Kommt es zur Überzahlung von Entgelt, so kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Rückerstattung des zu viel gezahlten Entgelts verlangen. Anspruchsgrundlage bilden tarifvertragliche Rückzahlungsklauseln oder die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB). Tarifvertragliche Ausschlussfristen (z. B. § 37 TVöD) sind materielle Ausschlussfristen und stehen auch ohne Einrede einer Rückforderung entgegen (vgl. Stichwort Ausschlussfrist). Entgelt sind alle Geldleistungen, die der Arbeitgeber erbracht hat (z. B. Tabellenentgelt, Zulagen, Zuschläge, Entgeltfortzahlung, Krankengeldzuschuss, Trennungsgeld, Reise-/Umzugskostenvergütung, Einmalzahlungen, Zuschüsse). Dem Anspruch des Arbeitgebers aus § 812 BGB kann der Arbeitnehmer die Einrede des Wegfalls der Bereicherung (Entreicherung, § 818 Abs. 3 BGB) entgegensetzen. Eine Rückzahlungspflicht besteht dann nicht mehr, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Rückzahlungsverlangens nicht mehr um den überzahlten Betrag bereichert ist. Hierfür ist der Arbeitnehmer grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig. Beruft sich der Arbeitnehmer auf Entreicherung, so hat die Rechtsprechung zu seinen Gunsten Beweiserleichterungen anerkannt.[1]

Eine Entreicherung ist z. B. gegeben, wenn der Beschäftigte das Entgelt für Ausgaben verwendet hat, die er sonst nicht getätigt hätte. Die Bereicherung besteht hingegen fort, wenn der Beschäftigte mit dem Entgelt Schulden getilgt hat, da er sich hierdurch von Verbindlichkeiten befreit.

Beruft sich ein Beschäftigter bei geringen Überzahlungen auf eine Entreicherung, spricht der Beweis des 1. Anscheins dafür, dass das überzahlte Entgelt für den laufenden Lebensunterhalt verbraucht wurde.[2] Als geringe Überzahlungen werden Zahlungen angesehen, die das tariflich zustehende Entgelt geringfügig überschreiten. Nach den Durchführungshinweisen der einzelnen Länder wird eine geringfügige Überzahlung angenommen, wenn das überzahlte Entgelt 10 % des insgesamt zustehenden Betrages, höchstens aber 150,00 EUR nicht übersteigt.[3] Etwas anderes gilt in Fällen einer geringen Überzahlung dann, wenn der Beschäftigte wusste, dass er zu Unrecht Zahlungen bezieht (§§ 818 Abs. 4, 819 BGB). Insbesondere ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte gegenüber dem Arbeitgeber eine Mitteilung unterlässt, die zu einer geringeren Vergütung geführt hätte (z. B. bzgl. der Kindergeldberechtigung für den Besitzstand nach § 11 TVÜ-Bund/VKA).

Der materiell rechtliche Rückforderungsanspruch entsteht im Zeitpunkt der Überzahlung. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Ausschlussfrist des § 37 TVöD zu laufen unabhängig davon, ob der Anspruchsberechtigte seinen Rückforderungsanspruch kennt oder nicht. In Fällen, in denen der Beschäftigte verhindert, dass der Arbeitgeber Kenntnis von der Überzahlung erhält, treten die Rechtswirkungen der Ausschlussfrist nicht ein.[4] Hinsichtlich der Rückforderung der Besitzstandszulage des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im Ortszuschlag (§ 11 TVÜ-Bund/VKA) kann sich der Rückforderungszeitraum auch über 6 Monate hinaus erstrecken, da erst mit dem Aufhebungsbescheid der Familienkasse die Kenntnis vom Wegfall der Berechtigung zum Bezug von Kindergeld und damit zur Gewährung der Besitzstandszulage besteht.[5]

Eine unbeabsichtigte Überzahlung von Entgelt kann auch durch eine rückwirkende Höhergruppierung (siehe Ziff. 3.7.1.4.3) und einem zwischenzeitlich erfolgten Stufenaufstieg in der bisherigen Entgeltgruppe erfolgen. Unter Umständen kann der Arbeitgeber auch eine Verrechnung der Vergütungsdifferenzen vornehmen.

[3] Z. B. gemeinsamer Runderlass des Finanzministeriums B 4400 – 1 – IV1 – und des Innenministeriums – 25-42.06.02 v. 16.4.2007 für das Land Nordrhein-Westfalen.

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