Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung im Hinblick auf eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes. Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.03.2000; Aktenzeichen VI R 186/97)

 

Tenor

Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Kindergeld für ein Kind, das im Laufe des Kalenderjahres geheiratet hat.

Dem Kl. war bis zum 31. Dezember 1995 Kindergeld nach den Vorschriften des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) für seinen am 6. Juli 1970 geborenen Sohn M. gewährt worden. Ab Januar 1996 erhielt er Kindergeld nach den Vorschriften des X. Abschnitts des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 200 DM monatlich. Der Sohn ging während des gesamten Jahres 1996 dem Studium der Rechtswissenschaft nach. Am 17. Mai 1996 heiratete er. Nachdem der Beklagte (das Arbeitsamt – AA –) hiervon Kenntnis erlangt hatte, forderte er den Kl. auf, die Höhe der Einkünfte oder Bezüge seiner Schwiegertochter nachzuweisen. Da der Kl. dieser Aufforderung nicht nachkam, hob das AA die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung von Januar 1996 auf. Den Einspruch des Kl. vom 12. Juli 1996, mit dem dieser geltend machte, daß ihm das Kindergeld zumindest bis zum Tag der Heirat belassen werden müsse, wies das AA durch Einspruchsentscheidung vom 30. September 1996 als unbegründet zurück. Es vertrat die Ansicht, daß zu den nach § 32 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 2 des EStG zu berücksichtigenden Einkünften und Bezügen des Kindes auch Unterhaltsleistungen des Ehegatten eines verheirateten Kindes gehörten, und zwar grundsätzlich in Höhe der Hälfte der Nettoeinkünfte des Ehegatten. Da der Sohn des Kl. während des gesamten Kalenderjahres in Ausbildung gestanden habe, sei bei Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf die während des gesamten Zeitraums zugeflossenen Einkünfte und Bezüge abzustellen. Da der Kl. keine Angaben zu den Einkommensverhältnissen der Schwiegertochter gemacht habe, sei zu unterstellen, daß die Einkommensgrenze von 12.000 DM durch Unterhaltszahlungen des Ehegatten überschritten worden sei. Die Kindergeldfestsetzung sei daher gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufzuheben.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kl. ist der Ansicht, daß ihm unabhängig von den Einkommensverhältnisses seiner Schwiegertochter das Kindergeld bis Mai 1996 zu belassen sei. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG könnten Unterhaltsleistungen des Ehegatten nicht für das gesamte Kalenderjahr, sondern erst vom Zeitpunkt der Eheschließung an berücksichtigt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sein Sohn Unterhaltsansprüche nur gegen ihn – den Kl. –, nicht jedoch gegen seine jetzige Ehefrau gehabt.

Der Kl. beantragt sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 1. Juli 1996 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30. September 1996 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung des Kindergeldes für seinen Sohn M. für die Monate Januar bis Mai 1996 aufgehoben worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der dem angefochtenen Bescheid sowie der Einspruchsentscheidung zugrundeliegenden Auffassung fest. Hinsichtlich der Höhe der von der Schwiegertochter des Kl. im Jahr 1996 bezogenen Nettoeinkünfte bezieht er sich auf eine von dieser erteilte Auskunft. Hiernach ergäben sich für den Zeitraum von Mai bis Dezember 1996 Nettoeinkünfte in Höhe von 27.364,35 DM. Wegen der Ermittlung dieses Betrages im einzelnen wird auf die Anlagen 1 und 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 7. April 1997 (Bl. 33 und 34 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

In rechtlicher Hinsicht vertritt er nunmehr die Ansicht, daß sich die Befugnis zur Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar bis Mai 1996 aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) ergebe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Das AA hat die Kindergeldfestsetzung zu Recht aufgehoben.

I. Dem Kl. stand ab Januar 1996 kein Kindergeld für seinen Sohn M. mehr zu.

1. Da der Sohn des Kl. am 1. Januar 1996 das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatte, bestand ein Kindergeldanspruch für ihn nur unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG). Hiernach wird ein Kind u.a. dann berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und – wie der Sohn des Kl. – für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG). Weitere Voraussetzung ist in diesem Fall, daß das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 12.000 DM im Kalenderjahr hat (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG).

a) Unter Bezügen, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) alle Einnahmen zu verstehen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung erfaßt werden, also nicht steuerbare und für...

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