Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des FG Köln[1] ging es um den Steuersatz bei Eintrittsgeldern für einen Freizeitpark. Das FG Köln fragte den EuGH:

  1. Kann die in Anhang III Kategorie 7 i. V. m. Art. 98 Abs. 2 der MwStSystRL erfolgte Benennung von Jahrmärkten und Vergnügungsparks i. S. einer Differenzierung für eine Besteuerung eines Freizeitparks zum Regelsteuersatz herangezogen werden, obwohl die Bezeichnung "Vergnügungspark" sowohl ortsgebundene als auch ortsungebundene Schaustellerunternehmen umfasst?
  2. Ist die Rechtsprechung des EuGH, nach der der Kontext von verschiedenen Leistungen dazu führen kann, dass sie ungleichartig sind, auf die Leistungserbringung von ortsungebundenen Schaustellern und ortsgebundenen Schaustellerunternehmen in Gestalt von Freizeitparks anwendbar?
  3. Sofern die Vorlagefrage zu 2. verneint wird:

    Ist die "Sicht des Durchschnittsverbrauchers", die entsprechend der EuGH-Rechtsprechung ein wesentliches Element des Grundsatzes der Neutralität der Umsatzsteuer darstellt, eine einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht zugängliche "gedankliche Perspektive"?

Die Klägerin wurde in 1967 u.a. durch den Schausteller A als Märchenwald eröffnet und entwickelte sich zu einem der bekanntesten europäischen Freizeitparks. Mit Zahlung eines Eintrittsgeldes erwarben die Besucher im Streitjahr 2014, ebenso wie in den Jahren zuvor und danach, das Recht, die Einrichtungen des Freizeitparks zu nutzen. Mit Antrag vom 9.11.2015 auf Änderung der USt-Festsetzung 2014 machte die Klägerin geltend, dass die Eintrittsberechtigungen nach dem ermäßigten USt-Satz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG zu versteuern seien. Das Finanzamt folgte dem nicht und ging von der Besteuerung der Eintrittsgelder zum Regelsteuersatz aus.

Die Klägerin trug vor: Der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG sei auch auf Freizeitparks anzuwenden. Es verstoße gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung die Umsätze ortsungebundener Schausteller anlässlich von saisonal und zeitlich begrenzten Jahrmärkten im Gegensatz zu den Umsätzen der ortsgebundenen Schaustellerunternehmen in Gestalt von Freizeitparks ermäßigt besteuerten. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität liege vor, wenn gleichartige und deshalb untereinander im Wettbewerb stehende Waren und Dienstleistungen hinsichtlich der MwSt unterschiedlich behandelt würden. Ob ein Verstoß vorliege, sei aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen. Zur Unterstützung der richterlichen Entscheidungsfindung sei die Sicht des Durchschnittsverbrauchers im Streitfall durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln. Die Wettbewerbssituation folge daraus, dass ein ortsgebundenes Schaustellerunternehmen in Gestalt eines Freizeitparks die gleichen Bedürfnisse der Verbraucher befriedige wie ortsungebundene Schausteller auf Jahrmärkten, wobei sich die Verbraucher aus der gleichen Zielgruppe zusammensetzten. Das Bedürfnis nach einer optimalen Freizeitgestaltung und die Erlebnissuche in künstlichen Erlebniswelten würden durch ein gleiches Leistungsangebot der Jahrmärkte und Freizeitparks erreicht (Fahrgeschäfte aller Art, Achterbahn, TopSpins, Wasserbahnen, Freefall-Tower, Riesenräder, Karussells etc., Vorführungen artistischer Art sowie Imbiss- und Restaurationsleistungen). Diverse, von ortsungebundenen Schaustellern veranstaltete Jahrmärkte stünden zudem in räumlicher Konkurrenz zu ihrem, der Klägerin Freizeitpark und hätten zu denselben Zeitpunkten wie sie ihre umsatzstärksten Zeiten. Gegen die geschilderte, durch die ermäßigte Besteuerung nur der Leistungen der ortsungebundenen Schausteller gegebene Wettbewerbsverzerrung im Verhältnis zu den ortsgebundenen Schaustellerunternehmen in Gestalt von Freizeitparks könne nicht ein unterschiedlicher Kontext der Leistungserbringung durch die ortsungebundenen Schausteller angeführt werden. Der Kontext einer Leistungserbringung werde von dem EuGH bei der Überprüfung, ob die unterschiedliche Besteuerung von Wettbewerbern gegen den Grundsatz der Neutralität verstoße, herangezogen, wenn einer der Wettbewerber nach besonderen rechtlichen Vorgaben tätig sei. Derartige rechtliche Vorgaben existierten aber weder für ortsgebundene noch orts-ungebundene Schausteller.

Das Finanzamt berief sich auf das BFH-Urteil vom 2.8.2018[2], mit dem der BFH die Revision eines Freizeitparks aus Baden-Württemberg gegen ein Urteil des FG Baden-Württemberg[3] als unbegründet zurückgewiesen hatte.

Das FG Köln hatte den EuGH um Vorabentscheidung gebeten, weil das Verständnis der in Art. 98 i. V. m. Anhang III Kategorie 7 der MwStSystRL verwendeten Begriffe "Jahrmärkte" und "Vergnügungsparks" zweifelhaft sei, weil zweifelhaft sei, ob die Rechtsprechung des EuGH, nach der der Kontext von zwei verschiedenen Leistungen zu berücksichtigen ist für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität vorliegt, im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt und ...

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