschöpft hat.

 

Rz. 41

Das Verlangen des Arbeitslosen bedeutet auf der Rechtsfolgenseite nicht, dass ein gegenüber dem Regelbemessungszeitraum ungünstigeres Bemessungsentgelt zu berücksichtigen ist. Andererseits muss sich aus der Regel-, aber auch den Sonderbemessungsmöglichkeiten ein Bemessungsentgelt ergeben, das verglichen mit dem Bemessungsergebnis bei verlängertem Bemessungsrahmen unbillig hart ist.

 

Rz. 42

Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich das Alg nach dem Arbeitsentgelt richten soll, das der Arbeitslose erzielen würde, wenn er nicht arbeitslos wäre, sondern Arbeitsentgelt in einer (tariflich entlohnten) Beschäftigung erzielte. Im Falle der unbilligen Härte war das im einjährigen Bemessungsrahmen erzielte Arbeitsentgelt nicht repräsentativ. Das so berechnete Alg würde das Lebensstandardprinzip verlassen. Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ist daher hauptsächlich in dem Bestreben zu sehen, unerwünschte Bemessungsergebnisse zu vermeiden und die Bemessung auch im Härtefall stärker am Versicherungsprinzip auszurichten. Auf bestimmte berufliche Tätigkeiten kommt es nicht an, lediglich auf höheres Entgelt gegenüber dem Bemessungsentgelt aus dem Bemessungszeitraum nach Abs. 1. Die Gründe hierfür sind nicht relevant. Beispielhaft wird allerdings im Anschluss an das BSG ein Akkordarbeiter angeführt, der arbeitslos geworden ist, nachdem er ein Arbeitsverhältnis mit Zeitlohn in der Hoffnung eingegangen ist, bald wieder Akkordarbeit verrichten zu können. Ein weiterer Fall betrifft Provisionsvertreter mit zuletzt eingebrochenen Abschlüssen. Der in der Vorschrift angelegte Rahmen von 2 Jahren betont gegenüber der Regelbemessung stärker das Lebensstandardprinzip. Der Zeitrahmen von 2 Jahren ist einerseits verwaltungsfreundlich, denn er begrenzt die erforderlichen Arbeiten der Verwaltung. Andererseits eignet sich die vorgegebene Zeitspanne von nur 2 Jahren nicht dazu, nur wirkliche Härten auszuräumen. Die Dominanz der Entgelte aus dem Regelbemessungsrahmen wird selbst dann nicht entscheidend dadurch begrenzt, dass der Sonderbemessungszeitraum nach Abs. 3 Nr. 2 v...

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