Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Kündigungserklärung hinsichtlich der Einhaltung der Kündigungsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfallentscheidung zur Frage der Unwirksamkeit einer Kündigungserklärung mit fehlerhafter, zu kurzer Kündigungsfrist.

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Kündigungserklärung mit vertragswidrig zu kurzer Kündigungsfrist ist dahingehend auszulegen, dass eine fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt werden soll. Des Umwegs der Umdeutung einer nichtigen Kündigungserklärung in eine wirksame Erklärung mit zutreffender Kündigungsfrist bedarf es nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 134, 138

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 22.10.2014; Aktenzeichen 8 Ca 3028/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.10.2014 - 8 Ca 3028/14 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 14.04.2015 bei der Beklagten, die ein Zeitarbeitsunternehmen für den Bereich des Wach- und Werkschutzes betreibt, als Produktionshelfer mit einem Stundenlohn von 9,78 € tätig. In § 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10.04.2015 legten die Parteien fest, dass sich ihre Rechte und Pflichten nach dem zwischen dem Arbeitgeberverband IGZ und den DGB-Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche richten, sofern nicht abweichende Regelungen tarifvertraglich zugelassen und arbeitsvertraglich vereinbart oder aber für den Kläger günstiger sind.

Nach § 2 Ziff. 2.2. S. 1 des Manteltarifvertrages zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ e.V.) und den DGB Gewerkschaften (im Folgenden: TV IGZ) gelten die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit. In Satz 2 dieser tarifvertraglichen Bestimmung ist festgelegt, dass innerhalb der ersten vier Wochen der Probezeit eine ordentliche Kündigung mit einer zweitägigen Frist möglich ist und sich diese Frist bis zum Ablauf des zweiten Monats auf eine und bis zum Ablauf des sechsten Monats auf zwei Wochen verlängert. In § 1 Abs. 5 hielten die Parteien hingegen folgendes fest:

"Die ersten sechs Monate des Beschäftigungsverhältnisses gelten als Probezeit. Hier kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Tagen gekündigt werden."

Mit Schreiben vom 18.07.2014 kündigte die Beklagte "das seit dem 14.04.2014 bestehende Probearbeitsverhältnis frist- und formgerecht zum 20.07.2014." Wegen des weiteren Wortlauts des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 7 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigungserklärung sei unwirksam. Die Beklagte täusche über den Lauf der Kündigungsfrist "vorsätzlich und systemisch", um sich zu bereichern. Nicht jeder Arbeitnehmer erkenne, dass die Vereinbarung einer zweitätigen Kündigungsfrist für die Gesamtdauer eines Zeitraums von sechs Monaten unwirksam sei. Die Vereinbarung einer zweitägigen Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag stelle eine noch straflose Vorbereitungshandlung dar. Mit Ausspruch der Kündigung unter Angabe einer zweitätigen Kündigungsfrist sei die Grenze zur Strafbarkeit überschritten. Deshalb sei auch eine Umdeutung der Kündigung in eine wirksame Kündigung unter Wahrung der zutreffenden Kündigungsfrist nicht möglich.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 18.07.2014 das Beschäftigungsverhältnis nicht beendet hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Kündigung sei nicht sittenwidrig. Ein verwerfliches Ziel habe sie mit der Kündigung nicht verfolgt. Dies trage der Kläger auch nicht vor. Der Kläger habe die an ihn gerichteten Erwartungen nicht erfüllt. Dies sei Auslöser für die Kündigung gewesen. Eine Täuschungshandlung sei nicht erkennbar. Eine vom Kläger angenommene Bereicherung sei nicht gegeben. Die Vertragsparteien hätten eine kürzere als die tarifvertragliche Kündigungsfrist vereinbart. Sie habe sich auf das vertraglich Vereinbarte berufen und sich dabei - so ihre Behauptung - in gutem Glauben befunden. Das Arbeitsverhältnis habe sie fristgerecht und damit ordentlich gekündigt. Eine solche Erklärung sei regelmäßig als ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Termin auszulegen, auch wenn sie nach ihrem Wortlaut zu einem früheren Termin habe greifen sollen. Einer Umdeutung bedürfe es demgemäß nicht. Letztlich sei die Angabe der Frist im Kündigungsschreiben auch nur ein Berechnungsfaktor und stelle eine Wissenserklärung dar.

Mit Urteil vom 22.20.2014 hat das Arbeitsgericht der Klage unter Abweisung im Übrigen nur insoweit stattgegeben, als festzustellen war, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 01.08.2014 fortbestanden hat. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigungserklärung sei nicht nach den §§ 134, 138 BGB unwirksam. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, dass eine ordentliche Kündigung während der Probezeit habe ausgesprochen werden sollen. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung, mit der die Kündigungsfrist während der Probezei...

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