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BFH Urteil vom 23.02.1999 - IX R 85/95 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigung für ein Wettbewerbsverbot

 

Leitsatz (NV)

  1. Zahlungen für die Einhaltung eines Wettbewerbsverbots sind auch dann Entschädigungen i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, wenn die durch das Wettbewerbsverbot untersagten Tätigkeiten verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen sind.
  2. Ob das Entgelt für ein umfassendes Wettbewerbsverbot als unselbständiger Teil der Übernahmevereinbarung zum Veräußerungsgewinn i.S. von § 16 Abs. 1 EStG gehört, entscheidet sich danach, ob der Verpflichtung zum Unterlassen von Wettbewerb eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt.
 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1, § 22 Nr. 3, § 24 Nr. 1 Buchst. b, § 34 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie waren mit den Eheleuten X jeweils zu gleichen Teilen Gesellschafter der Z-GbR, die einen ...Versandhandel betrieb. Der Kläger und Herr X führten die Geschäfte der GbR. Außerdem waren sie alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der C-GmbH sowie der D-S.A.R.L. mit Sitz in ... Aufgabe dieser beiden Gesellschaften war der Verkauf von ...gegenständen, die sie ausschließlich von der Z-GbR bezogen.

Mit einem als "Vereinbarung" bezeichneten Vorvertrag vom 9. Februar 1983 erklärte die A-GmbH ihre Absicht, die Z-GbR, die C-GmbH sowie die D-S.A.R.L. zu übernehmen. Der Kaufpreis sollte aus einem Sockelbetrag von ... DM und einem ergebnisabhängigen weiteren Betrag bestehen.

Die Übertragung der von den Klägern und den Eheleuten X gehaltenen Gesellschaften an die A-GmbH vollzog sich aufgrund verschiedener Verträge (sämtlich vom 30. März 1982) wie folgt:

- Die Kläger und die Eheleute X brachten das Geschäft der Z-GbR zum Wert von ... DM als Sacheinlage gegen Ausgabe neuer Stammeinlagen in die B-GmbH ein, deren alleinige Gesellschafterin die A-GmbH war. Den die Ausgabebeträge der neuen Stammeinlagen übersteigenden Betrag von ... DM sollten die Kläger und die Eheleute X in bar erhalten. Die neuen Geschäftsanteile an der B-GmbH veräußerten die Kläger und die Eheleute X sodann unmittelbar für insgesamt ... DM an die A-GmbH.

- Die Geschäftsanteile an der C-GmbH veräußerten der Kläger und Herr X für insgesamt ... DM an die A-GmbH.

- Die Geschäftsanteile an der D-S.A.R.L. veräußerten der Kläger und Herr X für insgesamt ... DM an die C-GmbH.

- Die Kläger und die Eheleute X verpflichteten sich, auf die Dauer von fünf Jahren jeden Wettbewerb mit der B-GmbH, der C-GmbH, der D-S.A.R.L. sowie deren Rechtsnachfolgern zu unterlassen, sei es direkt oder indirekt über Dritte oder in sonstiger, z.B. dienstvertraglicher oder gesellschaftsrechtlicher Weise. Als Entschädigung für die Wettbewerbsbeschränkung erhielten sie je ... DM.

- Außerdem erfolgte entsprechend dem Vorvertrag eine zusätzliche gewinnabhängige Zahlung.

Im Anschluß an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, die Entschädigung für das Wettbewerbsverbot von insgesamt ... DM sei nicht in den Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Z-GbR einzubeziehen, sondern den Klägern und den Eheleuten X jeweils anteilig unmittelbar als Einnahmen i.S. von § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuzurechnen. Dementsprechend stellte das FA den Gewinn der Z-GbR für 1983 ohne Berücksichtigung der Entschädigung für das Wettbewerbsverbot gesondert und einheitlich fest und erfaßte im Einkommensteuerbescheid der Kläger die Entschädigung als sonstige Einkünfte (nach Abzug von Werbungskosten) in Höhe von ... DM.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der die Kläger beantragten, die nach § 22 Nr. 3 EStG angesetzten Beträge aus dem zu versteuernden Einkommen herauszunehmen, ab.

Mit der Revision rügen die Kläger eine unzutreffende Auslegung des § 22 Nr. 3 EStG durch das FG. Die Entschädigung für die Wettbewerbsklausel habe keine eigene wirtschaftliche Bedeutung gehabt. Sie sei kein gesondertes immaterielles Wirtschaftsgut, sondern gehe im Geschäftswert auf. Sie sei bereits ab dem 3. Januar 1983 einheitlich mit dem Gesamtkaufpreis verzinst worden, obwohl das Wettbewerbsverbot erst nach Ablauf der bis 1985 andauernden beratenden Tätigkeit des Klägers eingesetzt habe. Im Vorvertrag vom 9. Februar 1983 habe das Wettbewerbsverbot nur nachrangige Bedeutung gehabt. Der im Vorvertrag vereinbarte Gesamtkaufpreis sei --unter Einschluß der strittigen Entschädigung-- eingehalten worden.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1983 dahin zu ändern, daß die Entschädigungen für das Wettbewerbsverbot nicht als sonstige Einkünfte erfaßt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie ist gemäß § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil verstößt zwar gegen § 22 Nr. 3 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG, die Steuerfestsetzung bleibt davon jedoch im Ergebnis unberührt.

1. Zu Unrecht hat das FG das von den Klägern bezogene Entgelt für das Wettbewerbsverbot nicht als Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG beurteilt. Diese Vorschrift erfaßt Karenzzahlungen, die "für" die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit --mithin als Gegenleistung für den Verzicht auf eine mögliche Einkünfteerzielung-- erbracht werden. Das ist bei Zahlungen, die als Entgelt für die Einhaltung eines Wettbewerbsverbots geleistet werden, stets der Fall, und zwar auch dann, wenn das Wettbewerbsverbot so umfassend ausgestaltet ist, daß die untersagten Tätigkeiten, wie im Streitfall, verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen sind und die Entschädigungen für das Wettbewerbsverbot danach sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG bilden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Juni 1996 XI R 43/94, BFHE 180, 433, BStBl II 1996, 516). Das dieser Auffassung entgegenstehende BFH-Urteil vom 21. September 1982 VIII R 140/79 (BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289), welches das FG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist insoweit überholt, weil der VIII. Senat des BFH seine Rechtsprechung insoweit aufgegeben und sich der Auffassung des XI. Senats angeschlossen hat (vgl. BFH in BFHE 180, 433, BStBl II 1996, 516).

Dennoch hat die Vorentscheidung im Ergebnis Bestand, weil sich die Versteuerung der von den Klägern bezogenen Entschädigungen mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG auf die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer nicht auswirkt. Der Einkommensteuerbescheid 1983 ist mehrfach geändert worden, zuletzt mit Bescheid vom 2. November 1993. Das Einkommen hat sich aufgrund von Beteiligungsverlusten und eines Verlustrücktrags aus 1985, die vorrangig mit den voll steuerpflichtigen Einkünften zu verrechnen sind (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juli 1966 IV 299/65, BFHE 86, 486, BStBl III 1966, 544; vom 26. Januar 1995 IV R 23/93, BFHE 177, 71, BStBl II 1995, 467, unter IV. 4.), so verringert, daß es ohnehin nur noch aus nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuernden Einkünften besteht.

2. Zu Recht hat das FG die Entschädigungen für das Wettbewerbsverbot nicht den gesondert und einheitlich festzustellenden gewerblichen Einkünften aus der Veräußerung des Unternehmens der Z-GbR zugeordnet, sondern den Klägern unmittelbar als eigene Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zugerechnet.

a) Ob das Entgelt für ein umfassendes Wettbewerbsverbot, wie es im Streitfall vereinbart wurde, als unselbständiger Teil der Übernahmevereinbarung zum Veräußerungsgewinn i.S. von § 16 Abs. 1 EStG gehört, hängt --ebenso wie bei Veräußerungen gemäß § 17 EStG oder gemäß den Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes-- davon ab, ob der Verpflichtung zum Unterlassen von Wettbewerb eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt (BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289 --insoweit nicht überholt--; BFH-Urteile vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233; vom 13. Februar 1996 VIII R 39/92, BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409). Im Regelfall kommt dem vereinbarten Wettbewerbsverbot keine eigenständige Bedeutung zu, sondern es dient dazu, das Ziel der Betriebsveräußerung, nämlich dem Erwerber die Gewinnmöglichkeiten des Unternehmens zu verschaffen, auf Dauer sicherzustellen (BFH-Urteile in BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289; vom 30. März 1989 I R 130/85, BFH/NV 1989, 780). Das Wettbewerbsverbot kann indessen dann ein selbständiges Wirtschaftsgut darstellen, wenn es zeitlich begrenzt ist, sich in seiner wirtschaftlichen Bedeutung heraushebt und wenn dies in den getroffenen Vereinbarungen, vor allem in einem neben dem Kaufpreis für das Unternehmen geleisteten Entgelt, klar zum Ausdruck gelangt ist (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1972 I R 146/70, BFHE 107, 118, BStBl II 1972, 937). Die Beurteilung richtet sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles, die das FG als Tatsacheninstanz insgesamt zu würdigen hat (BFH-Urteile in BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289; in BFH/NV 1989, 780).

b) Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das FG hat die eigenständige wirtschaftliche Bedeutung des Wettbewerbsverbots unter anderem mit folgender Begründung aus den von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen hergeleitet: Der Kläger und Herr X seien nach der Unternehmensveräußerung noch über zwei Jahre für die aufnehmende B-GmbH gegen gesondertes Honorar beratend tätig gewesen. Das Wettbewerbsverbot habe erst für die Zeit danach gegolten und auch die während der --steuerlich gesondert zu beurteilenden-- Beratungstätigkeit geknüpften Geschäftskontakte umfaßt. Ferner sei das Entgelt für das Wettbewerbsverbot neben dem Kaufpreis für das Unternehmen gesondert vereinbart worden, obwohl zivilrechtlich dazu keine Notwendigkeit bestanden habe und im Vorvertrag ein Gesamtkaufpreis von ... DM vorgesehen gewesen sei. Das Wettbewerbsverbot sei, wie sich auch aus den umfassenden Darlegungen zu dessen wirtschaftlicher Bedeutung in § 4 der Übernahmevereinbarung ergebe, für die Erwerber von so großer Wichtigkeit gewesen, daß man es nicht für ausreichend gehalten habe, den Konkurrenzverzicht mit einem einheitlichen Kaufpreis abzugelten. Dementsprechend habe die B-GmbH das Wettbewerbsverbot als solches in ihrer Bilanz aktiviert. Darüber hinaus sei der Wert des Geschäfts der Z-GbR sowohl im Gesellschafterbeschluß über die Einbringung als auch in der Einbringungsbilanz mit ... DM ausgewiesen. Es bestünden keine Bedenken, den Vereinbarungen der Vertragsparteien hinsichtlich des Einbringungswerts zu folgen. Die aufgedeckten stillen Reserven von ... DM für die Kunden- und Interessentenkartei und von ... DM für den Geschäftswert zeigten, daß der Ertragswert des Unternehmens und die Kundenbeziehungen auch bei einem Kaufpreis von ... DM in besonderem Maße berücksichtigt worden seien. Demgegenüber komme der zeitgleichen Verzinsung des Entgelts für das Wettbewerbsverbot mit dem Veräußerungspreis keine wesentliche Bedeutung zu.

Diese Schlußfolgerungen des FG, die im Bereich des Tatsächlichen liegen, sind anhand der getroffenen Feststellungen möglich. Sie verstoßen weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze und sind mithin für den erkennenden Senat bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 154744

BFH/NV 1999, 1590

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