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BFH Urteil vom 29.10.1963 - VI 290/62 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrecht Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat tritt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei, daß eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zum Schadensersatz nach §§ 823 Abs. 1, 847 BGB verpflichten kann.

Ein Schadensersatz, der seine Grundlage in §§ 823 Abs. 1, 847 BGB hat, ist grundsätzlich einkommensteuerfrei.

Die Steuerfreiheit gilt aber nicht für Schadensersatz, den ein Steuerpflichtiger wegen Verletzung seines Dienstvertrages vom Arbeitgeber erhält.

 

Normenkette

GG Art. 1-2; EStG §§ 19, 24/1/a

 

Tatbestand

Der Bf. erhielt im Jahr 1960 eine Abfindung von 10.000 DM für die vorzeitige Lösung seines Dienstvertrages; darüber hinaus erhielt er seine laufenden Bezüge bis zum nächsten Kündigungstermin. Der Abfindungsvertrag enthielt die Klausel, daß mit der Zahlung die Verluste des Bf. "in seinem persönlichen und fachlichen Prestige" ausgeglichen werden sollten. Der Bf. hält die Abfindung als Schadensersatz für die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts (ß 847 BGB) für einkommensteuerfrei. Das Finanzamt zog ihn voll zur Einkommensteuer heran, weil es die Abfindung für einen Ersatz entgangener Einnahmen hielt (§§ 19, 24 Ziff. 1 a EStG).

Die Sprungberufung hatte insofern zum Teil Erfolg, als das Finanzgericht (1/5 von 10.000 -) 2.000 DM steuerfrei beließ. Es stellte fest, daß durch das ungerechtfertigte Verhalten des Arbeitgebers das Persönlichkeitsrecht des Bf. verletzt worden sei und mit den 10.000 DM zugleich Schäden materieller und immaterieller Art abgegolten werden sollten. Der Bf. hatte vorgetragen, daß durch das vertragswidrige Verhalten des Arbeitgebers sein in dem nur engen Kreis von Fachgenossen wohlbekannter Name an Ansehen verloren habe. Das Finanzgericht hielt das für erwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., mit der der Steuerpflichtige weiterhin verlangt, die ganze Abfindung von 10.000 DM steuerfrei zu lassen, hatte keinen Erfolg.

Die Rechtsprechung der Steuergerichte hatte sich auf dem Gebiet immaterieller Schäden bisher vorwiegend mit der steuerlichen Behandlung des Schmerzensgelds gemäß § 847 BGB zu befassen (vgl. z. B. die Urteile des Bundesfinanzhofs IV 630/55 U vom 21. Februar 1957, BStBl 1957 III S. 164, Slg. Bd. 64 S. 437; IV 235/58 U vom 29. Oktober 1959, BStBl 1960 III S. 87, Slg. Bd. 70 S. 234). Das Schmerzensgeld ist als echte Schadensersatzleistung in keine der sieben Einkunftsarten des EStG einzuordnen und wird daher nicht mit der Einkommensteuer erfaßt (Littmann, das Einkommensteuer-Recht, 7. Aufl., § 24 Anm. 3).

Im Gegensatz zu der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, die es ablehnte, einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus § 823 Abs. 1 BGB abzuleiten, erkennt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nunmehr, vor allem auf der Grundlage von Art. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG), einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts an, besonders in den Urteilen I ZR 211/53 vom 25. Mai 1954 (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen - BGHZ - Bd. 13 S. 334); VI ZR 9/56 vom 2. April 1957 (BGHZ Bd. 24 S. 72); VI ZR 104/57 vom 20. Mai 1958 (BGHZ Bd. 27 S. 284); IV ZR 182/58 vom 18. März 1959 (BGHZ Bd. 30 S. 7); VI ZR 72/61 vom 5. Januar 1962 (Neue Juristische Wochenschrift 1962 S. 1004). Diese Rechtsprechung ist zwar nicht ohne Widerspruch geblieben (vgl. z. B. Palandt, Kommentar zum BGB, 22. Aufl., Anm. 6 zu § 823 BGB). Der Senat tritt aber der überzeugend begründeten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei und macht sie zur Grundlage seiner Rechtsfindung. Der Bundesfinanzhof hat mehrfach, zuletzt noch in dem Urteil VI 72/60 U vom 9. August 1963 (BStBl 1963 III S. 454) ausgesprochen, daß die Einkommensbesteuerung an die bürgerlich-rechtliche Gestaltung anzuknüpfen hat.

Der Senat geht deshalb davon aus, daß die Verletzung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts unter bestimmten Voraussetzungen zum Schadensersatz verpflichten kann. Der Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens hat seine Grundlage in § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 847 BGB (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs I ZR 151/56 vom 14. Februar 1958, BGHZ Bd. 26 S. 349; VI ZR 259/60 vom 19. September 1961, BGHZ Bd. 35 S. 363; VI ZR 72/61, a. a. O.).

Das Finanzgericht hat indessen die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überspannt. Die analoge Anwendung von § 847 BGB setzt voraus, daß die Einbuße auf andere Art nicht ausgeglichen werden kann (Urteil des Bundesgerichtshofs VI ZR 259/60, a. a. O.). Der Schutz des Persönlichkeitsrechts hat sich in engen Grenzen zu halten (Urteil des Bundesgerichtshofs VI ZR 9/56, a. a. O.) und darf nicht überspitzt werden (Urteil des Bundesgerichtshofs VI ZR 129/59 vom 21. Juni 1960, Neue Juristische Wochenschrift 1960 S. 1614). Es kann auch zweifelhaft sein, ob der Eingriff des Arbeitgebers im Streitfall so schwerwiegend war, daß überhaupt ein Anspruch aus § 847 BGB begründet sein konnte. Der Senat braucht jedoch zu dieser Frage nicht abschließend Stellung zu nehmen. Denn in übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nimmt er an, daß § 847 BGB nur eingreift, wenn keine vertraglichen Ansprüche, etwa aus positiver Vertragsverletzung, geltend gemacht werden können. Das ist jedoch hier der Fall. Der Schadensersatzanspruch des Bf. gegen seinen Arbeitgeber beruhte auf dem Anstellungsvertrag und war darum vertraglicher Art. Auf solche Fälle ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über den Ersatz eines immateriellen Schadens auf der Grundlage von §§ 823 Abs. 1, 847 BGB nicht anzuwenden. Im Streitfall geht es um einen Schadensersatz wegen Vertragsverletzung und nicht um einen Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung im Sinn von § 823 Abs. 1 BGB.

Die Vorentscheidung hat darum das Recht unrichtig angewandt, wenn sie einen geschätzten Teil der Abfindung steuerfrei ließ. Der volle Betrag von 10.000 DM war als Einnahme aus dem Dienstverhältnis einkommensteuerpflichtig. Das Finanzgericht hätte demnach die Berufung in vollem Umfang als unbegründet zurückweisen müssen.

Die Rb. des Steuerpflichtigen konnte deshalb keinen Erfolg haben. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 243 Abs. 3 AO, die Sache zum Nachteil des Bf. zu verbösern, keinen Gebrauch, weil der Vorsteher des Finanzamts die Entscheidung des Finanzgerichts nicht angefochten und keinen Antrag auf änderung der Entscheidung zum Nachteil des Steuerpflichtigen gestellt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411001

BStBl III 1964, 12

BFHE 1964, 32

BFHE 78, 32

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