Rz. 44

Die Europäische Union (EU) trug dem Wert einheitlicher und vergleichbarer Finanzberichterstattung bereits mit der für kapitalmarktorientierte Unternehmen[1] verpflichtenden Einführung der IFRS Rechnung. Die Vorteile, diese (und weitere Finanzberichte) auch maschinenlesbar zu veröffentlichen, sollten ebenfalls exploitiert werden und hebt damit die Vorgaben der Transparenzrichtlinie von 2004[2] ins digitale Zeitalter. Das hierzu von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) entwickelte European Single Electronic Format (ESEF) ist – ebenfalls zunächst nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen – für Geschäftsjahre ab dem 1.1.2020 anzuwenden. Damit soll

  • die Transparenz im Binnenmarkt gesteigert werden,
  • Finanzberichte verschiedener Sprachen vergleichbar gemacht werden und
  • Emittenten, Behörden und Anlegern die Möglichkeit gegeben werden, maschinelle Analysen der Finanzinformationen durchzuführen.

Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte Mitte 2020,[3] wobei die ESEF-Verordnung (ESEF-VO)[4] auch unmittelbare Wirkung entfaltet.[5] Eine Umsetzung in deutsches Recht war notwendig, weil eine Vielzahl der Vorschriften im HGB, EGHGB, WpHG, AktG, GenG, UmwG und der Unternehmensregisterverordnung nicht mit der ESEF-VO vereinbar waren. Der Referentenentwurf[6] zur Umsetzung der ESEF-VO in deutsches Recht wurde von der Fachöffentlichkeit teils stark kritisiert.[7] In dem schlussendlich vom Deutschen Bundestag beschlossenen Regierungsentwurf wurde dieser Kritik weitestgehend Rechnung getragen, sodass die zunächst vorgesehene sog. Aufstellungslösung durch die im Weiteren kommentierte sog. Offenlegungslösung ersetzt wurde. Zur kritischen Würdigung des mit ESEF verbundenen Aufwands vgl. Rz. 67.[8]

 

Rz. 45

Die ESEF-VO respektive der § 328 HGB betreffen alle Kapitalgesellschaften, die Inlandsemittenten i. S. d. § 2 Abs. 14 WpHG sind und Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 WpHG begeben. Ausgenommen sind Inlandsemittenten des § 327a HGB, die ausschließlich zum Handel an einem organisierten Markt zugelassene Schuldtitel i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG mit einer Mindeststückelung von 100.000 EUR oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert einer anderen Währung begeben.[9] In Deutschland sind ungefähr 500 Unternehmen von ESEF betroffen.[10] Es ist zu beachten, dass das neue Format gem. § 328 Abs. 2 HGB in Teilen auch bei freiwilliger Publizität anzuwenden ist.

 

Rz. 46

Der neue § 328 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 HGB sieht vor, dass die in Rz. 45 dargestellten Inlandsemittenten zur Offenlegung[11] ihrer Abschlüsse, Lageberichte und Erklärungen[12] in einem einheitlichen elektronischen Berichtsformat (XBRL) nach Maßgabe des Art. 3 der ESEF-VO verpflichtet werden. Art. 3 der ESEF-VO schreibt hierfür das XHTML-Format (vgl. Rz. 47) vor.

Der Konzernabschluss ist zusätzlich nach Maßgabe der Art. 4 und 6 der ESEF-VO (vgl. Rz. 48 f.) auszuzeichnen (§ 328 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 HGB). Für nicht IFRS-Konzernabschlüsse gilt unabhängig hiervon Art. 5 (vgl. Rz. 53).

 

Rz. 47

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA – European Securities and Markets Authority) gibt die von der EU vorgeschriebene European Single Electronic Format (ESEF) Taxonomie heraus. Dieses auf XBRL 2.1 basierende[13] XHTML-Format ermöglicht die Kombination der Lesbarkeit von Abschlüssen durch Mensch und Maschinen. Die bisher üblicherweise in Papierform und digital im PDF-Format vorliegenden Abschlüsse sind für die nicht-maschinelle Auswertung gemacht. Mit XHTML (eXtensible Hypertext Markup Language) können Darstellung, Design und grafische Aufbereitung beibehalten werden. Der Bericht wird im Format einer HTML-Webseite geliefert, die mit einem beliebigen Browser geöffnet werden kann. Zusätzlich ist der Bericht um maschinenlesbare Elemente erweiterbar ("extensible"). Entsprechend werden die XBRL Auszeichnungen in den Bericht eingepflegt und können entweder IT-gestützt ausgelesen oder mit einem entsprechenden Viewer auch für Menschen angezeigt werden und so den HTML-Bericht mit den zusätzlichen XBRL-Angaben noch informativer gestalten. Die Verwendung der iXBRL-Technologie (vgl. Rz. 30) erlaubt diese Verknüpfung von XBRL- und HTML-Daten. Die US-amerikanische SEC hat mittlerweile ebenfalls auf iXBRL umgestellt (vgl. Rz. 26).

Ein Beispiel, wie ein Abschluss im XHTML-Format aussehen kann, liefert die ESMA in Kooperation mit der Global LEI Foundation.[14] Zudem liegen Abschlüsse der Unternehmen vor, die am ESMA Field Test teilgenommen haben.[15] Daneben können Geschäftsberichte der Jahre 2020 und jünger in diesem neuen Format auf der Seite des Bundesanzeigers und teilweise auch auf den Investor Relations Seiten der berichtenden Unternehmen eingesehen werden.

 

Rz. 48

Für die Auszeichnung mit XBRL-Tags gibt die ESMA eine eigene Taxonomie vor, die an die IFRS-Taxonomie des IASB (vgl. Rz. 40 ff.) angelehnt ist. Dazu regelt Art. 4 der ESEF-VO[16], welche XBRL-Etikettierungen in den XHTML-Jahresfinanzbericht vorzunehmen sind, sofern es sich um einen IFRS-Konzernabschluss...

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