7.1 Grundzüge

Die Ehegatten-Einzelveranlagung kommt nicht etwa für getrennt lebende, sondern nur für zusammenlebende Ehegatten in Betracht, die die Voraussetzungen der Ehegattenveranlagung erfüllen und deshalb zwischen der Zusammenveranlagung und der Ehegatten-Einzelveranlagung wählen können. Die Einzelveranlagung für Alleinstehende kommt für sie jedoch nicht in Betracht.

Im Regelfall ist die Zusammenveranlagung günstiger. Die Ehegatten-Einzelveranlagung kann jedoch in bestimmten Fällen Vorteile bieten. Zum Teil gilt das allerdings nur dann, wenn die Ehegatten ihre Verhältnisse entsprechend gestalten, insbesondere indem sie ihre Einkünfte in geeigneter Weise untereinander verteilen.

7.2 Progressionsvorbehalt

Die Ehegatten-Einzelveranlagung kann im Einzelfall günstiger sein, wenn ein Ehegatte Einkünfte erzielt, die zwar steuerfrei sind, aber dem Progressionsvorbehalt[1] unterliegen, z. B. Arbeitslosengeld oder ausländische Einkünfte.

 
Praxis-Beispiel

Vergleich Zusammenveranlagung/ Ehegatten-Einzelveranlagung

Die Ehefrau weist 2023 ein zu versteuerndes Einkommen von 30.000 EUR aus. Ihr Ehemann hat steuerfreie Einkünfte von 70.000 EUR bezogen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

Bei einer Ehegatten-Einzelveranlagung zahlt die Ehefrau 4.700 EUR Einkommensteuer (30.000 EUR nach Grundtarif). Für den Ehemann fällt kein Steuer an.

Bei der Zusammenveranlagung ist für die Anwendung des Progressionsvorbehalts das gemeinsame zu versteuernde Einkommen und die hierauf nach dem Splittingtarif entfallende Steuer zu ermitteln. Dafür sind nicht nur die steuerfreien Einkünfte des Ehemanns zu denen der Ehefrau hinzu zu rechnen. Für die Ermittlung des gemeinsamen zu versteuernden Einkommens sind daneben die Abzugsbeträge an Sonderausgaben usw. anzusetzen, die dem Ehemann zustehen. Errechnet sich für die Anwendung des Progressionsvorbehalts ein gemeinsames zu versteuerndes Einkommen der Ehegatten von 100.000 EUR (30.000 + 70.000 EUR), beträgt die hierfür nach dem Splittingtarif anfallende Einkommensteuer 22.686 EUR. Der Durchschnittssteuersatz liegt bei knapp 22,69 %. Angewendet auf ein zu versteuerndes Einkommen von 30.000 EUR errechnet sich eine Steuer von 6.807 EUR, also 2.107 EUR mehr als bei der Ehegatten-Einzelveranlagung.

 
Wichtig

Kontrollrechnung in Grenzfällen

Die Ehegatten-Einzelveranlagung führt in solchen Fällen häufig selbst dann noch zu einer Ersparnis, wenn der Ehemann neben seinen steuerfreien geringe steuerpflichtige Einkünfte erzielt. In Grenzfällen lässt sich die günstigere Alternative nur durch eine genaue Kontrollrechnung ermitteln.

7.3 Tarifermäßigung

Die Ehegatten-Einzelveranlagung kann vorteilhaft sein, wenn für einen Teil der Einkünfte eine Tarifermäßigung, die sog. Fünftelregelung oder der ermäßigte Steuersatz, infrage kommen.

 
Praxis-Beispiel

Vergleich Zusammenveranlagung / Ehegatten-Einzelveranlagung

Die Ehefrau hat 2023 eine begünstigte Entschädigung erhalten und weist deshalb ein begünstigtes zu versteuerndes Einkommen von 25.000 EUR aus. Für den Ehemann errechnet sich ein nicht begünstigtes zu versteuerndes Einkommen von 60.000 EUR.

Bei der Zusammenveranlagung zahlen die Ehegatten eine Einkommensteuer von 16.860 EUR [9.400 EUR für ein zu versteuerndes Einkommen von 60.000 EUR lt. Splittingtarif zzgl. 5 × 1.492 EUR = 7.460 EUR (Differenz der Steuer für das zu versteuernde Einkommen von 60.000 und 65.000 EUR)].

Bei der Ehegatten-Einzelveranlagung errechnet sich für die Ehefrau eine Steuer von 0 EUR, für den Ehemann von 15.242 EUR (60.000 EUR nach Grundtarif). Die Ehegatten-Einzelveranlagung führt hier also zu einer Ersparnis von 1.618 EUR.

7.4 Verlustausgleich und Verlustabzug

Die Ehegatten-Einzelveranlagung erweist sich häufig als vorteilhaft, wenn ein Ehegatte einen Verlust erlitten und der andere nicht zu hohe positive Einkünfte erzielt hat. Die Ehegatten-Einzelveranlagung vermeidet dann, dass im Jahr der Verlustentstehung diejenigen Freibeträge ohne steuermindernde Wirkung bleiben, die der Ehegatte mit den positiven Einkünften beanspruchen kann, insbesondere der Grundfreibetrag, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und evtl. Kinderfreibeträge.

 
Praxis-Beispiel

Vergleich Zusammenveranlagung / Ehegatten-Einzelveranlagung

Der Ehemann weist 2023 einen Verlust von 40.000 EUR aus, die Ehefrau positive Einkünfte von 35.000 EUR. Die Ehefrau hat noch weitere Abzugsbeträge, z. B. Sonderausgaben, mit insgesamt 10.000 EUR. Der Ehemann hat keine weiteren Aufwendungen.

Werden die Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, beträgt das zu versteuernde Einkommen 0 EUR. Somit erhalten die Ehegatten die gesamte gezahlte Lohnsteuer der Ehefrau zurück. Des Weiteren verbleibt ein Verlust i. H. v. 5.000 EUR (35.000 EUR ./. 40.000 EUR). Dieser Verlust kann in die beiden unmittelbar vorangegangenen Jahre rückgetragen oder im Folgejahr abgezogen werden.

Beantragen die Ehegatten allerdings eine Ehegatten-Einzelveranlagung, kann der Ehemann seinen kompletten Verlust i. H. v. 40.000 EUR in die beiden vorhergehenden Jahre zurücktragen oder im Folgejahr abziehen....

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