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BFH Beschluss vom 13.04.2000 - VII B 262/99 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB: Anforderungen an die Darlegung grundsätzlicher Bedeutung und einer Divergenz

 

Leitsatz (NV)

  1. Zur Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache bedarf es einer klar formulierten Rechtsfrage.
  2. Eine Divergenz ist mit der Behauptung, das FG habe zu Unrecht festgestellt, die in einer BFH-Entscheidung genannten Voraussetzungen für eine Verrechnung von Lohnsteuerrückständen mit USt-Guthaben seien nicht erfüllt gewesen und dem Geschäftsführer einer GmbH sei deshalb bei Nichtabführung der LSt zum Fälligkeitszeitpunkt pflichtwidriges Verhalten i.S. der §§ 69 und 34 AO 1977 vorzuwerfen, nicht dargetan.
 

Normenkette

AO 1977 §§ 34, 69; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) hat den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Geschäftsführer einer GmbH zur Haftung für Lohnsteuer und steuerliche Nebenleistungen in Anspruch genommen. Die Klage, mit der der Kläger u.a. geltend gemacht hatte, die Lohnsteuerrückstände für 7/88 bestünden nicht, weil sie mit einem Guthaben aus der Umsatzsteuervoranmeldung 6/88 zu verrechnen gewesen wären, hat das Finanzgericht (FG) in diesem Punkt als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision, die im Wesentlichen auf grundsätzliche Bedeutung und eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gestützt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Soweit der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde auf grundsätzliche Bedeutung stützt, ist sie unzulässig, weil die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht entspricht. Es fehlt bereits an einer klar formulierten Rechtsfrage. Aus dem Beschwerdevorbringen kann allenfalls die Rechtsfrage entnommen werden, ob entstandene, aber noch nicht fällige "Steuerguthaben" aufgrund eines Verrechnungsvertrags mit fälligen Steuerverbindlichkeiten verrechnet werden können.

In der Beschwerdeschrift ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu sind substantiierte und konkrete Angaben darüber erforderlich, aus welchen Gründen die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit, Rechtseinheitlichkeit und der Rechtsfortentwicklung dienen kann. Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen muss, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und, sofern dazu bereits Literatur und Rechtsprechung vorliegt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Mai 1999 VIII B 107/98, BFH/NV 1999, 1372). Die Beschwerdeschrift enthält zu alldem keinerlei Ausführungen.

2. Die Divergenzrüge ist jedenfalls unbegründet, da die vom Kläger behauptete Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Urteil vom 13. Juni 1997 VII R 96/96 (BFH/NV 1998, 4) nicht gegeben ist. Zwar hat der Kläger diesbezüglich nicht ―wie es nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich gewesen wäre― dem von ihm zitierten Rechtssatz aus der genannten Entscheidung des Senats einen abweichenden Rechtssatz aus der Entscheidung des FG gegenübergestellt (zur Darlegung einer Divergenz vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 63, 64), sondern er hat dargelegt, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die in der Senatsentscheidung genannten Voraussetzungen für eine Verrechnung der Lohnsteuerrückstände mit Umsatzsteuerguthaben nicht erfüllt gewesen seien. Damit macht der Kläger selbst bereits keine Divergenz, sondern lediglich materiell-rechtliche Fehler der Vorentscheidung geltend. Eine Divergenz liegt indes auch nicht vor; denn das FG ist von genau dem gleichen, von der BFH-Entscheidung in BFH/NV 1998, 4, unter 3. b der Gründe aufgestellten Rechtssatz ausgegangen, wonach "das Vertrauen des Klägers auf eine Verrechnung der Lohnsteuerrückstände mit Umsatzsteuerguthaben der GmbH eine schuldhafte Pflichtverletzung und damit den Haftungstatbestand des § 34 i.V.m. § 69 der Abgabenordnung allenfalls dann ausschließen könnte, wenn tatsächlich Steuerguthaben bestanden haben, ein entsprechender Verrechnungsantrag gestellt worden ist und das Finanzamt in der Vergangenheit solche Verrechnungen auch vorgenommen hat". Entgegen der Auffassung des Klägers ist in der Entscheidung der Vorinstanz kein hiervon abweichender Rechtssatz aufgestellt worden. Vielmehr hat das FG, ausgehend von dem genannten Rechtssatz des Senats, festgestellt und ausgeführt, das FA habe den vorangemeldeten Vorsteuerüberschuss für 6/88 mit dem Vermerk "noch nicht zugestimmt" zum Soll gestellt und dass auch zu berücksichtigen sei, dass das Umsatzsteuerguthaben erst nach den Lohnsteuerrückständen fällig geworden sei, so dass eine fristgerechte Verrechnung und Tilgung der Steuerschulden von vornherein nicht möglich gewesen wäre und dass deshalb von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Klägers hinsichtlich der Nichtzahlung der Lohnsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt und von einem Haftungsschaden auszugehen sei. Darin liegt keine Abweichung von der zitierten Entscheidung des BFH, sondern lediglich eine materiell-rechtliche Würdigung des Sachverhalts.

Mit den weiteren Ausführungen des Klägers, mit denen er darlegt, das FG habe den Sachverhalt unrichtig gewürdigt, kann eine Divergenzrüge nicht schlüssig begründet werden.

Nur beiläufig wird darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Verrechnungsvertrages über ein entstandenes, aber noch nicht fälliges Steuerguthaben mit einem fälligen Anspruch des Steuergläubigers nach der Rechtsauffassung des Senats ohnehin nicht besteht (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 VII R 91/98, unter II. 2. der Gründe, BFHE 191, 5).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI510070

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