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BFH Urteil vom 28.02.1963 - III 72/60 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 24 Ziff. 2 LAG findet auf eine Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil keine Anwendung, wenn dem Unterbeteiligten nur Rechte an dem GmbH-Anteil nach Art einer stillen Beteiligung im Sinne der §§ 335 ff. HGB eingeräumt worden sind, nicht aber an den Vermögenswerten (stillen Reserven, Geschäftswert etc.) der GmbH.

 

Normenkette

LAG § 24 Ziff. 2

 

Tatbestand

Der Bf. hat am 10. Juli 1947 mit einem Diplomkaufmanne ein als Gesellschaftsvertrag bezeichnetes schriftliches Abkommen getroffen, in dem sein Vertragspartner als "offener Gesellschafter", er selbst als "stiller Gesellschafter" bezeichnet ist. Der Vertrag beginnt mit der Feststellung, daß sich der offene Gesellschafter mit einer Stammeinlage von 200.000 RM an einer GmbH beteiligt. Dann wird die Erklärung abgegeben, zur Aufbringung dieser Stammeinlage habe der stille Gesellschafter einen Betrag von 25.000 RM = 12,5 v. H. zur Verfügung gestellt, der als Einlage des stillen Gesellschafters für seine stille Beteiligung an den Gesellschaftsrechten des offenen Gesellschafters bei der GmbH gelten solle. Die stille Gesellschaft solle im Verhältnis des offenen Gesellschafters zur GmbH nicht in Erscheinung treten, so daß nach außen hin nur dieser allein aus dem Gesellschaftsvertrage mit der GmbH berechtigt und verpflichtet werde. An den Gewinnen und Verlusten, die der offene Gesellschafter aus seiner Beteiligung an der GmbH erziele, sei der stille Gesellschafter mit 6,25 v. H. beteiligt. Dabei sollten als Gewinne nicht nur die von der GmbH tatsächlich ausgeschütteten Beträge gelten, sondern alle Beträge, die körperschaftsteuerlich als Gewinne der GmbH behandelt würden, soweit sie auf die Stammeinlage des offenen Gesellschafters entfielen. Im übrigen wird dem stillen Gesellschafter im Vertrage das Recht eingeräumt, von dem offenen Gesellschafter die abschriftliche Mitteilung der Jahresbilanz der GmbH zu verlangen und sich ihren Körperschaftsteuerbescheid zur Einsichtnahme vorlegen zu lassen.

Das Stammkapital der GmbH ist ebenso wie der GmbH-Anteil des Vertragspartners nach der Währungsumstellung im Verhältnis 10 : 3 auf DM umgestellt worden. Das gleiche gilt für den vom Bf. auf Grund des vorstehenden Vertrages geleisteten Betrag, der auf 7.500 DM umgestellt wurde.

Der Bf. vertritt die Auffassung, er habe auf Grund des oben genannten Vertrages einen Anteil an dem GmbH-Anteil seines Vertragspartners erworben. Diese Unterbeteiligung unterliege der Vermögensabgabe nicht, weil sie als Anteil an einer Kapitalgesellschaft nach der Vorschrift des § 24 Ziff. 2 LAG begünstigt werde.

Das Finanzamt war demgegenüber zunächst der Ansicht, durch den Vertrag sei ein Darlehnsverhältnis unter Gewinnbeteiligung des Bf. begründet worden. Es handele sich um ein sog. "partiarisches" Darlehen. Das Finanzamt zog demgemäß den Bf. mit dem auf 7.500 DM umgestellten Betrage dieses "Darlehens" zur Vermögensabgabe heran und wies seinen Einspruch als unbegründet zurück.

Im Berufungsverfahren gab das Finanzamt zwar die bis dahin von ihm vertretene Ansicht auf. Es lehnte aber dessen ungeachtet die Anwendung des § 24 Ziff. 2 LAG auch weiterhin ab, weil der Bf. in seiner Eigenschaft als Unterbeteiligter in keiner unmittelbaren Beziehung zu der GmbH stehe, sondern lediglich mit dem Hauptgesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bilde. Das gehe vor allem daraus hervor, daß die Schuld gegenüber der GmbH nach außen nicht in Erscheinung trete. Die Unterbeteiligung stelle kein Anteilsrecht an der Kapitalgesellschaft im Sinne des § 24 Ziff. 2 LAG dar.

Demgegenüber hielt der Bf. an seiner Auffassung fest, daß er auf Grund seiner Unterbeteiligung Rechte an dem GmbH-Anteil seines Vertragspartners und damit auch an der GmbH selbst erworben habe. Dies sei zumindest nach steuerrechtlicher Beurteilung der Fall, weil der Vertragspartner einen Teil des GmbH-Anteils als Treuhänder für ihn erworben habe, der ihm, dem Bf. nach § 11 Ziff. 2 und 3 StAnpG zuzurechnen sei.

Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht hat ausgeführt, es könne zweifelhaft erscheinen, ob der Unterbeteiligte mit der Unterbeteiligung einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 24 Ziff. 2 LAG besitze. Denn gleichgültig, in welchem Umfange die Unterbeteiligung eingeräumt worden sei, beständen zivilrechtlich zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten nur obligatorische Rechtsbeziehungen. Im allgemeinen sei die rechtliche Gestaltung auch steuerlich der Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Vertragsverhältnisses. Steuerlich entscheide aber nach § 1 StAnpG nicht die Rechtsform, sondern der wirtschaftliche Gehalt. Da im Falle der Unterbeteiligung im allgemeinen nur der Hauptbeteiligte die Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag ausübe, der Unterbeteiligte aber nur schuldrechtliche Ansprüche gegen den Hauptbeteiligten geltend machen könne, besitze der Unterbeteiligte zivilrechtlich mehr oder weniger eine Gläubigerstellung. Allerdings sei auch denkbar, seine Stellung so auszugestalten, als ob der Unterbeteiligte unmittelbar Gesellschafter wäre. Steuerrechtlich komme es auf das wirtschaftliche Ergebnis an, wobei die Beziehungen zwischen Hauptbeteiligten und Unterbeteiligten entsprechend dem jeweiligen wirtschaftlichen Gehalt der Abmachungen vom einfachen Darlehnsverhältnis bis zur echten Unterbeteiligung unter Einräumung eines Anteils an den Anlagewerten der Hauptgesellschaft und ihren stillen Reserven sowie an einem etwaigen Geschäftswerte reichen könnten. Eine Prüfung der vertraglichen Abmachungen nach dieser Richtung hin ergebe, daß der Bf. eine nach außen nicht in Erscheinung tretende stille Beteiligung an den Gesellschaftsrechten des Vertragspartners erworben habe, von dem die Gewinn- und Verlustchancen in einer bestimmten Höhe auf den Bf. übertragen worden seien. Eine anteilige Beteiligung des Bf. am Anlagevermögen einschließlich der stillen Reserven und des Geschäftswertes der GmbH sei jedoch vertraglich nicht vorgesehen. Auch beständen keine Vereinbarungen, durch die der Gesellschafter bei der Ausübung seiner Gesellschaftsrechte in der GmbH zugunsten des Bf. beschränkt werde. Danach habe der Bf. zwar eine stärkere Stellung als ein einfacher Darlehnsgläubiger; er erreiche aber trotz der vereinbarten Gewinnbeteiligung nicht die Stellung eines wirklichen Unterbeteiligten, eines Anteilseigners, weil er weder am GmbH-Vermögen selbst beteiligt sei, noch auf die Ausübung der Gesellschaftsrechte Einfluß ausüben könne. Es liege somit nur ein partiarisches Darlehen vor, das steuerlich der stillen Gesellschaft gleichstehe. Von einem Anteil des Bf. an der GmbH im Sinne des § 24 Ziff. 2 LAG könne aber nicht gesprochen werden.

 

Entscheidungsgründe

Auch der Rb. muß der Erfolg versagt bleiben.

Unter den Anwendungsbereich des § 24 Ziff. 2 LAG fallen außer den darin ausdrücklich bezeichneten Rechten wie Aktien, Kuxen, Geschäftsguthaben bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auch sonstige Anteilsrechte dieser Art. Unter den "Anteilsrechten dieser Art" sind, wie sich aus Satz 1 Halbsatz 1 der Vorschrift ergibt, nur Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften zu verstehen, so daß die Anteile an Personengesellschaften, insbesondere die Anteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG oder auch einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes die Vergünstigung des § 24 Ziff. 2 LAG nicht genießen. Da es sich andererseits um Anteilsrechte handeln muß, d. h. um Rechte, die einen Vermögensanteil verkörpern, fallen Forderungsrechte aller Art, Industrieobligationen u. ä. ebenfalls nicht unter die Vorschrift

GmbH-Anteile gehören zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, so daß der von dem Vertragspartner des Bf. erworbene Anteil an der GmbH von der Vermögensabgabe nach § 24 Ziff. 2 Satz 1 Halbsatz 2 LAG befreit bleibt. Dies besagt jedoch nicht, daß gleiches auch für das von dem Bf. auf Grund des Vertrages erworbene Recht gelten müßte. Eine solche Gleichstellung kann vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn die Rechtsstellung des Bf. der eines Anteilsinhabers im Sinne des § 24 Ziff. 2 LAG rechtlich und wirtschaftlich gleichzuachten ist. Die wesentlichen Merkmale des Anteilsrechtes an einer Kapitalgesellschaft bestehen vor allem darin, daß es seinem Inhaber einerseits ein gesellschaftliches Mitbestimmungsrecht, zum anderen eine unmittelbare Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft, insbesondere auch an den stillen Reserven und an einem etwaigen Geschäftswerte sichert.

Der Bf. ist der Meinung, daß ihm auf Grund des "Gesellschaftsvertrages" derartige Rechte zustehen, die ihm eine Beteiligung an den gesellschaftlichen Mitbestimmungs- und Vermögensrechten des "offenen Gesellschafters" gegenüber der GmbH gewährleisten. Er folgert dies vor allem aus § 1 Satz 3 des Vertrages, in dem vor der Einlage des stillen Gesellschafters "für seine stille Beteiligung an den Gesellschaftsrechten des offenen Gesellschafters" an der GmbH gesprochen wird.

Diesen Ausführungen des Bf. kann jedoch nicht gefolgt werden. Bei der Beurteilung seiner Rechtsstellung ist von der durch den sog. Gesellschaftsvertrag geschaffenen rechtlichen und wirtschaftlichen Gesamtsituation auszugehen. In diesem Vertrage wird der vom Bf. zur Verfügung gestellte Geldbetrag als "stille Beteiligung" bezeichnet. Wenn es sich bei diesem Beteiligungsverhältnis auch nicht um eine stille Gesellschaft des Handelsrechtes (§§ 335 ff. HGB) im eigentlichen Sinne handeln kann, weil der Bf. nicht an einem Handelsgewerbe, sondern an dem Anteil seines Vertragspartners beteiligt wird (vgl. hierzu Bopp, "Die Unterbeteiligung am gewerblichen Unternehmen im Steuerrecht" S. 23), so schließt dies andererseits nicht aus, daß die vertraglich begründete Unterbeteiligung auf Grund der einzelnen Vertragsbestimmungen nach den für die stille Gesellschaft maßgebenden Rechtsgrundsätzen ausgestaltet wird. Der Begriff der Unterbeteiligung ist im Sinne seiner rechtlichen Gestaltung nicht eindeutig und fest bestimmt; die Unterbeteiligung kann vielmehr in den verschiedensten Rechtsformen auftreten, die, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, sich vom einfachen Darlehnsverhältnis bis zur echten Unterbeteiligung an den Anlagewerten der Hauptgesellschaft erstrecken können (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs I 39/61 U vom 20. März 1962, BStBl 1962 III S. 337). In dem Vertrage ist für die Ausgestaltung der Unterbeteiligung die Rechtsform der sog. "stillen Beteiligung" gewählt worden. Die Beteiligten haben sich nicht auf die Kennzeichnung der Rechte des Bf. als "stille Beteiligung" beschränkt, sondern die Rechtsstellung des Bf. auch in den vertraglichen Einzelbestimmungen nach den für die stille Gesellschaft des Handelsrechtes maßgebenden Rechtsregeln festgelegt. Sie haben bestimmt, daß der Bf. als "stiller Beteiligter" gegenüber der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und nach außen hin nicht in Erscheinung treten soll (vgl. § 335 HGB), daß er am gesellschaftlichen Gewinne und Verlust des offenen Gesellschafters mit 6,25 v. H. teilnimmt (ß 336 HGB), und daß er zu Kontrollzwecken die Abschrift der Jahresbilanz der GmbH verlangen kann (vgl. § 338 HGB). Seine Rechtsstellung ist daher im ganzen und in den Einzelheiten der eines stillen Gesellschafters im Sinne der §§ 335 ff. HGB nachgebildet, allerdings nur im Hinblick auf die Beteiligung am GmbH-Anteil seines Vertragspartners, während er nach § 2 des Vertrages zur GmbH selbst in keine unmittelbare Rechtsbeziehung treten soll und getreten ist. Hierauf kommt es entscheidend an; denn die Vertragsbestimmung beweist, daß der Bf. an der Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Mitbestimmungsrechte des Hauptgesellschafters gegenüber der GmbH in Wirklichkeit nicht teilnimmt (vgl. hierzu Bopp, a. a. O., S. 24, 39). Auch seine Gewinnbeteiligung erstreckt sich nicht auf die Geschäftsgewinne der GmbH, sondern nur auf die von seinem Vertragspartner erzielten Gewinne. Letztlich kann auch von einer unmittelbaren Beteiligung des Bf. am Gesellschaftsvermögen der GmbH nicht die Rede sein. Abgesehen davon, daß nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die für die stille Gesellschaft des Handelsrechtes und überhaupt für stille Beteiligungen gelten, der stille Teilhaber, wenn nichts besonderes bestimmt wird, am Anlagevermögen des Handelsunternehmens nicht beteiligt ist (vgl. hierzu Kommentar zum Handelsgesetzbuch, früher herausgegeben von Mitgliedern des Reichsgerichts, Anm. 2 zu § 336; Urteil des Bundesfinanzhofs I 39/61 U vom 20. März 1962, a. a. O.; Bopp, a. a. O., S. 60), wäre im Falle der Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil der Erwerb eines Vermögensanteils am GmbH-Vermögen selbst nur im Wege des Treuhanderwerbs durch den Hauptgesellschafter möglich. Eine solche Treuhänderstellung, die weit über die vertraglichen Verpflichtungen des Vertragspartners aus einem Beteiligungsverhältnis nach Art der stillen Gesellschaft hinausgeht, nimmt der "offene Gesellschafter" gegenüber dem Bf. nicht ein. Jedenfalls lassen die vertraglichen Abmachungen zwischen ihm und dem Bf. nicht erkennen, daß er bei dem Erwerbe des GmbH-Anteils, sei es auch nur teilweise, als Treuhänder des Bf. handeln sollte. Die Fassung, insbesondere die des § 2 des Vertrages, macht im Gegenteil deutlich, daß der Vertragspartner beim Erwerbe des GmbH-Anteils der Gesellschaft gegenüber im eigenen Namen auftreten und dabei auch für eigene Rechnung handeln sollte, während sich seine Verpflichtungen gegenüber dem Bf. als "stillen Gesellschafter" auf die allgemein einem Kaufmanne obliegende Wahrung der Interessen seines stillen Teilhabers beschränken. Gegen ein Treuhandverhältnis spricht im übrigen nicht nur die Tatsache, daß die Beteiligung des Bf. sich auf den GmbH-Anteil beschränkt, ohne eine Beteiligung an der Gesellschaft und ihrem Vermögen selbst zu gewährleisten, sondern auch der Umstand, daß die Gewinn- und Verlustbeteiligung prozentual geringer ist als der Anteil der Beteiligung des Bf. an dem GmbH-Anteil seines Vertragspartners.

Scheidet somit nach der rechtlichen und wirtschaftlichen Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Bf. und seinem Vertragspartner die unmittelbare Beteiligung des ersteren an den gesellschaftlichen Mitbestimmungsrechten und am Vermögen der GmbH aus, so kommt eine Anwendung des § 24 Ziff. 2 LAG im Hinblick auf seine eigenen Rechte nicht in Betracht.

Seine in Form einer stillen Teilhaberschaft gestaltete Unterbeteiligung ist daher nach Art der Kapitalforderungen und ähnlichen Guthaben zu behandeln und, da sie im Verhältnis 10 : 3 auf DM umgestellt ist, in voller Höhe der Vermögensabgabe zu unterwerfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410770

BStBl III 1963, 307

BFHE 1963, 845

BFHE 76, 845

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