Die allgemeine Organisationspflicht und ihre korrekte Erfüllung entbinden den Arbeitgeber aber nicht davon, bei konkreten Problemstellungen tätig zu werden.

Verstoßen Beschäftigte des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot, so hat der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 3 AGG "geeignete, angemessene und erforderliche" Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung zu ergreifen. Das Gesetz nennt hier beispielhaft Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung.

Damit ist aber kein "Freibrief" für derartige Maßnahmen erteilt; im Einzelfall müssen die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit solcher Maßnahmen eingehalten werden, insbesondere die Verhältnismäßigkeit bei Kündigungen und die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Versetzungen.

Welche Maßnahmen der Arbeitgeber konkret zu ergreifen hat, entscheidet sich immer anhand des konkreten Konflikts. Dabei ist nicht nur der Schutz des Betroffenen zu beachten, sondern auch die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gegenüber den Beschäftigten, die die Benachteiligung verübt haben. Der Arbeitgeber ist berechtigt, zunächst das "mildeste Mittel", z. B. ein gemeinsames Gespräch, zu ergreifen, sofern das nicht von vornherein aussichtslos ist oder die Schwere des Verstoßes nach strengeren Maßnahmen verlangt. Er ist aber verpflichtet, die Wirkung des eingesetzten Mittels zu kontrollieren und ggf. zu weiteren Maßnahmen zu greifen.

Soweit das Gesetz Umsetzung oder Versetzung als geeignete Maßnahmen nennt, können diese Maßnahmen nicht nur gegenüber den Beschäftigten ergriffen werden, die die Benachteiligungen begehen, sondern auch zum Schutz des Betroffenen gegenüber diesem selbst.

 
Praxis-Beispiel

Ein Arbeitnehmer wird wegen seiner Homosexualität von den übrigen Mitgliedern einer Arbeitsgruppe verspottet und er erhält immer nur die Aufgabe zugewiesen, die sonst niemand erledigen will.

Sobald der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erhält – dabei genügt auch die Kenntnis von Vorgesetzten des Betroffenen, denn diese vertreten den Arbeitgeber –, ist er verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen. Dabei wird er zulässigerweise zunächst das Gespräch mit der Gruppe suchen. Fruchten dieses und auch deutliche Ermahnungen nicht, ist daran zu denken, die Gruppenmitglieder abzumahnen. Bleiben die Abmahnungen ebenso erfolglos, könnten die "Anführer" verhaltensbedingt gekündigt werden. Es ist aber genauso denkbar, dass der Arbeitgeber nun den Betroffenen in eine andere Gruppe auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz versetzt – ggf. auch gegen dessen Willen (§ 99 BetrVG ist zu beachten). Allerdings wird dann der Betroffene möglicherweise gegen die Versetzung mit dem Argument zu Felde ziehen, diese sei nun eine weitere Benachteiligung. Dem könnte dann aber zu Recht entgegengehalten werden, die Versetzung erfolge nicht wegen seiner Homosexualität, sondern wegen des anders nicht lösbaren Gruppenkonflikts – schließlich kann der Arbeitgeber nicht alle Gruppenmitglieder entlassen.

Auf der anderen Seite kann der Betroffene einen Rechtsanspruch auf eine Versetzung in eine andere Gruppe haben, der sich aus § 106 GewO i. V. m. § 12 Abs. 3 AGG ergibt.

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