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BFH Urteil vom 14.05.1969 - VI R 240/68

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Leitsatz (amtlich)

1. Wenn im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung streitig ist, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist, ist auch die Personengesellschaft selbst, vertreten durch ihre Geschäftsführer, zur Einlegung von Rechtsbehelfen befugt.

2. Die gleiche Befugnis steht den Gesellschaftern zu, deren Beteiligung am festgestellten Gewinn umstritten ist. Diese Gesellschafter sind in einem von der KG betriebenen Verfahren beizuladen (notwendige Beiladung).

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1, § 60 Abs. 3

 

Tatbestand

Das FA - Beklagter und Revisionsbeklagter - stellte für 1965 den Gewinn der KG (Klägerin und Revisionsklägerin) einheitlich und gesondert fest. Es rechnete dabei Gehaltsbezüge einer Kommanditistin deren Gewinnanteil zu. Im übrigen teilte es den Gewinn auf die Komplementär-GmbH - es handelt sich bei der KG um eine GmbH & Co. KG - und auf 11 weitere Kommanditisten auf. Das FA sandte den Gewinnfeststellungsbescheid gemäß § 219 AO an drei Kommanditisten, wovon einer zugleich Geschäftsführer der GmbH ist und als solcher die Geschäfte der KG wahrnimmt.

Die KG legte Einspruch mit der Begründung ein, das Gehalt der Kommanditistin dürfe nicht zum Gewinn der KG gerechnet werden. Die Kommanditistin sei steuerrechtlich nicht als Mitunternehmerin anzusehen. Mit der Einspruchsentscheidung rechnete das FA auch Provisionszahlungen an weitere Kommanditisten dem gewerblichen Gewinn der KG zu, nachdem es zuvor die KG auf die Möglichkeit einer Verböserung hingewiesen hatte.

Mit der hiergegen erhobenen Klage wurde erneut geltend gemacht, die Kommanditisten seien keine Mitunternehmer. Die an sie gezahlten Provisionen und Gewinnanteile dürften den Gewinn der KG nicht erhöhen.

Die Klage blieb erfolglos. Das FG ging davon aus, fünf im einzelnen genannte Kommanditisten seien Mitunternehmer der KG. Alle an sie gezahlten Vergütungen seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit der Revision begehrt die KG, vertreten durch die Komplementär-GmbH, diese vertreten durch ihre beiden Geschäftsführer, die Vergütungen an die tätigen Kommanditisten bei Ermittlung des Gewinns der Gesellschaft außer Ansatz zu lassen, weil die Kommanditisten keine Mitunternehmer im steuerrechtlichen Sinne seien.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision muß zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG führen.

Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO können in Angelegenheiten, die einen einheitlichen Feststellungsbescheid über Einkünfte aus Gewerbebetrieb betreffen, alle Gesellschafter Klage erheben, soweit es sich darum handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie sich dieser auf die einzelnen Gesellschafter verteilt. Sieht man von dem hier nicht vorliegenden Fall des § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO ab, sind "im übrigen nur die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter" klagebefugt (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO). Im Streitfall geht es darum, ob die Kommanditisten Mitunternehmer sind und ob sie folglich in eine einheitliche Gewinnfeststellung über die Einkünfte des Gewerbebetriebs einzubeziehen sind. Es ist also u. a. streitig, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist, so daß alle Gesellschafter nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt sind. Klagebefugt sind "im übrigen" (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO) stets auch die geschäftsführenden Gesellschafter der KG - also die KG selbst - (vgl. die Urteile des BFH III 25/65 U vom 30. April 1965, BFH 82, 603, BStBl III 1965, 464; IV R 281/66 vom 15. November 1967, BFH 90, 428, BStBl II 1968, 122; ebenso Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 2.-3. Aufl., § 48 FGO Anm. 3). Die KG, vertreten durch die Komplementär-GmbH und diese vertreten durch ihre Geschäftsführer, war also zur Klageerhebung berechtigt.

Die Entscheidung kann notwendigerweise gegenüber der klägerischen KG und gegenüber den Kommanditisten nur einheitlich ergehen. Deshalb sind die nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO rechtsmittelbefugten Gesellschafter wegen ihrer Interessen notwendig beizuladen (vgl. die BFH-Urteile III 25/65 U, a. a. O., unter II. 3.; IV 90/64 vom 21. Oktober 1966, BFH 87, 551, BStBl III 1967, 433; IV R 281/66, a. a. O.; ähnlich auch IV R 5/67 vom 4. April 1968, BFH 92, 465, BStBl II 1968, 669). Eine andere Handhabung würde zu unbefriedigenden und unvertretbaren Ergebnissen führen. Es bestünde die Möglichkeit sich widersprechender Entscheidungen in verschiedenen Verfahren über die Frage, ob die Kommanditisten Mitunternehmer sind. Schließlich könnte der nicht beigeladene, aber rechtsmittelbefugte Gesellschafter, obwohl bereits ein Verfahren eines der anderen Gesellschafter schwebt oder abgeschlossen ist, ein neues Verfahren in Gang setzen (vgl. das BFH-Urteil IV 258/63 vom 10. Februar 1966, BFH 85, 464, BStBl III 1966, 423). Um das zu verhindern, besteht nach § 60 Abs. 3 FGO die Pflicht zur notwendigen Beiladung.

Keiner der am Revisionsverfahren Beteiligten hat die unterlassene Beiladung gerügt. Die unterlassene Beiladung verstößt aber gegen die Grundordnung des gerichtlichen Verfahrens und ist im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. die Urteile VI 328/62 U vom 10. Juli 1964, BFH 80, 209, BStBl III 1964, 550; VI 77/63 U vom 13. November 1964, BFH 81, 215, BStBl III 1965, 76; IV 258/63, a. a. O.; IV 90/64, a. a. O.). Da das FG die Kommanditisten nicht beigeladen hat, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache muß an das FG zurückverwiesen werden. Das FG hat nach erfolgter Beiladung erneut über die Klage zu verhandeln und zu entscheiden, wobei auch das neue Vorbringen - u. a. ob der berichtigte Feststellungsbescheid des FA vom 16. Oktober 1968 Gegenstand des Verfahrens wird - zu würdigen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68619

BStBl II 1969, 586

BFHE 1969, 32

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