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BGH Beschluss vom 12.04.2016 - VI ZB 48/14

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Leitsatz (amtlich)

Zur Beschwer des Beklagten, der zum Widerruf eines von ihm veranlassten Negativeintrags bei der Schufa, zur Mitteilung an die Schufa, dass derjenige Zustand auch im Hinblick auf die Berechnung von Scorewerten wiederhergestellt werden soll, als habe es den Negativeintrag nicht gegeben, und zur Unterlassung der Mitteilung offener Forderungen entsprechend dem streitgegenständlichen Negativeintrag verurteilt worden ist.

Normenkette

ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 3; BGB § 823 Abs. 1; BGB § 1004; BDSG § 28a

Verfahrensgang

KG Berlin (Beschluss vom 28.05.2014; Aktenzeichen 26a U 91/13)

LG Berlin (Entscheidung vom 08.11.2012; Aktenzeichen 14 O 300/12)

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 26a. Zivilsenats des KG vom 28.5.2014 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: bis 500 EUR

Gründe

I.

Rz. 1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Widerruf eines von der Beklagten veranlassten Negativeintrags in der Wirtschaftsauskunftei Schufa Holding AG (nachfolgend: Schufa). Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, gegenüber der Schufa den Negativeintrag schriftlich zu widerrufen und der Schufa mitzuteilen, dass derjenige Zustand auch im Hinblick auf die Berechnung von Scorewerten wiederhergestellt werden soll, als habe es den Negativeintrag nicht gegeben. Es hat die Beklagte ferner verurteilt, eine erneute Mitteilung entsprechend dem streitgegenständlichen Negativeintrag zu unterlassen und die Klägerin von außergerichtlichen Anwaltskosten freizustellen. Das LG hat die Kosten auf der Grundlage eines Streitwertes von 22.000 EUR festgesetzt.

Rz. 2

Das KG ist von einer Beschwer von bis zu 500 EUR ausgegangen und hat, da das LG die Berufung nicht zugelassen habe, die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Der Beklagten entstünden durch das Urteil keine höher zu bewertenden Nachteile. Der Widerruf eines negativen Schufa-Eintrags möge zwar ebenso wie die Pflicht, nicht erneut einen solchen zu bewirken, aufgrund des Verlusts eines Druckmittels gegenüber einem Schuldner bei rein wirtschaftlicher Betrachtung für den Gläubiger einen höheren Wert darstellen. Da das Gesetz als Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Forderungen vorsehe, dass der Gläubiger sie nebst Ansprüchen aus Verzug auf Kosten des Schuldners einklagen und vollstrecken könne, sei es weder erforderlich noch sachgerecht, den Verlust des Schufa-Eintrags als weiteres Druckmittel bei der Beschwer werterhöhend zu berücksichtigen. Auch der durch den Unterlassungsanspruch bestehende Nachteil für die Beklagte, sicherstellen zu müssen, dass ihrer Unterlassungspflicht widersprechende Meldungen an die Schufa zukünftig unterbleiben, sei nicht hinreichend absehbar mit Belastungen verbunden, wegen derer die Beschwer über 600 EUR zu bemessen sei. Zum einen dürfte statt einer besonderen Schulung der zuständigen Mitarbeiter nebst Softwareänderung ein Rundschreiben oder eine Rundmail an diese ausreichend sein, um eine Befolgung der Unterlassungsverpflichtung zu gewährleisten. Zum anderen sei die Notwendigkeit einer weiteren maschinellen Forderungsbearbeitung nicht hinreichend erkennbar, da aufgrund der Rechtsauffassung des LG nahezu sicher feststehe, dass die Klägerin auf die Forderung von sich aus keine Zahlungen leisten werde. Ferner sei der Beklagten eine Rechtsmittelmöglichkeit nicht aus rechtsstaatlichen Gründen zu eröffnen, weil bei Klagen auf Löschung von Schufa-Einträgen unabhängig von der Forderungshöhe nur die klagende Partei, aber nach Ansicht der Beklagten niemals eine verklagte Bank oder deren Rechtsnachfolger eine Rechtsmittelmöglichkeit habe. Dies folge daraus, dass die Rechtsmittelmöglichkeiten an der Beschwer ansetzten, die vielfach im Hinblick auf die Parteien ungleich sei.

II.

Rz. 3

1. Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Rz. 4

2. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.

Rz. 5

a) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts u.a., wenn die Anforderungen, die das Berufungsgericht stellt, überzogen sind und dem Berufungskläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschweren (vgl. BGH, Beschlüsse v. 13.1.2015 - VI ZB 29/14, VersR 2015, 471 Rz. 7 m.w.N.; v. 19.1.2016 - VI ZB 69/14, juris Rz. 7). Eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der an sich gegebenen Berufung kann auch in einem Fehler bei der Bemessung der Beschwer zu sehen sein. Die Bemessung der Berufungsbeschwer steht gem. §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts, das dabei nicht an den in erster Instanz festgesetzten Streitwert gebunden ist (vgl. BGH, Beschlüsse v. 8.5.2012 - VI ZB 1/11 und 2/11, VersR 2012, 1272 Rz. 10 m.w.N.; v. 13.1.2015 - VI ZB 29/14, a.a.O.; v. 19.1.2016 - VI ZB 69/14, a.a.O.). Der vom Berufungsgericht angenommene Wert kann von der Revisions- oder Rechtsbeschwerdeinstanz allerdings nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht, etwa weil es bei der Ausübung seines Ermessens die in Betracht zu ziehenden Umstände nicht umfassend berücksichtigt hat, die Grenze des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschlüsse v. 13.1.2015 - VI ZB 29/14, a.a.O., m.w.N.; v. 19.1.2016 - VI ZB 69/14, a.a.O.; BGH, Urt. v. 24.1.2013 - I ZR 174/11, GRUR 2013, 1067 Rz. 10 m.w.N.). Ein solcher Ermessensfehlgebrauch liegt hier nicht vor.

Rz. 6

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Beschwer der Beklagten durch die titulierten Ansprüche auf Widerruf des Negativeintrags und Mitteilung an die Schufa über die Wiederherstellung eines Zustandes unter Außerachtlassung des Negativeintrags nach dem damit verbundenen Kostenaufwand bestimmt (vgl. Kurpat in Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 14. Aufl., Rz. 4937). Dafür das Verfassen eines kurzen, inhaltlich im Wesentlichen vorgegebenen Schreibens an die Schufa, die Unterschrift durch eine bevollmächtigte Person sowie die Zustellungskosten heranzuziehen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dass der Widerruf des Negativeintrags gegenüber der Schufa in Bezug auf Aufwand und Kosten die festgesetzte Beschwer nicht übersteigt, zieht die Beklagte nicht in Zweifel.

Rz. 7

c) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht keinen für die Bemessung der Beschwer rechtlich beachtlichen wirtschaftlichen Nachteil darin gesehen, dass die Beklagte durch den Widerruf der durch sie veranlassten Negativeintragung bei der Schufa ein Druckmittel verloren hätte.

Rz. 8

aa) Die Negativeintragung dient primär dem Schutz der Kreditwirtschaft vor zahlungsunfähigen oder -unwilligen Schuldnern (vgl. BGH, Urt. v. 20.6.1978 - VI ZR 66/77, VersR 1978, 1018, 1019 f.; Kamlah, MMR 1999, 395, 396; Beckhusen, Der Datenumgang innerhalb des Kreditinformationssystems der Schufa, 2004, S. 30). Nutzen entfaltet sie somit ihrer Zielrichtung nach nicht für jenen Gläubiger, der die Negativeintragung veranlasst hat und mithin um die fehlende Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit weiß, sondern für Dritte. Das Berufungsgericht hebt insoweit zu Recht hervor, dass sich die Beklagte nicht auf die Interessen der Kreditwirtschaft im Allgemeinen stützen kann. Selbst wenn die Beklagte Teil eines auf Gegenseitigkeit beruhenden Warnsystems wäre, und wenn man daraus ein berechtigtes Interesse an der Einmeldung ableiten wollte (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 16.3.2011 - 19 U 291/10, juris Rz. 43, insoweit nicht veröffentlicht in DuD 2011, 494, 496; Simitis/Ehmann, BDSG, 8. Aufl., § 28a Rz. 27; Gola/Klug/Körffer in Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl., § 28a Rz. 7), wäre dieses nur mittelbare Interesse nicht geeignet, die Beschwer hinsichtlich einer einzelnen untersagten Einmeldung zu erhöhen.

Rz. 9

bb) Dass die Möglichkeit, eine Negativeintragung zu veranlassen oder eine bestehende Negativeintragung nicht zu widerrufen, faktisch dazu genutzt werden kann, Druck auf Schuldner aufzubauen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn das Recht, aufgrund Einwilligung des Schuldners oder unter den Voraussetzungen des § 28a BDSG Negativeinträge an Wirtschaftsauskunfteien zu melden, bezweckt nicht, wirtschaftlichen Druck auf den Schuldner dadurch aufzubauen, dass er befürchten muss, Nachteile am Kreditmarkt zu erleiden, wenn er die Forderung, aufgrund derer die Einmeldung erfolgte, nicht begleicht (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.2015 - I ZR 157/13, NJW 2015, 3508 Rz. 17; OLG Celle WRP 2014, 350 Rz. 22 ff.; AG Leipzig MMR 2010, 723, 724; Plath/Kamlah, BDSG, § 28a Rz. 32; Elgert, K&R 2013, 288, 291; Ressmann/Serr, NJOZ 2013, 481, 483 f. m.w.N.; Triebe, jurisPR-WettbR 11/2015 Anm. 2; Schulte am Hülse/Appelt, NJW 2015, 3510, 3511). Die gesetzliche und regelmäßig auch die rechtsgeschäftliche Gestattung dient vielmehr dazu, der Kreditwirtschaft zu ermöglichen, das Risiko einer zukünftigen Kreditvergabe realistisch einzuschätzen (vgl. BeckOK Datenschutzrecht/Kamp, § 28a BDSG Rz. 54 [Stand: 1.2.2016]; BT-Drucks. 16/10529, 9). Auch die vom Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vom 29.7.2009 (BGBl. I, 2254) in § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 lit. c BDSG eingeführte Unterrichtungspflicht beabsichtigt nicht, dem Gläubiger ein zusätzliches, außerprozessuales Druckmittel zur Forderungsdurchsetzung an die Hand zu geben (BGH, Urt. v. 19.3.2015 - I ZR 157/13, NJW 2015, 3508 Rz. 25; Bull, ZRP 2008, 233, 236; vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 16/10529, 24, sowie die Empfehlungen der Ausschüsse, BR-Drucks. 548/1/08, S. 9). Mit den in dieser Norm geregelten Anforderungen an die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten wollte der Gesetzgeber vielmehr sicherstellen, dass der Betroffene vor der Meldung der Forderung an eine Auskunftei ausreichende Gelegenheit erhält, die Forderung zu begleichen oder das Bestehen der Forderung zu bestreiten (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/10529, 14). Die Unterrichtung des Betroffenen soll deshalb nicht nur die erforderliche Transparenz im Hinblick auf die bevorstehende Datenübermittlung herstellen. Sie dient auch dazu, dem Betroffenen, der die geltend gemachte Forderung für unbegründet hält und deshalb keine Veranlassung sieht, auf die Mahnungen zu reagieren, an seine Obliegenheit zu erinnern, die Forderung zu bestreiten, um eine Datenübermittlung zu verhindern (BGH, Urt. v. 19.3.2015 - I ZR 157/13, NJW 2015, 3508 Rz. 25; BeckOK Datenschutzrecht/Kamp, § 28a BDSG Rz. 91 [Stand: 1.2.2016]; BT-Drucks. 16/10529, 14).

Rz. 10

d) Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beschwer einer zur Unterlassung verurteilten Partei danach richtet, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot zu ihrem Nachteil auswirkt. Maßgeblich sind die Nachteile, die ihr aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen (vgl. BGH, Beschlüsse v. 13.1.2015 - VI ZB 29/14, VersR 2015, 471 Rz. 8; v. 19.1.2016 - VI ZB 69/14, juris Rz. 8; BGH, Beschl. v. 26.10.2006 - III ZR 40/06, MMR 2007, 37; v. 8.1.2009 - IX ZR 107/08, NJW-RR 2009, 549 Rz. 3; v. 25.9.2013 - VII ZB 26/11, VersR 2015, 81 Rz. 9; Urt. v. 24.1.2013 - I ZR 174/11, GRUR 2013, 1067 Rz. 10). Außer Betracht bleiben dabei die Nachteile, die nicht mit der Befolgung des Unterlassungsgebots, sondern mit einer Zuwiderhandlung - etwa durch die Festsetzung eines Ordnungsgeldes oder durch die Bestellung einer Sicherheit - verbunden sind (vgl. BGH, Beschlüsse v. 13.1.2015 - VI ZB 29/14, a.a.O.; v. 19.1.2016 - VI ZB 69/14, a.a.O.; BGH, Urt. v. 24.1.2013 - I ZR 174/11, a.a.O.; Beschl. v. 8.1.2009 - IX ZR 107/08, a.a.O., Rz. 4). Nach diesen Grundsätzen ist die Bemessung der Berufungsbeschwer durch das Berufungsgericht in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht zu beanstanden.

Rz. 11

Die Rechtsbeschwerde greift zu Unrecht die Annahme des Berufungsgerichts an, zur Information der Mitarbeiter hätte eine schlichte Rundmail ausgereicht. Zwar genügt im Wettbewerbsrecht eine schlichte, ggf. kurz erläuternde Rundmail den im Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO an die Information und Überwachung von Mitarbeitern und Beauftragten zu stellenden strengen Maßstäben regelmäßig nicht (BGH, Urt. v. 24.1.2013 - I ZR 174/11, GRUR 2013, 1067 Rz. 18; Beschlüsse v. 22.10.2013 - I ZB 55, 57, 58/11, juris Rz. 10; - I ZB 59/11, juris Rz. 11). Dort geht es indessen darum, sicherzustellen, dass ein allgemein wettbewerbswidriges Verhalten, das sich in aller Regel nicht auf einen Einzelfall beschränkt, unterlassen wird. Im Streitfall muss die Beklagte demgegenüber nur gewährleisten, dass eine einen Einzelfall betreffende konkrete Negativmeldung zukünftig nicht wiederholt wird. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei einer solch überschaubaren Unterlassungspflicht eine unmissverständliche und nachdrücklich formulierte Rundmail an die zuständigen Mitarbeiter für ausreichend (vgl. auch BGH, Beschl. v. 24.2.2011 - I ZR 220/10, AfP 2011, 261 Rz. 8) und zusätzliche Maßnahmen, insb. eine Anpassung der Software, als nicht durch die streitgegenständliche Verurteilung veranlasst erachtet hat.

Rz. 12

e) Dass das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Wertbemessung nicht über die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO entschieden hat, macht die Beschwerde ebenfalls nicht nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO zulässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war eine Entscheidung des Berufungsgerichts über die Zulassung der Berufung nicht veranlasst. Das Berufungsgericht hätte zwar vor Verwerfung des Rechtsmittels mangels ausreichender Beschwer eine Zulassungsprüfung nachholen müssen, wenn das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen wäre, dass die Beschwer der unterlegenen Partei 600 EUR übersteigt, und deswegen keine Prüfung der Zulassung der Berufung vorgenommen hätte (vgl. BGH, Beschlüsse v. 12.4.2011 - VI ZB 31/10, VersR 2011, 1199 Rz. 10 ff.; v. 29.10.2013 - VI ZB 2/13, VersR 2014, 350 Rz. 12; BGH, Urt. v. 14.11.2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rz. 12; Beschlüsse v. 21.4.2010 - XII ZB 128/09, NJW-RR 2010, 934 Rz. 18; v. 16.8.2012 - I ZB 2/12, K&R 2012, 813 Rz. 8). Wie bei einer Auskunfts- oder Urkundeneinsichtsklage fallen auch bei einer Klage auf Widerruf eines Negativeintrags der am Klägerinteresse ausgerichtete Streitwert und die Beschwer des zum Widerruf verurteilten Beklagten aber häufig so erheblich auseinander, dass kein Raum für die Annahme ist, der erstinstanzliche Richter habe aufgrund seiner Streitwertfestsetzung keinen Anlass gehabt, über die Zulassung der Berufung zu befinden. Deshalb verbleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass das Schweigen im erstinstanzlichen Urteil Nichtzulassung der Berufung bedeutet (vgl. BGH, Urt. v. 16.9.2014 - VI ZR 55/14, VersR 2015, 82 Rz. 7; BGH, Beschl. v. 16.8.2012 - I ZB 2/12, a.a.O., Rz. 9). Abgesehen davon spricht die Tatsache, dass der Einzelrichter den Rechtsstreit entschieden und ihn nicht nach § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO der Zivilkammer zur Entscheidung über eine Übernahme vorgelegt hat, für eine (konkludente) Entscheidung über die (Nicht-)Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 15.6.2011 - II ZB 20/10, NJW 2011, 2974 Rz. 14 ff.; v. 16.8.2012 - I ZB 2/12, a.a.O., Rz. 9).

Rz. 13

3. Schließlich ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts entgegen der Rechtsbeschwerde auch nicht wegen einer Verletzung des zivilprozessualen Gebots der Waffengleichheit erforderlich. Der angefochtene Beschluss verletzt weder diesen Grundsatz (vgl. BVerfGE 74, 78, 94 f.) noch das ebenfalls auf Art. 3 Abs. 1 GG beruhende Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit (vgl. BVerfGE 65, 76, 91). Wie bei Klagen auf Auskunftserteilung wird zwar auch bei Klagen auf Widerruf eines Negativeintrags dem Beklagten häufiger der Zugang zur Rechtsmittelinstanz versagt sein, weil der Betrag des mit dem Widerruf verbundenen Aufwandes die Rechtsmittelsumme nicht erreicht, während der unterlegene Kläger wegen des höheren Beschwerdewertes ein Rechtsmittel einlegen kann. Damit wird aber nicht Gleiches ungleich behandelt. Für beide Parteien gilt der gleiche Ausgangspunkt: das wirtschaftliche, auf den unmittelbaren Gegenstand des Antrags bezogene Interesse an der Einlegung des Rechtsmittels. Die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen sich daraus, dass dieses Interesse verschieden hoch zu bewerten ist, weil das Verfahrensergebnis sich für die Parteien unterschiedlich auswirkt (so - zu Auskunftsklagen - BGH, Beschl. v. 24.11.1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 89 f.; BVerfG NJW 1997, 2229 [sub.3b]; vgl. auch Rauscher in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., Einleitung Rz. 238 Fn. 422).

Fundstellen

  • Haufe-Index 9349696
  • WM 2016, 866
  • WuB 2016, 521
  • ZIP 2016, 1605
  • FMP 2016, 191
  • JZ 2016, 409
  • MDR 2016, 847
  • VersR 2016, 1524
  • GRUR-Prax 2016, 311
  • ZD 2016, 328
  • PinG 2016, 154

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